Gaelen Foley - Knight 02
Alice. Kommen Sie heraus. Ich beiße nicht. Oder besser noch, lassen Sie mich herein.“
„Hier herein?“ keuchte sie. Sie beide allein in einem Schlafzimmer? Wie konnte er so etwas überhaupt vorschla- gen? Wofür hielt er sie denn? Sie erlaubte ihren Verehrern ja nicht einmal, ihre bloße Hand zu berühren. Hier und jetzt beschloss sie, dass sie Lucien Knight nicht gestatten würde, ihr den Hof zu machen, und wenn er sie auf Knien darum an- flehte.
„Kommen Sie heraus zu mir, meine Süße. Ich verspreche Ihnen, dass ich brav sein werde“, schmeichelte er durch die stabile Eichentür. Sie starrte darauf. „Gehen Sie mit mir im Park spazieren. Wir werden nicht mehr viele warme, schöne Tage haben, ehe es kalt wird. Haben Sie schon hinausge- schaut? Die Blätter sind herrlich gefärbt, das Gras ist sma- ragdgrün und der Himmel so blau wie Ihre Augen. Lockt Sie das gar nicht?“
Nicht so sehr wie deine Stimme, dachte sie mit leisem Schaudern, denn das samtweiche Murmeln war die Versu- chung schlechthin.
„Hier sind wir frei, Alice. Vollkommen frei.“
Frei, fragte sie sich. Was sollte das heißen? Sie wappnete sich gegen seinen gefährlichen Zauber, und plötzlich kam ihr eine Idee. „Wenn Sie ein Pferd für mich hätten, könnten wir ja ausreiten“, schlug sie vor.
„Sehr schlau, meine Liebe“, meinte er mit einem weichen Lachen. „Sobald ich Sie auf ein Pferd setze, rasen Sie doch in gestrecktem Galopp zurück nach Hampshire.“
Diese Vorstellung entlockte ihr gegen ihren Willen ein Lä- cheln. Wenn sie ehrlich war, hegte sie irgendwo auch den Wunsch, bei ihm zu bleiben. Voll Bestürzung schüttelte sie den Kopf. „Wissen Sie“, begann sie trotzig, „was unsere Un- terhaltung gestern Nacht angeht, so wollte ich Ihnen noch etwas sagen.“
„Ach ja?“
„Ja. Wir haben über die Leute gesprochen, die sich etwas aus uns machen.“
„Ah ja – beziehungsweise den Mangel an solchen Leuten.“ Mit blitzenden Augen stützte sie den Schürhaken auf dem nächsten Stuhl ab. „Zu Ihrer Information: Ich habe eine gan- ze Reihe von Verehrern, die von mir sehr angetan sind.“
Draußen herrschte Schweigen. Dann erklärte er aus- druckslos: „Aber sicher, ma chérie.“
Sie strahlte, froh, endlich einen Angriffspunkt gefunden zu haben. Endlich konnte sie ihn auch einmal verhöhnen. „Ers- tens ist da Roger Manners, ein Neffe des Duke of Rutland. Er hat schon drei Mal um mich angehalten. Er hat so viele Tu- genden, dass man sie gar nicht alle aufzählen kann, und so wunderschöne dunkle Augen, dass ich richtig ins Schwär- men geraten könnte. Dann ist da noch Freddie Foxham, ein wahrer Dandy und fürchterlich drollig, ein sehr enger Freund von Beau Brummell ...“
„Na, darauf kann man sich aber was einbilden.“
„Und schließlich Tom de Vere, der bei fast jeder Fuchsjagd den Sieg davonträgt. Meine Verehrer sind mir seit meinem Debüt treu ergeben. Das sind eben wahre Gentlemen! Die würden mich nie entführen!“
„Dann begehren sie Sie bei weitem nicht so wie ich“,
knurrte er erbost.
Ihre Augen weiteten sich. „Zumindest waren ihre Anträge ehrbar!“
„Wirklich? Warum haben Sie dann keinen davon ange- nommen?“
Während sie noch auf die Tür starrte und nach einer ver- nichtenden Antwort suchte, wurde seine Stimme so sanft und schmeichelnd, dass sie fast schwach wurde.
„Ich weiß schon, warum“, meinte er. „Weil Sie mehr wol- len. Sie spüren, dass diese Männer ihren wahren Wert gar nicht erkannt haben. Wenn ein Mann erst mal gemerkt hat, was für ein seltenes, kostbares Juwel Sie sind, würde er nicht zögern, das zu tun, was ich getan habe – sogar Sie entführen, wie Sie das nennen – , wenn das der einzige Weg ist, Sie zu be- kommen. Verlangen Sie nicht von mir, dass ich es bereue, denn das werde ich niemals tun. Kommen Sie heraus, Alice! Ich schwöre Ihnen, dass ich brav sein werde.“
Er hielt inne, und sie ließ sich auf den Stuhl sinken, mit dem sie die Tür verbarrikadiert hatte. Sie stützte den Ellbo- gen auf die Rückenlehne, legte die Wange in die Hand und sah hinaus in den herrlichen Herbsttag, fühlte sich dabei förmlich zerrissen. Frei ...
„Sie tun sich selbst und mir unrecht, wenn Sie annehmen, mein Interesse an Ihnen ist rein körperlicher Natur“, fuhr er fort. „Ich habe gesagt, dass ich Sie gern näher kennen lernen möchte. Ich will mehr über Ihre Ansichten erfahren, darüber, was Sie sich vom Leben erhoffen, was Sie sich erträumen.“ Er
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