Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
abgeschlossen fand. Himmel, sie kam nicht wieder ins Haus!
Dann fiel ihr der Maulbeerbaum ein.
Er war ihre einzige Hoffnung, bemerkte sie entsetzt.
Sie rannte zurück und betrachtete misstrauisch den Baum. Selbst als Kind hatte sie nicht gut klettern können, und Bäu- me waren nie ihre Sache gewesen.
Zweifelnd betrachtete sie den Baum, als im ersten Stock das erste Fenster hell wurde. Rasch versteckte Lizzie sich hin- ter dem Stamm. Ihr Herz klopfte, und sie wusste, dass sie keine Zeit mehr zu verlieren hatte. Rasch griff sie nach dem ersten Ast und schwang sich hinauf.
Devs Kutsche rollte in dem Moment auf den Rasen, als ein schmaler, nackter Fuß in ihrem Fenster verschwand. Erleich- tert sah er, dass sie heil zurückgekommen war. Seine Augen strahlten, und ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen. Das Pony graste auf dem Rasen, und Fenster auf Fenster wurde hell.
„Sollen wir das Tier zurückbringen?“, fragte Ben in lautem Flüsterton.
„Noch nicht“, erwiderte Dev amüsiert. „Wir wollen es unse- rer kleinen Pferdediebin nicht zu leicht machen. Fahr los.“
Ben gehorchte, und die Kutsche setzte sich in Bewegung.
Dev ließ Lizzies Fenster nicht aus den Augen, bis sie um eine Kurve bogen, dann lehnte er sich zurück und starrte vor sich hin.
Am besten fing er schon mal an, sich eine Entschuldigung zu überlegen.
13. Kapitel
Trotz des fehlenden Schlafs schaffte es Lizzie am nächsten Morgen, ihre Klasse in geradezu fröhlicher Stimmung zu un- terrichten, die immer noch vom Stolz über ihren Sieg her- rührte.
Nicht einmal Mrs. Halls tadelnde Bemerkungen über Dev- lins unerlaubten Besuch auf dem Schulgelände am Vortag hatten es geschafft, ihre Stimmung zu dämpfen. Zum Glück hatte sie die Direktorin mit der Erklärung besänftigen kön- nen, dass er nur der Neffe der kürzlich verstorbenen Lady Strathmore war und gekommen sei, um „Familienangelegen- heiten“ mit ihr zu besprechen, die das Testament seiner Tante betrafen. Dann traf am Mittag ein Geschenk für sie ein – ein Korb voller wertvoller, ledergebundener Bücher, die von ei- ner Nachricht begleitet wurden, die ihr Herz höher schlagen ließ:
Meine liebe Elizabeth,
bitte nimm diese bescheidene Gabe als Zeichen meiner tiefen Reue für mein unentschuldbares Benehmen letz- te Nacht an. Habe Mitleid mit einem armen Sünder. Ich hoffe sehr, dass ich bald Gelegenheit haben werde, mich richtig bei dir zu entschuldigen. Bitte antworte mir, wann und wo ich dich sehen darf. Ich denke immerzu an dich. Dein ergebener Diener
Strathmore
Ergebener Diener, von wegen, dachte Lizzie und musste lächeln. Da haben wir aber ein bisschen dick aufgetragen, Devlin-Liebling. Und doch schlug ihr Herz vor Glück schnel- ler, und sie las die Nachricht fünfmal hintereinander.
Dann dachte Lizzie lange über eine Antwort nach und brachte schließlich mit rascher Hand eine Nachricht zu Pa- pier, während ihre Schülerinnen eifrig auf ihren Schieferta- feln schrieben – aber der Brief war nicht an Devlin. Nein, der Schuft sollte erstmal ein paar Tage in seinem eigenen Saft schmoren, ehe er wieder von ihr hörte. Stattdessen schrieb sie voller Genugtuung an ihre beste Freundin:
Guten Morgen Mrs. Billy!
Tust du mir einen Gefallen? Wenn es einen Ball, Tanzabend oder etwas ähnliches gibt, an dem du diesen Sonnabend teilnehmen willst, darf ich dich dann wie in alten Zeiten begleiten? Es ist mein freier Tag, und ich will nur soviel verraten, dass sich gewisse Umstände hinsichtlich eines Teufels aus meiner Bekanntschaft ergeben haben ...
Küsse,
Lizzie
„Liebste!“, rief Jacinda fröhlich, als sie sonnabendnachmit- tags prompt auf Mrs. Halls Schwelle stand, um Lizzie zu ihrem üblichen Ritual abzuholen, bei dem sie sich für den Ball umzogen und zurechtmachten, der an diesem Abend bei Lord und Lady Madison stattfinden sollte.
Wie üblich sprudelte die neunzehnjährige Marquise vor Energie und war in ihrem lavendelblauen Kleid über einem weißen Unterkleid perfekt angezogen. Goldene Locken strömten unter einem lavendelfarbenen Hut hervor, als sie auf Lizzie zusprang, sie bei den Händen fasste und sie mit fröhlichem Lachen einmal im Kreis schwenkte. „Oh, wir wer- den so viel Spaß haben!“
Jacinda umarmte sie für einen Moment ganz fest und be- gann dann rasend schnell zu reden. „Oh, Lizzie, ich bin so froh, dich zu sehen! Ohne dich war es bei den Gesellschaften entsetzlich langweilig, aber jetzt, wo du mitkommst, kann ich es kaum abwarten,
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