Gaelen Foley - Knight 02
damit er Gerech- tigkeit walten lassen konnte, statt die grausamen Taten zu begehen, die sein Hass ihm eingab.
In weniger als fünf Minuten hatte der zweite Wachmann ein ähnliches Schicksal erlitten, doch als Lucien sich an den dritten heranmachte, drehte der sich um und schaute ihn an. Der Mann stieß einen Schrei aus, während Lucien ihm das Gewehr entriss. Der vierte Wachmann rief etwas aus fünfzig Metern Entfernung. Lucien zerrte den entwaffneten Mann vor sich, gerade als der vierte Mann sein Gewehr abfeuerte. Die Kugel erwischte statt seiner den Franzosen. Lucien ließ den dritten Mann fallen, zog die Pistole und zielte, bevor der vierte neu laden konnte. Er beobachtete, wie sich die Augen des Mannes vor Angst weiteten, und dann betätigte er den Abzug.
Nur wenige Sekunden waren vergangen. Der vierte Wach- mann zuckte noch im Staub, als Lucien die zweite Pistole zückte, zur Tür des Lagerhauses ging und sie eintrat, dass sie beinah aus den rostigen Angeln fiel. Und dann stand er di- rekt vor Bardou, nur sechs oder sieben Fuß trennten sie noch voneinander. Anscheinend war der Franzose zum Eingang gerannt, um nachzuschauen, wieso draußen geschossen wur- de. Bardou erstarrte, als Lucien die Pistole auf ihn richtete. „Grüßen Sie den Teufel von mir.“
„Nicht schießen, Argus! Sehen Sie!“ Bardou hob die Hän- de zum Zeichen, dass er sich ergab, nickte aber zu den Fäs-
sern, die sich hinter ihm stapelten.
Lucien betrachtete das große weiße A, mit dem jedes Fass gekennzeichnet war. Schießpulver erster Klasse. Der Sprengstoff, vor dem Sophia ihn gewarnt hatte.
Er schaute sich im Lagerhaus um und erstarrte vor Entset- zen, als er das Geschütz entdeckte, das quer über den Fluss auf das Parlament gerichtet war. Kein Wunder, dass sie in Westminster Hall keinerlei Sprengstoff gefunden hatten. Bardou hatte seinen Angriff von hier aus geplant. Er erblick- te den tragbaren Ofen, von dem eine unerträgliche Hitze aus- ging. Verstört erkannte er, dass Bardou Brandladungen vor- bereitet hatte.
„Wenn Sie jetzt abdrücken, sterben wir beide“, warnte Bardou ihn. „Es bedarf nur noch eines winzigen Funkens.“
„Bewegen Sie sich von den Fässern weg.“
Er lachte leise und schüttelte den Kopf. „Ich denke nicht daran.“
„Gehen Sie von den Fässern weg und kämpfen Sie gegen mich, Sie Feigling!“ brüllte Lucien.
„Feigling?“
„Sie haben sich hinter Caro versteckt, und jetzt wollen Sie sich durch diese Fässer schützen. Vielleicht trauen Sie sich ja nicht, gegen mich anzutreten, jetzt, wo ich nicht länger in Ketten bin.“
„Nun, vielleicht sollten Sie doch lieber abdrücken und uns beide umbringen, Argus, denn jetzt weiß ich über Ihre kleine Geliebte Alice Montague Bescheid.“ Bardou lächelte, als Lu- cien kreidebleich wurde. „So ein hübsches, zartes Ding. Ich hoffe, sie wehrt sich, wenn ich sie nehme. Ich hoffe, sie weint. Aber dafür werde ich schon sorgen.“
Blinder Zorn übermannte Lucien. Er warf die Pistole bei- seite, außer Reichweite Bardous. Die brauchte er nicht, um diesen Schweinehund zu töten. Er wollte es mit bloßen Hän- den tun. Lucien stürzte sich auf ihn, rammte Bardou in die aufgestapelten Fässer, die daraufhin einstürzten und beide Männer in Wolken schwarzen Schießpulvers hüllten. Lucien holte aus und versetzte Bardou einen Kinnhaken.
Die beiden Männer begannen erbittert miteinander zu kämpfen, schlugen mit blutunterlaufenen Augen aufeinan- der ein. Lucien achtete gar nicht auf die Schläge, die er ein- steckte, bis Bardou ihm die Faust in die Seite hieb, auf die
alte Wunde. Er stieß einen harschen Schmerzensschrei aus und krümmte sich zusammen, so dass er Bardous nächsten Schlag nicht abwehren konnte, der auf seinen Kopf zielte. Er ging zu Boden, hustete, atmete das Schießpulver ein, das er im Fallen aufgewirbelt hatte.
Bardou grunzte wie ein Tier, stemmte eines der Fässer mit Schießpulver hoch und hielt es über Lucien. Der konnte sei- ne Benommenheit gerade noch rechtzeitig abschütteln, um zu reagieren. Er dachte an Bardous Hinken und trat ihm mit aller Gewalt gegen das Unke Knie, worauf der Franzose vor Schmerzen aufheulte und das Fass fallen ließ. Lucien rollte blitzschnell aus dem Weg, bevor es auf dem Boden zerbarst. Fluchend und schwer humpelnd rannte Bardou aus dem Lagerhaus, hielt nur kurz inne, um sich seinen Gewehrkof- fer zu greifen. Er wollte fliehen! Panisch durchwühlte Lu- cien die Schießpulverschichten auf der Suche
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