Gaelen Foley - Knight 01
der mustergültige Herzog dazu, zu spielen und einer Demimonde Küsse abzuringen, die ihm nicht zustehen?“
Die Männer lachten auf seine Kosten, aber nicht unfreund- lich.
„Ach, ich will mich auch einmal erholen“, erwiderte er mit einem berechnenden Lächeln. „Sie wissen ganz genau, dass ich einen richtigen Kuss von Ihnen gewonnen habe, Miss Hamil- ton.“
„Nun“, entgegnete sie neckend, „wahrscheinlich brauchen Sie ihn auch.“
Auf diese Antwort erhob sich Gelächter, doch die anwesen- den Lords und Dandys beruhigten sich rasch wieder, denn sie warteten ja gespannt, ob sie ihn nun küssen würde.
Jetzt, wo sie wusste, wer er war, konnte sie sich wohl nicht mehr ehrenvoll herauswinden. Niemals würde sie sich von ei- nem selbstgerechten, allseits als Musterknaben bekannten Mo- ralapostel einschüchtern lassen. Wahrscheinlich wusste er nicht mehr über richtige Küsse als sie.
Als sie sich zum zweiten Mal zu ihm beugte, schlug ihr Herz vor Aufregung und Neugier – und weil sie sich unleugbar zu
ihm hingezogen fühlte. Nun würde sich herausstellen, ob etwas von Harriettes Unterricht hängen geblieben war.
Sanft umfasste sie seine glatt rasierte Wange mit der Hand, schloss die Augen und liebkoste seine Lippen mit den ihren, schenkte ihm einen langen Kuss, bei dem der Rest der lauten Gesellschaft, der Stadt, der Welt um sie versank.
Sein Mund war warm und seidenweich; seine glatte Haut er- hitzte sich unter ihrer Berührung. Sie streichelte sein schwar- zes Haar und küsste ihn fester, lehnte sich noch dichter an ihn. Sie spürte, wie er sie an sich zog und sie mit festem Griff in Be- sitz nahm. Sie öffnete die Lippen, worauf er heißblütig und doch zurückhaltend reagierte. Er verzauberte sie mit seinem Kuss, bis sie vor Verlangen zitterte.
Schließlich brachte er den Kuss zu einem sanften Abschluss und gab sie frei.
Unter lautem Gejohle fasste Bel sich allmählich wieder. Sie war richtig benommen, ihre Wangen glühten, und ihr Atem ging schwer. Hawkscliffes Haar war zerwühlt, seine gestärkte Krawatte zerknittert, und im Moment sah er ganz und gar nicht wie ein Musterknabe aus.
Als sie seinem Blick begegnete, so voll Begierde, kam sie sich zum ersten Mal wie eine echte Kurtisane vor, nicht wie ein al- bernes steifes Mädchen, das so tat als ob. Ein aufregendes Ge- fühl. Sie senkte den Kopf, biss sich schüchtern auf die Lippen und schaute wieder zu ihm hin.
Mit einem glutvollen Lächeln reichte ihr der Herzog den teu- ren Ring. „Nehmen Sie ihn“, murmelte er. „Ich bestehe da- rauf.“
Anscheinend wollte er ihr damit sagen, dass sie ihn sich dies- mal wirklich verdient hatte. Mit einem wissenden Lächeln schob sie den Ring zu ihm zurück. „Behalten Sie ihn, Euer Gnaden. Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite.“
Die Männer ringsum lachten, doch Hawkscliffe lächelte nur vertraulich und schaute ihr nach, als sie davonging. Sein Blick verhieß, dass er wieder kommen würde.
Kaum hatte sie das Nebenzimmer erreicht, als sie hörte, wie ihm all die anderen Männer donnernden Applaus spendeten. Als sie sich noch einmal umwandte, sah sie ihn nachsichtig lachen, während ihm Lord Alvanley munter auf den Rücken klopfte. Vielleicht hatte ihm gerade jemand erzählt, dass sie ei- ne solche Gunst noch keinem Bewunderer erwiesen hatte, denn
seine Wangen zeigten eine leichte Röte.
Sie lächelte wie verzaubert und wandte sich ab. Da es schon spät war, schlüpfte sie aus dem Salon und ging zu Bett, bevor irgendein anderer Galan auf die Idee kam, ihr ebenfalls einen Kuss abzuringen. Nun wusste sie, wen sie wollte.
Immer noch lächelnd, legte sie sich ins Bett, doch obwohl ihr Herz vor Aufregung und neuer Hoffnung raste, zwang sie sich, die lautstarke Gesellschaft unten zu ignorieren, die Augen zu schließen und zu ruhen.
Es war spät, und es ging nicht an, dass sie abgespannt aus- sah, wenn ihr zukünftiger Gönner zu Besuch kam.
4. KAPITEL
Hawk verbrachte die Nacht allein in seinem riesigen ge- schnitzten Bett, wälzte sich hin und her und starrte in einem Zustand frustrierter Unsicherheit zum samtenen Betthimmel hinauf.
Eine Kurtisane.
Er hatte noch nie eine Kurtisane geküsst, nie eine berührt oder sich von einer berühren lassen. Er war auf der Hut vor ih- nen gewesen. Auch er hatte seine Vorurteile, ein Mann in sei- ner Position musste einfach vorsichtig sein. Trotzdem ... wie es wohl wäre, wenn sie jetzt bei ihm läge?
Er schloss die Augen und tröstete sich in seiner
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