Gaelen Foley - Knight 01
verzweifel- ten Einsamkeit, indem er sie sich im Kerzenschimmer vorstell- te, so geheimnisvoll und reizend, und die ganze Zeit klang ihm ihr arrogantes kleines Lachen im Ohr, das ihn verspottete. Er wollte mehr.
Ein Kuss war nicht genug. Er wollte sie ganz erforschen, ih- re Haut unter seinen Lippen spüren ... Mit einem Stöhnen drehte er das Gesicht zur Wand, zitternd vor sündigem Verlan- gen. Er konnte einfach nicht aufhören.
Er dachte daran, wie sich ihr blondes Haar anfühlen würde, wenn er ihre Frisur löste, wie es sich über ihre Schultern ergie- ßen würde. Danach stellte er sich vor, wie sie sich gegenseitig entkleideten und er sie aufs Bett zog, wo jeder Zoll ihres schö- nen jungen Körpers ihn in reine Verzückung versetzte. Fille de joie. Freudenmädchen. Während sich sein Körper nach ihr ver- zehrte, wusste sein Geist, dass er es zu einem gewissen Preis ge- schehen lassen konnte.
Was es auch kostete, er würde sie sich mit Leichtigkeit leis- ten können. Aber er wagte es nicht.
Eine solche Frau könnte ihn bis aufs Hemd ausnehmen und lächelnd davongehen. Oder, schlimmer noch, ihn durch illegi-
time Kinder an sich binden. Sie war gefährlich.
Aber so verdammt anziehend.
Dann schlief er aber doch ein und wachte am Sonntagmor- gen auf, als die Kirchenglocken zum Gottesdienst läuteten. Sein Geist war klar, sein Körper frisch, und er war begierig, an Belinda Hamiltons Seite zu eilen, bevor Dolph Breckinridge seinen Rausch ausgeschlafen und von dem Kuss erfahren hat- te.
Nach Dolphs gestrigem Benehmen zu urteilen, wäre dessen Reaktion auf die Neuigkeit nicht angenehm. Hawk beabsich- tigte, in der Nähe zu sein, um sie vor dem Baronet zu beschüt- zen.
Außerdem hatte er sich eine Lösung einfallen lassen. Miss Hamilton war offensichtlich das Druckmittel, das er bei Dolph einsetzen konnte. Erst würde er sie ein wenig auf die Probe stellen müssen, um herauszufinden, wo ihre Sympathien lagen, aber wenn sie Dolph wirklich so verabscheute, wie es den An- schein hatte, musste er sie nur noch unter seinen Schutz lo- cken.
Sein Plan sah allerdings auch vor, dass er in den nächsten Wochen viel Zeit mit Miss Hamilton verbrachte, doch im nüch- ternen Morgenlicht betrachtet, sah er keinen Grund, warum er nicht auf seine strenge Selbstkontrolle vertrauen sollte. Man nannte ihn nicht umsonst den „mustergültigen Herzog“. Alle Welt wusste, dass er der Versuchung widerstehen konnte. Er würde La Belle Hamilton zuvorkommend behandeln und sie für ihre Mühe bezahlen, ansonsten wollte er sich mit der Kur- tisane nicht weiter einlassen.
Er zwang sich, mit seinem Besuch bis zum Nachmittag zu warten.
Um Viertel nach vier sprang er aus seinem offenen Zwei- spänner, den er seinem Reitknecht William überließ, einem ge- schickten, schlaksigen Rotschopf von neunzehn Jahren, und klopfte an Harriette Wilsons Tür.
Er blinzelte in die helle Maisonne, während der Wind durch sein Haar strich und mit den Schößen seines graubraunen Rocks spielte, und genoss die reine Luft, die hingetupften Wat- tewölkchen und die Verheißung baldiger Sommerfreuden. Als eine Zofe die Tür öffnete, reichte Hawk ihr seine Visiten- karte und fragte nach Miss Hamilton. Die Zofe knickste und eilte dann die schmale Treppe hoch, während er in der kleinen
Eingangshalle auf und ab ging. Seine Vorfreude auf ein Wie- dersehen mit der schönen, impertinenten und überaus reizen- den Miss Hamilton wurde kaum von seinem Gewissen getrübt, das ihn leise mahnte, er sei nur um Lucys willen hier.
Die Zofe kam zurück und bat ihn, sich noch ein paar Minu- ten zu gedulden. Er zuckte mit den Schultern und nahm seinen Rundgang wieder auf. Neugierig betrachtete er Harriette Wil- sons Sänfte, die neben der Treppe stand.
Miss Hamilton ließ ihn, den mächtigen Duke of Hawkscliffe, eine volle Viertelstunde warten, ehe sie sich dazu herabließ, ihn zu empfangen. Er zweifelte nicht daran, dass dieser Schachzug nur dazu diente, ihn an seinen Platz zu verweisen: unter ihren hübschen Fuß. Was konnte er anderes tun, als zu seufzen und es zu akzeptieren? Bis er sie als seine Geliebte etabliert hatte, hielt dieses leichte Mädchen alle Trümpfe in der Hand. Seltsa- merweise ließ er sich von ihren durchsichtigen Manövern nicht die Laune verderben. Er konnte nicht anders: Sie amüsierte ihn.
Als Miss Hamilton dann endlich bitten ließ, begann sein Herz absurderweise heftig zu schlagen. Die Zofe führte ihn durch den großen, nun verlassenen
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