Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
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mernden Parkettboden des Saals war an einem Ende eine große Kapelle aufgebaut, die fest entschlossen war, sie alle durch ihre Lautstärke umzubringen. Die Akustik des Saals war nicht dazu angetan, den fröhlichen Marsch, den die Mu- siker anstimmten, zu einem Genuss zu machen. Dev spürte, wie er Kopfschmerzen bekam, zu dem auch der klebrig-süße Punsch beitrug, den er beim Hereinkommen in die Hand ge- drückt bekommen hatte.
Am liebsten wäre er in den Fluss gesprungen, um sich zu erfrischen, und langsam begann er, all die griechischen Sta- tuen um ihre Nacktheit zu beneiden. Mit etwas Glück fiel viel- leicht einer der großen Kronleuchter auf ihn und erlöste ihn von seinem Elend. Ansonsten konnte er nichts anderes tun als auf die Dame zu warten, von der er den Verdacht hatte, dass sie ihn in die Knie zwingen wollte.
Dann machte die Kapelle wie als Antwort auf seine Gebete in dem Moment eine Pause, als der Majordomus den Marquis und die Marquise von Truro und St. Austell ankündigte.
Aha, das also waren Lizzies geliebte Lady Jacinda und ihr Billy. Er betrachtete das Paar: einen großen, imponierenden Mann mit sandfarbenem Haar und der gefährlichen Aus- strahlung eines Kriegers, der einem die Kehle durchschnitt, wenn man ihn nur schief ansah, und an seiner Seite eine glit- zernde, kleine Märchenfee mit einer Fülle goldener Locken und dunklen Augen, die spitzbübisch in die Runde lachten. Hmmm, dachte er. Das Paar konnte Ärger bedeuten. Als sie durch die Tür hindurch in den Saal schritten, wurde Miss Elizabeth Carlisle angekündigt.
Sofort war Dev in Habachtstellung und wurde unwillkür- lich zu ihr hingezogen, und als sie erschien, hätte er schwö- ren können, dass alle im Saal ein Keuchen der Bewunderung ausstießen.
Lizzie stand einen Moment in der Tür und betrat dann den Saal wie eine kühle Brise. Eine Sekunde lang stockte die Un- terhaltung. Ihr weißes Kleid war so schlicht, dass es ein Meis- terstück der Eleganz war, und ihre dunklen Locken waren so frisiert, dass sie weich und glänzend ihr schönes Gesicht umrahmten.
Sie trat vor und legte eine weiß behandschuhte Hand auf das Geländer. Mit hoch erhobenem Kinn schritt sie wie eine Königin die Stufen hinunter, und das leichte Kleid umfloss
sie schimmernd und zart.
Sie sah aus wie das Mondlicht.
Dev war kein Mann, der leicht zu beeindrucken war, aber von dieser Frau konnte er den Blick nicht abwenden.
Seiner Frau.
Erfüllt von einem absurden Stolz ging er auf sie zu, ohne die zweihundert Augenpaare zu beachten, die auf sie gerich- tet waren. Gleich darauf summte der Saal vor Gesprächen, als alle sich dieselbe Frage stellten.
Wer ist das?
Ich kenne sie nicht ...
Ist sie jemand?
Matronen fanden sich zum Gespräch. Dandys, die nie zu- vor Notiz von Lizzie Carlisle genommen hatten, hoben jetzt ihre Lorgnons an die Augen und musterten sie voller Inte- resse.
Dev suchte sich seinen Weg durch die Menge und wurde immer ungeduldiger, als ständig andere Gäste ihm den Weg verstellten, weil sie sich um Lizzie und ihre illustren Freun- de scharten. Vor allem die jungen Männer, die sie umringten, erfüllten ihn mit Widerwillen, als sie sie mit Komplimenten förmlich überschütteten.
„Meine liebe Miss Carlisle!“
„Beim Jupiter, Sie sehen hinreißend aus!“
„Waren Sie im Urlaub? Wir haben Sie ja ewig nicht gese- hen.“
Lizzie war geschmeichelt, aber auch ein bisschen überwäl- tigt von dem plötzlichen Interesse der sechs Männer, die sie schon jahrelang kannte. Sie blieb am Fuß der Treppe stehen. Die meisten waren frühere Verehrer Jacindas. Und noch nie hatten sie so ein Aufhebens um sie gemacht. Während alle sie um einen Tanz baten, hob sie den Kopf und sah ihn – ihren Teufel, ganz in Schwarz.
Lizzies Herz machte einen Satz, und ihr Blut floss schnel- ler durch ihre Adern. Er war so attraktiv, dass ihr wie immer der Atem stockte, aber irgendetwas war heute anders.
In seinen Augen lag ein Glühen, das sie noch nie zuvor gese- hen hatte. Es erhellte seine Augen und färbte sie aquamarin- blau. Als er jetzt entschlossen auf sie zukam, verspürte Lizzie überwältigende Erleichterung, denn bisher war sie sich noch
nicht einmal sicher gewesen, dass er kommen würde – oder ob ihr Mut sie verließ.
Beim ersten Blick auf Devlin vergaß Lizzie alle Strate- gien, die Jacinda und sie die ganze Zeit über geplant hatten, während die Kammerzofe sie frisiert hatte. Lizzie hatte die Gleichgültige spielen sollen. Aber
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