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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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gleitend, vielleicht rettete mich das. »Fox meinte, du wüsstest über solche Dinge Bescheid.«
    Felicité nahm ihre Augen von mir und die Bewegung mit dem Spülschwamm wieder auf.
    »Ach so, Fox. Der meint das also.«
    »Na, ich weiß es jedenfalls nicht, und ich hätte gern eine Erklärung.«
    Farouk verdrehte die Augen und ging hinaus, den Campari in der Hand. Ich konnte nicht mehr zurück.
    »Der Schädel, den der Alte um den Hals hängen hatte, war nicht mal sauber«, sagte ich. »Das war Aas. So was hängt sich doch keiner um den Hals. Da hing noch das Fleisch dran, es stank wie die Pest.«
    Felicité antwortete nicht. Sie starrte in das Spülwasser hinein.
    »Was ist? Wird dir schlecht?«
    Felicité schüttelte den Kopf. Schenkte mir ein Lächeln, eine ganz kurz eingeschaltete Höhensonne.
    »Sei nicht böse, Bern’, nimm es nicht persönlich. Aber lass mich damit in Frieden. Über manche Sachen spricht man einfach nicht.«
    Wir spülten schweigend zu Ende. Ich hatte verstanden. Bernd Jesper war aussortiert worden aus der Reihe wartend aufgestellter Männer. Zum Küchendienst eingeteilt auf Lebenszeit. Lea, sehr weit weg, ging an meinem Bewusstsein vorbei und verdrehte die Augen. In den Fettnapf getreten, lieber Bernd, und wie.
    Als Felicité ihre Schürze abgenommen hatte, verließ sie den Küchenschuppen. Ich wandte mich Ze Zé zu. Er war gerade dabei, mit einem ölgetränkten Lappen und den konzentrierten Gesten eines Priesters seine japanischen Messer für die Nacht zu versorgen, das Abschlussritual, mit dem er den Tag als Koch beschloss, vielleicht auch als Klostervorstand und als Samurai.
    »Was hatte sie denn?«
    Ze Zé prüfte die Schneide eines langen Filetiermessers vorsichtig mit dem Daumen. Er hatte die dicken Lippen nach vorn gestülpt, dachte nach oder genoss die Schärfe der Klinge. Ich nahm mir ein Bier aus der Kühltruhe.
    »Zauber«, sagte Ze Zé dann. »Dein alter Waldmann war vermutlich ein Zauberer, verstehst du, und Felicité gehört zu den Leuten, die das ernst nehmen.«
    »Ein Zauberer?«
    »Dein Affenschädel. So was hat niemand bei sich, der bei Trost ist, und geht damit auch noch nachts in den Wald. Nicht hier in Afrika. Nur ein Zauberer tut so was.«
    »Was wollte der von uns?«
    Ze Zé zuckte mit den Achseln. Schob das Messer vorsichtig neben die anderen in einen der Schlitze des Messerblocks und richtete die Rücken aneinander aus.
    »Woher soll ich das wissen? Es ist auch besser, es nicht zu wissen. Wenn du an so was glaubst, ist das sowieso besser, und wenn du nicht daran glaubst, kann es dir egal sein, oder?«
    Ze Zé grinste über das ganze Gesicht, begeistert von dieser Art Logik, einer ausweglosen Logik, die mir bekannt vorkam. Einen Moment lang fühlte ich mich mit ihm verwandt.
    Ob es nun klug war, an solche Dinge zu glauben oder nicht, ich beschloss, die Küchenarbeit zu beenden. Hängte die beiden feuchten Küchentücher an den Haken, Ze Zé zuliebe, der darauf achtete, dass nichts herumlag, nickte ihm zu und verließ den Küchenschuppen.
    Draußen umfing mich der warme Nachtwind. Zu dem Knarren der Zikaden kam vom Fluss her das vertraute Quaken. Über den scharfen Rändern der Wolken glänzten die Sterne. Niemand da. Nur Felicité. Sie saß im Schein der Windlichter an der abgeräumten Tafel und rauchte.
    »Kann ich mich zu dir setzen?«
    Ich erhielt einen Blick. Egal, ich konnte mich nur blamieren.
    »Sicher.«
    Ich setzte mich an die Tafel. Sah ihr dabei zu, wie sie einen Zug aus ihrer Zigarette nahm. Ihre braune Schulter mit dem Träger des Büstenhalters darauf, ihr Schlüsselbein, über dem die Haut sich spannte, ihr Hals. Ich habe eine Schwäche für Übergänge bei Frauen. Wo sich die Glieder fügen. Nacken, Ellbogen, Hüften, das kann mich betören. Lea zum Beispiel hatte kleine, feste Hände, die Handflächen kaum breiter als ihre Handgelenke.
    »Du bist mir nicht böse?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ich bin dir nicht böse«, sagte sie. Sie griff nach ihrem Glas. »Vielleicht sollte ich erklären, weshalb ich den Ruf habe, etwas von Magie zu verstehen. Das ist es ja wohl, was Fox gemeint hat.«
    Sie sah mich an, als wollte sie herausfinden, ob man mir etwas anvertrauen könne, ein wenig Spott dabei. Ich machte ein Gesicht wie jemand, dem man alles anvertrauen kann.
    »Meine Familie lebt auf Martinique. Wir stammen von afrikanischen Sklaven ab. Außerdem von chinesischen und indischen Einwanderern, die für die Franzosen Wäsche wuschen

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