Gaelen Foley - Knight 01
keine andere Wahl hatte.
Er hob ihre Hände an die Lippen und küsste sie nacheinan- der. „Weine nicht, meine Liebste. Küss mich und wünsch mir Glück.“
Sie warf ihm die Arme um den Hals, zog ihn zu sich herun- ter und küsste ihn, so heftig sie konnte, und versuchte ihn fest- zuhalten, als Alec ihn holen kam. Sie klammerte sich an ihm fest, und dann liefen ihr doch die Tränen über das Gesicht, heiß und salzig, während sie ihn noch küsste und den Brandy auf seiner Zunge schmeckte. Er umfasste ihr Gesicht mit den Hän- den und sah ihr tief in die Augen. „Du bist die Dame meines Herzens. Ich kämpfe für deine Ehre.“ Fast grob gab er sie frei und zog sich zurück.
Bel unterdrückte einen Schrei und schaute ihm nach. Sie zit- terte am ganzen Körper. Im Osten wurde es schon hell, über den Bäumen glühte blauweiß die Venus.
Robert ging in die Mitte der Lichtung, wo Dolph bereits war- tete. Lord Alec trat zu Bel und brachte sie zur Kutsche. Sie konnte einfach nicht fassen, wie kühl und gelassen der blonde junge Mann wirkte.
„Robert passiert bestimmt nichts, Miss Hamilton, garantiert. Allein schon deswegen, weil er viel zu ehrenhaft ist, um sich von Jack beerben zu lassen.“
Rücken an Rücken und die Pistolen in der Hand, standen
Dolph und Robert auf der Lichtung, als das erste Licht der Morgensonne durch die schwarzen Bäume fiel.
Bel war hundeelend, als die ersten Vögel zu jubilieren began- nen. Voll Inbrunst fing sie an zu beten.
Lord Coldfell kam auf seinem Stock herangehumpelt, nach- dem man ihm die Ehre überlassen hatte, zum Zeichen des Starts das weiße Taschentuch fallen zu lassen. Abwartend stand er am Rand der Lichtung.
Dolphs Sekundant gab noch ein Zeichen, und die beiden Männer setzten sich in Bewegung, jeder zwölf Schritte.
Dolph und Robert wandten sich um. Beide standen sie seit- lich, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Beide hoben sie die Pistole.
Dann ließ der Earl das Taschentuch fallen. Bel starrte da- rauf, und das Blut rauschte ihr in den Ohren. Das weiße Sei- dentuch brauchte eine halbe Ewigkeit, bis es ins feuchte Gras geflattert war.
In derselben Sekunde, wo es den Boden berührte, gingen die Pistolen los. Bel konnte nur ohnmächtig zusehen, die Hand an den Mund gepresst. Wie erstarrt stand sie da, während die Ärz- te an ihr vorbeistürzten.
Er ist getroffen.
Auf dem Feld der Ehre brach Chaos aus. Dolphs Flüche und das Geschrei der Ärzte erfüllten die Luft. Beide Männer lagen am Boden. Plötzlich konnte Bel sich wieder bewegen und rannte los. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
„Robert!“ schrie sie.
„Belinda!“ Zumindest war er bei Bewusstsein.
Sie stürzte auf ihn zu und ging neben ihm auf die Knie, ge- rade als der Arzt Roberts Rock zurückschob, um die Wunde zu suchen. Alles spielte sich wie in einem Nebel ab. Sie fragte ihn immer wieder, ob alles in Ordnung sei, und er antwortete ihr immer wieder, dass ihm nichts fehle; sie hörte gar nicht, wie Dolph stöhnte und nach ihr rief. Plötzlich sagte der Arzt: „Se- hen Sie!“
Er zog die silberne Flasche aus seiner Weste. Sie war grotesk zerdrückt, hatte aber die Kugel abgefangen. Bel und Robert starrten ungläubig darauf.
Dann schaute er sie an. „Wusste ich doch, dass der Schuss ir- gendwie komisch klang ...“
„Eine kaputte Flasche und ein abgeplatzter Knopf, Euer
Gnaden“, verkündete der Wundarzt grinsend. „Da hat jemand seine Hand über Sie gehalten.“
„Lass mich sehen!“ Bel ruhte nicht eher, bis dass sie Roberts Brust freigelegt und sich überzeugt hatte, dass er nicht mehr als einen blauen Flecken davongetragen hatte.
Fassungslos starrte sie ihn an, und dann schlang sie die Ar- me um seinen Hals und warf sich mit erleichtertem Kreischen auf ihn.
Er zog sie über sich, legte die Arme um sie und küsste sie, während die Morgensonne allmählich höher stieg. Ohne auf die Ärzte und anderen Anwesenden zu achten, warfen sie sämtlichen Anstand über Bord und versanken in einem freudi- gen Kuss, bis sich seine Männlichkeit zu regen begann. Da be- endete Bel den Kuss dann doch.
„Du bist mir ja ein schöner Musterknabe“, flüsterte sie und fuhr ihm durch das Haar. „Duelle und Kurtisanen und ge- schmuggelter Brandy. Was die Patronessen wohl dazu sagen würden?“
„Zum Teufel mit den Patronessen, Liebste. Lass uns heimge- hen.“
Sie halfen einander beim Aufstehen. Robert legte ihr den Arm um die Schultern, Bel fasste ihn strahlend um die Taille, und
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