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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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mit Bibel und Gewehr. Das stimmt jetzt wieder nicht ganz, sprachlich, meine ich.«
    »Mit Bibel und Flinte, sagt man.«
    »Genau. Mit Bibel und Flinte.«
    »Ihre Vorfahren waren Buren?«
    »Ja. Und ich bin auch einer.« De Vries lachte laut und herzlich. »Nun ja, nehmen Sie das nicht zu ernst, Herr Jesper. Man ist bei uns stolz auf seine Vorfahren, es ist nichts Nationales, eher Respekt. Vor ihrem Unternehmergeist, oder wie man da sagt.«
    »Unternehmungsgeist?«, schlug ich vor.
    »Ja, das ist gut. Unternehmungsgeist. Was für ein kompliziertes Wort, das ist auch sehr deutsch, oder?«
    Ich zuckte innerlich mit den Achseln. Konversation, dachte ich. De Vries schenkte mir Kaffee nach.
    »Wie sind Sie in diese Lodge gekommen, Herr Jesper? Durch Ihren – Unternehmungsgeist?«
    De Vries’ helle Augen ruhten auf mir. Wenn sich jemand für mich interessiert, nimmt mich das immer für ihn ein.
    »Gustav Wessing hat mich angeheuert. In Berlin, auf einem Schrottplatz.«
    »Gustav also. Oh, Gustav ist auch sehr unternehmend. Er könnte ein Bure sein. Wir kennen uns schon lange, müssen Sie wissen. Auch Lars Olson kenne ich gut. Wessing und Olson haben früher für mich gearbeitet. Das erzähle ich Ihnen mal bei Gelegenheit. Wir haben interessante Sachen gemacht, auf einer Farm mit großer Jagd in Namibia, die gehört meiner Familie.« De Vries winkte mit der Hand ab, als sei das jetzt nicht von Bedeutung. »Nun, und Olson hat mich hergebracht, gestern. Ich wollte mal hier vorbeikommen, einen Besuch machen. Bei uns in Afrika besucht man sich gern, Herr Jesper. Wir halten auf gute Nachbarschaft.«
    Ich glaubte, eine Frage herausgehört zu haben, die ich nicht beantworten konnte. Was immer er von mir wollte, ich hatte nichts beizusteuern als höfliche Aufmerksamkeit.
    »Was für ein – Unternehmen, wenn ich so sagen darf, betreiben Sie, Herr De Vries?«
    »Ich kaufe Diamanten.«
    Ich musste lachen. »Verkaufen Sie sie auch wieder?«
    »Nicht gern. Es kommt auf die Diamanten an. Manche verkaufe ich wieder. Manche nicht.«
    De Vries kramte in der Tasche seiner Leinenjacke. Er legte einen milchweißen Stein auf den Tisch, so groß wie eine Haselnuss.
    »Nehmen Sie mal.«
    Ich nahm den Stein in die Hand. Er hätte ein Kieselstein von einem Flussufer sein können, aber ich ahnte, was es war.
    »Ein Diamant?«
    De Vries nickte. Seine Augen ruhten auf mir. »Ja. Das ist einer, den ich nicht verkaufen möchte.«
    Ich nahm an, dass er gefragt werden wollte, was der Diamant wert sei, und tat ihm den Gefallen.
    »Ist er sehr wertvoll?«
    De Vries zuckte die Achseln. »Ja. Natürlich ist er wertvoll. Die Farbe, die Form. Was man daraus machen kann, welchen Schliff und all das. Aber das ist es nicht.«
    Ich drehte den Rohdiamanten zwischen Daumen und Zeigefinger. Versuchte, seine Farbe zu erkennen. Er war weiß, ein klein wenig Rosa darin.
    »Was ist er wert?«
    »Ein paar tausend Dollar, so wie er jetzt ist. Vier-, fünftausend. Aber, wie ich schon sagte, das ist es nicht. Was glauben Sie, Herr Jesper, macht den Reiz von Diamanten aus? Nicht ihre Schönheit, das ist nicht der wirkliche Reiz. Niemand kann auf einer Dinnerparty ein gutes Imitat von echten Steinen unterscheiden. Sie brauchen eine Lupe und eine Menge Sachverstand. Nein. Es ist was anderes, es ist das Blut, Herr Jesper. Das Blut, das daran klebt, und die unglaubliche Mühe, die darinsteckt. Das ist es, und die Tatsache, dass Diamanten bloß aus Dreck bestehen, aus sehr konzentriertem Dreck allerdings, der schwer zu bekommen ist.« De Vries lachte leise. »Diamanten sind purer Luxus. Sie sind verwandelter Dreck, für den Menschen gestorben sind und für den man sehr viel bezahlen muss. Ein nobles Spielzeug für Frauen, die versessen darauf sind, sie zu tragen, und für Männer, die sie besitzen wollen. Sie sind für nichts anderes zu gebrauchen als für den puren Luxus. Darin besteht ihr Reiz.«
    Ich legte den Diamanten vorsichtig auf den Tisch. De Vries musterte mich amüsiert. Seine hellen Augen, die Fältchen darum führten winzige Bewegungen aus. Das Porträt eines Weißkopfseeadlers fiel mir ein, sein helles Auge, Zentrum eines Orkans in dem gesträubten Gefieder.
    »Ich glaube, ich sollte in der Küche weitermachen.«
    De Vries erhob sich ebenfalls. »Ich hoffe, ich habe Sie nicht gekränkt, Herr Jesper. Das war nicht meine Absicht. Sie alle, Sie und Ihre Kollegen, tragen dazu bei, dass Afrika bleibt, wie es einmal war. Wir Afrikaner sind Ihnen zu Dank

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