Gaelen Foley - Knight 01
wollte nicht hören und habe jetzt das Nachsehen; ich verneige mich vor Ihrer Weisheit und bleibe im Übrigen bis zum bitteren Ende Lucys Narr – und der Ihre.“
„Gott, du weißt, wie du mich treffen kannst“, flüsterte sie und schaute ihn voller Schmerz an. „Setz mich nicht mit ihr gleich. Wenigstens stehe ich dazu, dass ich eine Hure bin.“
Er warf den Federkiel auf den Tisch.
„Ich habe dir etwas zu sagen“, verkündete sie mit leiser, tap- ferer Stimme.
Zweifellos, dachte er und wappnete sich gegen eine Schimpftirade.
Bel schloss die Tür. Sein Blick folgte ihr durch den Raum, in dem sie so viele Zärtlichkeiten ausgetauscht hatten. War ihre vorgebliche Liebe ebenfalls nur vorgetäuscht gewesen? Er wusste nicht mehr, was echt und was gespielt war, und er war es leid, sich darüber Gedanken zu machen.
Sie stellte sich neben den Flügel, legte die Hand auf den glänzenden Korpus und starrte auf den erkalteten Kamin. „Ich wollte sagen, dass ich in den letzten zwei Monaten versucht ha- be, dir das Leben durch kleine Gesten zu versüßen. Damit du es schöner hast, damit du ein paar ... Freuden hast. “
Er unterdrückte den Impuls, ihr mitzuteilen, wie sehr ihr das gelungen sei.
Er war fertig mit ihr, und damit basta. Schließlich war er so- gar bereit, für sie zu sterben, weil er sich geweigert hatte, sie Dolph zu überlassen. War das nicht genug? Mit Macht unter- drückte er den Drang, zu ihr hinüberzugehen, sie in die Arme
zu schließen, Trost zu spenden und zu suchen.
In stoischem Schweigen blieb er am Schreibtisch sitzen, heß sie ausreden und betrachtete dabei ihr Gesicht, in dem sich zahllose Gefühle spiegelten.
„Robert, damals im Speisezimmer, da habe ich dich nicht aus Geldgier weggeschoben“, sagte sie leise. „Die Wahrheit ist die ... ach, Robert, bitte. “
„Was?“ erkundigte er sich prosaisch.
Ihre Haltung wurde starr, und sie verkrampfte die Hände. Sie schloss die Augen und hielt das Gesicht weiter abgewandt von ihm. „Ich weiß, dass du uns Kurtisanen verachtest. Bitte ver- such doch, mich zu verstehen. Du bist m...mein erster Gönner. Ich habe dich deswegen weggeschoben, weil ...“
Ihr versagte die Stimme.
Reglos wartete er ab und fragte dann ausdruckslos: „Ja?“ „Weil ich nicht weiß, wie man es macht“, erklärte sie klein- laut.
Er starrte sie an. „Verzeih mir, wenn ich grob klinge, aber das nehme ich dir nicht ab. Die Liebe ist dein Geschäft. Und es war ja nicht so, als wärst du noch Jungfrau gewesen. “
„Nein.“ Ihre Stimme war nur noch ein flehentliches Wispern. „Ich muss dir noch etwas erzählen – etwas, was ich noch nie- mandem gesagt habe. Was mir passiert ist.“ Sie hob das Kinn und sah ihn endlich an. Ihr Blick war kämpferisch und gleich- zeitig unendlich müde. „Robert, ich hatte es nicht einfach eines Tages satt, arm zu sein, und habe mich dann entschlossen, Kur- tisane zu werden. Ich war eine anständige Frau. Als Dolph da- für gesorgt hat, dass ich in der Schule entlassen wurde, habe ich mich über Wasser gehalten, indem ich tagsüber auf der Straße Orangen verkaufte und nachts Hemden flickte, genau wie die Kinder erzählt haben. Die Arbeit war mühselig, aber ehrbar. Dann habe ich die Kinder getroffen, Tommy und Andy, es wurde Winter, und sie waren barfuß.“ Ihre Worte kamen im- mer rascher, und in seiner Brust machte sich eine schreckliche Vorahnung breit. „Also hab ich ihnen von dem Geld, das ei- gentlich für die Einzelzelle meines Vaters bestimmt war, Schu- he gekauft. Und dann bin ich zum Gefängnisaufseher gegan- gen, um ihm zu erklären, dass das Geld nicht reichte. Ich bat ihn, mir vierzehn Tage Aufschub zu gewähren, und er meinte, er würde drüber nachdenken, und draußen hat es geregnet.“ „Setz dich, Bel“, flüsterte er, stand auf und ging um seinen
Schreibtisch herum. Er ließ sie nicht aus den Augen. Sie war kreidebleich geworden.
„Nein“, sagte sie vehement. Ihre Augen glänzten fiebrig. „Hör mir zu.“ Sie wich vor ihm zurück, sprach aber immer schneller weiter. „Der Aufseher wusste, dass es regnete, und hat mich in seiner Kutsche heimbringen lassen. Ich dachte, er tut das aus Höflichkeit, a...aber er wollte bloß herausfinden, wo ich wohne. Er hat mich gefragt, ob ich einen Ehemann oder Brüder hätte, die mir helfen, und ich war so dumm, das zu ver- neinen.“
„Nein, mein Engel, bitte ...“ flehte er sie fast unhörbar an. Tränen stiegen ihm in die Augen. Er ahnte, was sie
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