Gaelen Foley - Knight 01
ihr Haar berühren wollte, zuckte sie zurück. „Komm schon, Bel. Hör auf.“
„Lass mich gehen. Ich verstehe, dass du mich nicht heiraten kannst. Ich bitte dich ja auch gar nicht darum. Aber du darfst dann auch nicht von mir verlangen, dass ich mich noch weiter entehre. Wenn du mich hebst, Robert, dann musst du mich ge- hen lassen. Ich mag nur eine Kurtisane sein, aber ein paar Prin- zipien habe ich auch. Irgendwo muss ich die Grenze ziehen, sonst verliere ich mich selbst. Mit deiner Hilfe, deiner Liebe habe ich zu mir zurückgefunden. Lieber verliere ich das, was zwischen uns ist, als es in etwas Schmutziges zu verwandeln. Ich will mich nicht mehr schämen, tut mir Leid.“
„Ich dachte, du liebst mich.“
„Wenn du sie heiraten willst, dann tue es in aller Ehre. Wenn sie deine Gattin werden soll, dann bemühe dich, sie zu lieben.“
„Aber ich liebe dich“, erwiderte er zornig.
„Nun, ich verlasse dich aber“, flüsterte sie.
Wieder griff er nach ihren Handgelenken. „Nein!“
„Hab Erbarmen, Robert! Bevor wir noch tiefer hineingera- ten – bevor es nicht mehr möglich ist, Lebewohl zu sagen –, lass mir noch einen Rest Stolz. Bitte ...“
„Belinda, ich liebe dich ...“
Er streckte die Hände nach ihr aus, doch sie entzog sich ihm und rannte mit unterdrücktem Schluchzen aus der Bibliothek.
„Belinda!“
Sie drehte sich nicht um, sondern hef die Treppe hinauf. Er konnte sie weinen hören.
Er wollte ihr schon nachgehen, doch dann senkte sich ihre herzzerreißende Bitte, ihr doch einen letzten Rest Stolz zu las- sen, wie ein Widerhaken in sein Herz. Fast blind vor Verwir- rung und Schmerz, blieb er stehen. Er rief noch einmal ihren Namen, doch als sie nicht erschien, rammte er die Faust gegen das Türblatt, dass es splitterte. Dann lehnte er sich gegen den Türrahmen und kniff die Augen zu.
Alles in ihm schrie danach, ihr hinterherzulaufen – sie zum Bleiben zu zwingen, und wenn er sie in ihrem Zimmer einsper- ren müsste. Doch wenn es ihr zerbrechliches Selbstbewusst- sein gefährdete, seine Geliebte zu sein, blieb ihm nichts ande- res übrig, als sie gehen zu lassen.
20. KAPITEL
Harriette nahm sie mit offenen Armen auf. Das Wiedersehen war überaus tränenreich, da Bel ihre Geschichte bei den drei Grazien herausschluchzte und diese sich größte Mühe gaben, sie zu trösten.
Und so kehrte La Belle Hamilton wieder zurück. Harriettes Geschäfte blühten. Bel ließ sich von zwei Sorten Männern den Hof machen – solche, die viel zu alt waren für sie, und solche, die viel zu jung waren, als dass man sie hätte ernst nehmen können. An ihrem fünften Abend in der Stadt ging sie ins Roy- al Theatre am Haymarket, und dort sah sie ihn.
Sie hielt in der Loge Hof, die er noch für sie bezahlt hatte, war wie üblich von leidenschaftlichen Herren umgeben, die sie lachend aufzog, neuerdings mit rasiermesserscharfem Witz, als sie plötzlich ein seltsames Prickeln verspürte. Alles schien sich zu verlangsamen. Sie schlug den Fächer auf, blickte in den Zu- schauerraum des Opernhauses – und sah ihn.
Den Ellbogen über die Stuhllehne gelegt, die Hand vor dem Mund, so saß er da und starrte sie an.
Es presste ihr die Luft aus den Lungen. Ihr Herz tat einen Satz. Ihr wurde heiß und kalt, und dann begann sie zu zittern. Sie riss den Blick von ihm los und begann hastig mit dem Fä- cher zu wedeln. Sie hörte kein Wort mehr von dem, was die Leute zu ihr sagten.
Eine Weile versuchte sie, ruhig sitzen zu bleiben und so zu tun, als wäre nichts geschehen. Doch dann stand sie plötzlich auf und entschuldigte sich bei den Herren. Ein paar liefen ihr in den Flur nach.
„So lassen Sie mich doch!“ rief sie aus und riss sich den grel- len Federschmuck vom Kopf. Dann ließ sie ihr vis-à-vis kom- men und flüchtete nach Hause, wo sie sich in den Schlaf wein- te. Aber am nächsten Morgen wusste sie, was sie zu tun hatte.
Harriette und die anderen waren noch im Bett, als Bel ihre schönen Kleider zusammenpackte und ins Pfandleihhaus trug. Sie brachten ihr ein kleines Vermögen ein, fast fünfzehnhun- dert Pfund.
Danach bat sie ihren Kutscher, Tattersall’s anzusteuern, wo sie ihn aus ihren Diensten entließ und ihr elegantes kleines vis- a-vis und ihre Vollblutpferde verkaufte. Auch hier nahm sie ei- ne Riesensumme ein: zweitausend Pfund. Nur von dem mit Diamanten und Lapislazuli besetzten Halsband konnte sie sich nicht trennen, das Robert ihr anlässlich des Kurtisanen- balls geschenkt
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