Gaelen Foley - Knight 01
hoch. „Ganz zu Ih- ren Diensten, Sir.“
„Interessante Vorstellung“, murmelte er.
Sein durchdringender Blick machte sie ganz nervös, was sie gar nicht gewohnt war. Ihre Hände zitterten, als sie die Karten mischte, doch schließlich gab sie jedem von ihnen zwei Karten, eine davon aufgedeckt. Sie legte den Stapel ab und nahm die verdeckte Karte auf, den Karokönig. Die offene Karte war ei- ne Sechs, daher beschloss sie, eine dritte Karte zu kaufen, sah aber vorher ihren Gegner fragend an.
Der schnippte ablehnend mit den Fingern. Sie deckte eine Drei auf und verbarg ein befriedigtes Lächeln. Neunzehn Punkte.
„Zeigen Sie her“, forderte sie ihn in flirtendem Tonfall auf. Sie konnte sich nicht helfen – irgendetwas hatte der Mann an sich.
Er schenkte ihr ein wissendes Lächeln und drehte eine Dame und eine Zehn um. „Zwanzig.“
Finster räumte sie ihre Karten beiseite.
Wieder gab sie die Karten, diesmal noch entschlossener, den arroganten Menschen zu schlagen, und diese Entschlossenheit stand in keinerlei Zusammenhang mit dem kleinen Vermögen, das sie in der Pfandleihe für den Ring bekommen könnte, falls sie gewann. Der Mann war viel zu selbstzufrieden.
Diesmal gab Bel sich zwei Buben. Zwanzig. Wunderbar, dachte sie, sicher, ihn diesmal zu besiegen. „Möchten Sie noch eine Karte?“
„Schlagen Sie zu.“
„Führen Sie mich nicht in Versuchung“, erwiderte sie und gab ihm eine Acht.
„Verdammt“, sagte er und warf die Karten hin. „Überkauft.“
„Tut mir ja so Leid“, flötete sie, und ihre Augen blitzten. Als er seine Karten mit finsterer Miene zur Seite legte, nahm sie den schweren Ring auf und schob ihn sich probeweise auf den Finger. Er zog die Augenbraue hoch. Sie gab die letzte Runde; seine aufgedeckte Karte war die Kreuzzwei.
Bestimmt will er noch eine Karte, überlegte sie und betrach- tete die eigenen Karten nachdenklich, eine Vier und eine Neun. Sie musste aufpassen, dass sie nicht über einundzwanzig kam. Sie musterte ihren rätselhaften Gegner. Er verlangte eine Karte. Sie gab ihm eine Fünf.
„Noch eine“, murmelte er.
„Pikvier.“
„Das reicht.“
Sie schaute ihn an, versuchte in seiner ausdruckslosen Mie- ne zu lesen und drehte dann eine dritte Karte für sich um, eine Fünf. Damit hatte sie achtzehn Punkte. Wenn sie noch eine Karte zog, bestand die Gefahr, dass sie sich überkaufte. Lieber auf der sicheren Seite bleiben.
„Zeigen Sie her, mein Lieber“, forderte sie ihn neckend auf. „Sie zuerst“, erwiderte er mit einem dunklen Lächeln.
Das Lächeln machte ihr Sorgen.
„Achtzehn.“ Sie drehte die letzte Karte um.
Er beugte sich vor und guckte ihr Blatt an. „Nicht schlecht.“
„Nun?“ drängte sie. Sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie den Mann lästig oder unterhaltsam fand. „Zeigen Sie mir nun Ihre Karten oder nicht?“
„Zeigen! Zeigen!“ riefen die Zuschauer.
Er sah auf und dann wieder auf seine Karten. Dann drehte er sie eine nach der anderen um, die Zwei, die Fünf und die Vier. Bis jetzt waren das elf.
Oh nein, dachte Bel.
Zuletzt drehte er mit einem befriedigten Grinsen die Zehn um. „Vingt-et-un.“
„Ein Kuss, ein Kuss!“ schrien die anderen voll Begeisterung. Bel setzte sich aufrecht hin, verschränkte die Arme vor der Brust und gab ihm schmollend den Ring zurück. Er lächelte sie unschuldig an.
Die anderen Herren krakeelten, lachten, pfiffen und erhoben ihr Glas.
Ihr arroganter Gegner ignorierte sie jedoch allesamt, beugte sich vor und stützte überaus zufrieden die Ellbogen auf den
Tisch. Dann legte er die Fingerspitzen aneinander und be- trachtete sie amüsiert. „Ich harre mit angehaltenem Atem mei- nes Gewinns, Miss Hamilton.“
„Ach, na gut“, murmelte sie errötend. „Bringen wir es hinter uns.“
„Tss, tss, was für eine schlechte Verliererin“, tadelte er. Sie erhob sich, stützte sich mit den Händen auf den Spiel- tisch und beugte sich zu ihm hinüber. Das Gejohle schwoll an. Ihr klopfte das Herz bis zum Hals, doch er wirkte vollkommen gelassen.
Mutig rückte sie noch näher, hielt aber kurz inne, als ihre Lippen nur noch wenige Zoll von den seinen entfernt waren. „Sie könnten mir schon ein wenig entgegenkommen“, meinte sie.
„Aber warum denn, wenn es doch viel netter ist, Sie so auf- geregt zu erleben?“
Sie kniff die Augen zusammen. Durch reine Willenskraft blendete sie die johlenden Zuschauer aus und küsste ihn ent- schlossen auf den Mund. Einen Moment später zog sie sich
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