Gaelen Foley - Knight 01
an sich, als wäre sie aus kostbarstem Porzellan. So verharrten sie, bis ihr zitternder Atem endlich ruhig ging.
„Möchtest du ein Glas Wein?“
Sie nickte.
Er küsste sie auf die Stirn, schob Bel zur Seite und stand auf. Als er ihr ein Glas Wein eingoss, warf er ihr über die Schulter einen prüfenden Blick zu; er wusste, dass sie versuchen würde, ihn aufzuhalten, wenn sie ahnte, was er vorhatte.
Dolph war nicht der Einzige, der vor dem Morgengrauen be- straft werden würde. Durch seine Adern strömte heiße, wilde Wut. Er verbarg sie vor ihr.
Geschickt gab er in ihren Wein etwas Laudanum, das er für schlaflose Nächte bereithielt. Es würde ihr Ruhe verschaffen. Er selbst griff zu der silbernen Flasche, die sie ihm in glück- licheren Tagen geschenkt hatte, und füllte etwas Brandy hi- nein, denn er hatte in dieser Nacht dunkle Geschäfte vor und würde die feurige Ermunterung brauchen.
Er verstöpselte die Flasche und verbarg sie in seiner Weste. Dann brachte er Bel den Wein und ließ seinen Lieblingshund Hyperion in die Bibliothek, damit er sie bewachte und ihr Ge- sellschaft leistete. Der Neufundländer rollte sich vor dem Sofa zusammen, auf dem die verweinte und erschöpfte Bel ruhte. Hawk beugte sich über sie und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn.
Sie nahm seine Hand. „Lass mich nicht allein, Robert.“ „Ich bin bei dir.“ Er setzte sich auf den Sofarand.
Eine ganze Weile blieb er an ihrer Seite sitzen, während sie ihren Wein trank. Er strich ihr über die Haare und hielt ihre Hand. „Du warst so tapfer heute Abend“, flüsterte er. „Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich dir das nie zugemutet, nie im Le- ben.“
„Ich weiß.“ Ein zittriges Lächeln spielte um ihre Lippen.
„Mein ganzer Plan, dich als Köder für Dolph zu benutzen ... das war falsch. Warum hast du es zugelassen?“
„Ich musste doch Wort halten“, erwiderte sie. „Ich wollte dir beweisen, wie tapfer ich bin.“
„Wie immer, Bel. Wie gesagt, du führst eine ganze Menge Ballast mit dir, mein Mädchen.“
Bei diesen Worten lächelte sie sehnsüchtig und ließ sich tie- fer in die Kissen sinken.
Er blickte zum Flügel. „Soll ich dir ein Schlaflied spielen?“
„Nein, bleib bei mir“, bat sie ängstlich und griff nach seiner Hand.
„Ich bin da, ich bin doch da. Mein armer Engel, die ganze Zeit hast du diese Last ganz allein getragen.“ Er streichelte sie sanft, während er insgeheim schäumte vor Zorn bei der Vor- stellung, wie der scheußliche Unhold dieses unschuldige junge Mädchen überwältigt hatte. Es kostete ihn alle Selbstbeherr- schung, noch eine Viertelstunde ruhig bei ihr sitzen zu bleiben. Er erinnerte sich daran, wie die Wärter bestochen worden waren und wie der Aufseher einen seiner Untergebenen herun- tergeputzt hatte. Gegen eine entsprechende Summe würde man ihm im Fleet bestimmt erzählen, was er wissen wollte. Rastlos sah Hawk auf die Uhr. „Du sollst dich ausruhen, Liebste. Versuch zu schlafen“, sagte er sanft. „Ich komme bald zurück.“
„Warum gehst du weg? Bleib bei mir“, murmelte sie mit ge- schlossenen Augen. Das Laudanum entfaltete seine Wirkung.
„Ruh dich aus, mein Engel.“ Er beugte sich vor und küsste sie. „Ich bin für dich da und werde es nicht zulassen, dass man dir noch einmal wehtut.“
„Hmm“, machte sie und schlief ein. Leise stand er auf, traf noch ein paar letzte Vorkehrungen, bewaffnete sich mit einem Paar Duellpistolen und zog einen einfachen schwarzen Rock darüber. Schließlich nahm er noch seinen Siegelring ab, damit ihn niemand erkannte.
Er hef die Treppe hinunter und in die Remise. Neben seiner Stadtkutsche, der Reisekutsche, seinem offenen Zweispänner und Belindas vis-à-vis stand dort ein älterer schwarzer Wagen, den seit Jahren nur noch die Dienstboten benutzten. Für Hawks Zwecke war er bestens geeignet. Er ließ William an- spannen, und dann stieg Hawk auf den Kutschbock und über- nahm die Zügel.
Besorgt sah William die grimmige Miene und fragte, ob er mitkommen solle, doch Hawk wollte niemand anderen in sei- ne Rachepläne verstricken. Er zog den Hut tief ins Gesicht und lenkte den Wagen auf die überfüllten Straßen.
Anscheinend war seine Verkleidung gelungen, denn mehrere betrunkene junge Männer hielten ihn für einen Droschkenkut- scher und winkten ihm; als er dann nicht anhielt, schüttelten sie die Fäuste. Sein erstes Ziel war das Fleet. Dort angekom- men, sprang er vom Kutschbock und vertraute den Wagen
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