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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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seinem Gesicht fröhliche Wellen schlugen.
    »Nein, eigentlich nicht. Es ist ein Bekannter von Lary und mir, verstehst du. Er hat Lary gefragt, ob er hierherkommen kann, und Lary hat gesagt, es ist in Ordnung. Lary ist ziemlich spontan bei solchen Sachen. Fox fühlt sich übergangen, das ist alles.«
    »Wer ist der Bekannte?«
    »Er heißt Knud De Vries. Er ist gerade in der Gegend und neugierig auf den Park. Er kommt heute Abend.«
    Farouk räumte draußen an der Tafel ab, brachte das Geschirr herein, und ich machte im Küchenschuppen den Abwasch mit Felicité. Ze Zé führte Aufsicht und stapelte das saubere Geschirr weg. Ich trocknete mit zwei Küchenhandtüchern ab, einem geblümten und einem karierten. Felicité, neben mir werkelnd, trug wie immer sehr enge Jeans und ein nicht ganz so enges gelbes Top, heute hatte sie eine kleine Schürze darübergebunden. An ihr sah es aus, als habe sie sich für eine anzügliche Revue mal eben als Küchenhilfe kostümiert. Sie konnte nichts dafür. Sie hätte anziehen können, was immer sie wollte, auch ein Nonnenhabit. Es war ihre Figur, bei der die Östrogene ihre Aufgabe wirklich ernst genommen hatten, ihre fast übertrieben schönen Augen, die exakt gebogenen Brauen, ihre Lippen, dazu noch ein Profil wie Nofretete. Ihre langen Finger wendeten das Geschirr im Spülwasser hin und her, sie ließ den Schwamm darüberkreisen, man hätte so ein Teller sein mögen. Ich hätte ihr stundenlang zusehen können. Eine ägyptische Königstochter beim Abspülen.
    Niemand redete, das gemeinsame Arbeiten sorgte für eine familiäre Stille. Nur Ze Zé störte meine pfadfinderhaft scheue Andacht, er strich am Spülbecken vorbei und wob ein Netz begehrlicher Blicke, jedes Mal wenn er das saubere Geschirr abholte. Wären seine Blicke Spinnweben gewesen, hätte Felicité sich nicht mehr rühren können. Er neigte in Gegenwart von so viel Schönheit nicht zur Befangenheit wie ich, sondern zu aufdringlichem Balzgehabe. Ich dagegen, ich gönnte mir nur hier und da einen vorsichtigen Blick, zum Beispiel auf das hübsche, samtig aussehende Grübchen zwischen Felicités Schlüsselbeinen. Ich hätte gern mal einen Finger daraufgelegt, nur um zu spüren, ob sich ihre Haut so weich anfühlte, wie sie aussah. Stattdessen trocknete ich Teller ab. Ich hätte gern gewusst, wie die Narbe auf ihrer Oberlippe zustande gekommen war, eine dünne weiße Linie, die an der Nasenwurzel begann und bis ins Lippenrot hineinreichte.
    Eben kam Ze Zé wieder, diesmal trug er ein Tablett, darauf standen vier Gläser, gefüllt mit Campari-Orange. Eine kleine Aufmerksamkeit vom Küchenchef. Pause, hieß das. Er schien doch einen Rest Manieren zu besitzen. Farouk, der hinter Ze Zé in den Küchenschuppen hereinkam, nahm schwungvoll ein Glas vom Tablett, ohne zu fragen.
    »He!«, machte Ze Zé, für den Augenblick zum Lakaien degradiert.
    Von Farouk, der Ze Zé in die Schranken zu weisen wagte. Farouk, promovierter Biologe und Primatenspezialist. Der mit Felicité unbefangen umging. Mit seinen breiten Schultern, der virilen, dunklen Stimme und dazu noch akademischen Würden. Ich bremste die Grübelschleife, die mich dazu einlud, den Männern in der Lodge einen Rang zuzuweisen mit dem unausweichlichen Ergebnis, dass ich am Ende der Schlange landete. Und zwang mich dazu, Farouk zuzuhören, der den beiden anderen eben erzählte, wie der Gorillamann geschaut hatte, als Fox’ Handy klingelte. Farouk ließ die Eiswürfel demonstrativ ein paarmal gegen das Glas klappern.
    »Was glaubt ihr, hätte der Gorilla gemacht, wenn Fox ihm das Handy gegeben und gesagt hätte: ›Hier. Ist für dich.‹«
    In die Heiterkeit hinein fiel mir etwas ein. Möglicherweise hatte das Abbrechen drohender Grübelschleifen meinen Mut bloßgelegt, vielleicht aber auch eine lauernde Dreistigkeit, die mir manchmal zu eigen ist. Ich wandte mich an Felicité, die wieder angefangen hatte, den Schwamm über den Tellern kreisen zu lassen, und fragte sie, wozu man eigentlich einen verwesten Affenschädel gebrauchen könne.
    Der Schwamm in ihrer Hand kam zum Stillstand. Sie schaute mich mit einem Ausdruck an, als hätte ich sie gefragt, wie sie ihre Haare eigentlich so glatt bekomme. Vielleicht hatte sie auch gerade bemerkt, dass ich überhaupt vorhanden war. Mein Mut fiel in sich zusammen und wollte sich wieder in eine Grübelschleife verwandeln.
    »Na, einen halb verwesten Affenschädel, den man um den Hals hängen hat«, präzisierte ich, ins Flapsige

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