Gabun - Roman
Orangensaft. Ze Zé hatte sich inzwischen die Hühner geschnappt, warf sie nebeneinander auf ein Holzbrett und hackte ihnen mit dem Fleischerbeil die Köpfe ab. Felicité sah in die andere Richtung und hielt sich die Ohren zu.
»Wieso ist Fox sauer?«, fragte ich, als die enthaupteten Hühner aus dem Blickfeld waren.
Felicité hatte das Kinn elegant in die Hand gestützt. Mit der Fußspitze bohrte sie angeekelt in dem schwarzen Federhaufen.
»De Vries hat sich selbst eingeladen«, sagte sie. »Fox fühlt sich übergangen. Das gilt auch für unseren neuen Gast«, Felicités Brauen hoben sich, »Herrn Saffkin«, sagte sie gedehnt.
»Na gut. Aber warum sollten keine Gäste kommen? Zahlen sie nicht?«
Felicité kickte ein Häufchen Perlhuhnfedern in die Luft. Sie sah prüfend an ihrem ausgestreckten Bein entlang, während die Federn langsam wieder auf den Boden hinunterschwebten.
»Sie zahlen schon. Der Punkt ist: De Vries und Saffkin haben vermutlich gute Kontakte nach Libreville. Und wenn die Regierung etwas von ihm will, kann Fox nicht Nein sagen. Ich denke, er wollte einfach vorher gefragt werden.«
Felicité sah zu Ze Zé hinüber, der eine Marinade zusammengerührt hatte und die Hühner damit einpinselte. Es roch intensiv nach Muskat und Pfefferschoten.
»Jedenfalls ist klar, zumindest mir, dass weder De Vries noch Saffkin hier Urlaub machen wollen«, sagte Felicité. »Saffkin kam vor einer Stunde mit dem Flugzeug an. Er hatte nichts als einen Laptop dabei. Was er hier wirklich will, das weiß niemand von uns, das weiß nur De Vries.«
FÜNF
De Vries enthob uns am Abend aller Spekulationen über Saffkin. Nachdem die Giulianis und Frau Dr. Decker sich an der abendlichen Tafel eingefunden hatten, erschien er in Begleitung eines charmanten dunkelhaarigen Herrn in den Vierzigern, der einen hellen Anzug und eine Krawatte trug und mich an George Clooney erinnerte. Ich hatte eben den Aperitif serviert, eine Runde Prosecco, und mich danach ebenfalls zu Tisch gesetzt.
Fox hielt auf rotierendes Placement, diesmal war die Ärztin meine Tischnachbarin. Wessing und Olson fehlten. Ich konnte mir vorstellen, dass sie zusammen in die Stadt geflogen waren, vielleicht weil das Nachtleben hier nicht ihren Vorstellungen entsprach. In einer Dreiviertelstunde war man mit dem Flugzeug in Libreville. De Vries stand neben der Tafel, sein Sektglas in der Hand. Er wartete, bis die Unterhaltung versiegte.
»Ich darf Ihnen Alexander Saffkin vorstellen«, sagte er. »Er ist mein Geschäftspartner aus Kasachstan. Herr Fox ist mir entgegengekommen, ich bin sehr dankbar dafür. Ich habe erfahren, dass Alexander zurzeit in der Nähe ist, und Herr Fox hat ihn auf meine Bitte hin eingeladen, ein paar Tage hier zu verbringen. So kann ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.«
Saffkin verneigte sich ein klein wenig und sah in die Runde.
»Alexander Saffkin. Für meine Freunde Sascha«, sagte er mit starkem Akzent. Er blieb stehen, und Fox erhob sich, um ihn zu begrüßen. Er schüttelte ihm die Hand, ließ dabei allerdings die Grußformel »Willkommen im Park« weg, die für mich vor einigen Tagen eine Verheißung gewesen war.
Wir tranken alle einen Schluck Sekt auf das Projekt. Anschließend teilte Fox uns mit, das Programm sehe als nächsten Höhepunkt einen Besuch bei Schimpansen vor, etwas ganz Besonderes, führte er aus, nachdem die Schimpansen in ganz Westafrika inzwischen durch Ebolaviren dezimiert worden seien. In Gabun sei das noch kein großes Problem, die Populationen wären nur wenig betroffen, man könne noch etwas tun. Fox sprach von Schluckimpfungen, und sofort musste ich mir die Schimpansen in einer Reihe vorstellen, wie sie ihr Stück Zucker abholten, erfuhr aber, dass man Früchte mit dem Impfstoff versehe und für die Affen auslege. Von unserem Mitarbeiter Farouk M’bele, Wissenschaftler und Berater des Landwirtschaftsministeriums, würden wir aus berufenem Munde alles über Schimpansen erfahren, was man über sie wissen könne.
Ich stand auf, ging in die Küche und half beim Auftragen des Abendessens. Stellte vor jeden der Gäste einen von Ze Zé mittels Balsamicocreme kalligrafisch signierten Vorspeisenteller und drehte ihn, bis er richtig stand und appetitlich aussah.
Felicité trug heute ein elegantes Top und einen kurzen Baumwollrock, der ihre gemeißelten Knie sehen ließ. Sie saß zwischen Saffkin und De Vries. Ein schönes Bild. Felicité im Kerzenlicht mit ihrem schneeweißen Lächeln, die
Weitere Kostenlose Bücher