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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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machen«, hörte ich Fox sagen. »Was glaubt er, wo er hier ist?« Es klang, als rede er über den Gorilla, der gerade abgehauen war.
    »Ich ruf dich später zurück«, sagte er. »Aber das geht einfach nicht, verstehst du.«
    Farouk hatte inzwischen einen kleinen Busch aus der Uferböschung gerissen, ihn auf den sumpfigen Boden geschmissen und trampelte darauf herum. Wir schauten ihm dabei zu, während Fox telefonierte. Mich verfolgte noch immer zwanghaft die Idee, Fox telefoniere gerade mit dem Agenten des Gorillas, der vertragswidrig abgehauen war, und reklamiere den verpatzten Auftritt. Farouk versetzte seinem Busch noch einen Tritt, dann starrte er wütend zu uns herüber. So etwas, dachte ich, machen eigentlich Affen, wenn sie sauer sind, aber vielleicht war das genetisch verankert. Angeborenes Primatenverhalten.
    »Das war Wessing«, sagte Fox. »Es gibt Neuigkeiten. Nichts, was uns hier beschäftigen muss.« Zu Farouk, der regungslos auf den Boden starrte: »Tut mir leid. Ich hätte das Ding ausschalten sollen. Man denkt nicht immer an alles.«
    Um es kurz zu machen, die Safari bekam eine zweite Chance. Nachdem Farouk sich wieder beruhigt hatte, folgten wir der vermuteten Route des Gorillatrupps weiter am Ufer entlang. Nach einer Viertelstunde zeigte Farouk auf einen flachen Hang, der sich rechter Hand zum Waldrand hinaufzog. Dort waren die Gorillas. Sie wanderten gemächlich hintereinanderher, vielleicht zweihundert Meter entfernt. Ich war mit der Filmkamera zur Stelle, reichte sie Giuliani. Während die Kameras lautlos die Gorillas in Bilddateien verwandelten, sah ich der Affengruppe dabei zu, wie sie langsam durch das Gras ging. Ab und zu steckte eines der kleineren Tiere versonnen etwas in den Mund, einen Grashalm vielleicht. Der Gorillamann am Schluss blieb immer mal wieder stehen, die Schulterblätter hochgedrückt, sein unbehaarter schwarzer Bauch wie ein Lastwagenschlauch, der Mützenschopf stand in die Höhe. Er sah nur einmal zu uns herüber, ich fand, verächtlich. Dann verschluckte sie der Wald.
    Giuliani drückte auf den Aus-Knopf, blickte in die Runde, hob den rechten Daumen. Fox grinste zu ihm hinüber, sein Lächeln wirkte diesmal eher erleichtert als ermutigend. Frau Dr.   Decker hatte keine Anstalten gemacht, zu filmen oder zu fotografieren. Sie stand bloß da und starrte auf die Stelle, an der die Gorillas zuletzt gewesen waren.
    Man kehrte zurück ins Lager. Wessing saß bei den Hütten, ungewohnt still. Er tauschte Blicke mit Fox, der sehr verstimmt schien. Sie zogen sich zurück, blieben ein Stück von den Hütten entfernt stehen, Fox redete leise auf Wessing ein, seine Hände öffneten sich ein paarmal, gaben irgendetwas an die Luft frei. Wessing zuckte einmal ostentativ die Achseln. Als sie zurückkamen, hieß es: aufbrechen.
    Die Essensreste vergruben wir: Nahrung für Mikroben und Ameisen, sie sollten alles in die Substrate zurückverwandeln. Man hätte die Reste ja liegen lassen können, aber vielleicht waren Huhn in Portwein und Lachs auch nicht geeignet für größere Urwaldbewohner. Möglicherweise wurden sie krank davon, ihre Blutfettwerte würden steigen, oder sie mussten mit Zuckerkrankheit im Alter rechnen. Keine Ahnung. Jedenfalls waren wir darum bemüht, keine Spuren zu hinterlassen, es sollte sein, als wären wir nie da gewesen.
    Scharen von Schmetterlingen fanden sich ein, nachdem wir die Reste aus den Tupperdosen geklopft hatten. Sie bildeten ein wunderschönes in der Luft taumelndes Ensemble von Farben, und sie interessierten sich lebhaft für kaltes Huhn in Portwein. Ich fand es schade, es ihnen vorzuenthalten, ich hätte ihnen alles überlassen. Eine ganze Weile schwebten sie, purpurrot und blau, noch über den zugebuddelten Löchern. Die vier Hütten ließen wir im Wald zurück. Die Natur würde sich alles zurückholen. Nach ein paar Monaten werde man keine Spur mehr davon finden, sagte Fox. Der restliche Müll wurde sauber getrennt und auf die Rucksäcke verteilt. Danach tauchten wir im Gänsemarsch in den Wald ein. Ich schloss mich Wessing an.
    »Was war das eigentlich vorhin?«, fragte ich. »Wieso hast du Fox angerufen?«
    Wessing musterte unter seiner tief stehenden Hutkrempe konzentriert den Pfad. Wich hier einem Loch aus, kurvte da um ein Büschel Laub herum. Nach einer Weile sagte er:
    »Wir kriegen einen Gast. Überraschend, das war Robert nicht recht.«
    »Gibt es denn Anmeldefristen?«
    Wessing lachte. Sein unbekümmertes Lachen, bei dem die Falten in

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