Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
luxuriöse Kutsche, wo Lizzie sich ihrer Freundin gegenüber auf die hellen Kalbsledersitze
sinken ließ. Und gleich darauf rollten die Räder in Richtung Stadt.
„Nun?“, wollte Jacinda wissen und zog sich geschäftsmä- ßig die Handschuhe aus. „Was geht zwischen dir und Vis- count Strathmore vor?“
Als sie an Jacindas Villa am Regent’s Park angekommen waren, hatte Lizzie ihr die ganze Geschichte von den scho- ckierenden Bedingungen in Lady Strathmores Testament bis zu ihrer Flucht nach der Entführung durch Devlin auf dem Rücken eines gestohlenen Ponys erzählt.
Jacinda hörte begeistert zu, hin– und hergerissen zwischen schockiertem Gelächter und entzücktem Staunen. „Oh, Liz- zie, er klingt göttlich!“
„Es war klar, dass du das sagen würdest.“
„Wenigstens behandelt er dich nicht wie eine Schwester.“
Lizzie kicherte über diesen Witz, der zwischen ihnen schon Tradition hatte. Aus irgendeinem Grund hatte jeder Mann, den sie seit ihrer Kinderzeit getroffen hatten, sich wegen Jacinda zum Narren gemacht und Lizzie mit dem züchtigen Respekt behandelt, den man einer Mutter oder Schwester entgegenbringt. Nicht einmal Alec hatte je versucht, sie zu küssen. Es war höchst ärgerlich.
„Magst du ihn nun oder nicht?“, wollte Jacinda wissen.
Errötend sah Lizzie ihre Freundin an und zuckte dann die Achseln. „Du weißt, dass ich ihn nie solche Dinge machen ließe, wenn ich ihn nicht mögen würde, aber natürlich ist er furchtbar von sich eingenommen und höchst leichtlebig, falls das stimmt, was über ihn in der Zeitung steht. Außer- dem werde ich nicht den Kopf wegen eines Mannes verlieren, der mich nur verfolgt, weil er an sein Geld ran will. Ich habe meinen Stolz. Und das Erreichen eines Ziels kann nicht da- rüber hinwegtäuschen, welche Qual es wäre, lebenslang an einen Mann gebunden zu sein, der einen nicht liebt.“
„Hört, hört“, stimmte Jacinda zu.
„Natürlich ...“ Scheu senkte Lizzie den Blick und spielte mit einer Troddel an ihrem Retikül. „Wenn ich sicher sein könnte, dass er mich um meiner selbst willen haben will und nicht wegen des Geldes, wenn er wirklich etwas für mich empfinden würde, dann ... wäre ich seinen Annäherungsver- suchen gegenüber nicht abgeneigt“, gab sie zu und warf ihrer Freundin unter gesenkten Wimpern einen Blick zu.
Jacinda grinste fröhlich. „Ah, meine Liebe, du brauchst nicht mehr zu sagen, ich verstehe vollkommen. Vertrau mir“, murmelte sie und beugte sich vor, „wenn Lord Strathmore dich heute Abend sieht, ist Geld das Letzte, woran er denkt.“
Drei Tage lang hatte Dev voller Anspannung auf eine Ant- wort von Lizzie gewartet, bis ihr Brief mit der Anweisung eintraf, dass er sich noch schnell eine Einladung zu Lord und Lady Madisons Ball am Sonnabend besorgen sollte. Das hat- te sich als ein wenig schwierig erwiesen, denn seit er sich mit Männern wie Carstairs und Staines zeigte, hatte man ihn aus den Gästelisten der ersten Garnitur gestrichen. Doch er hat- te es geschafft, und nun war der Abend gekommen.
Zu seinem Kummer kam die unerschrockene E. Carlisle spät.
Er begann sich schon zu fragen, ob sie ihn nur hergeschickt hatte, um ihn zum Narren zu halten, als Strafe vielleicht. Soweit er vermutete, wollte sie gar nicht kommen, sondern ihm nur eine ihrer grässlichen Lektionen erteilen. Nervös und unsicher wartete er auf sie und war sich unbehaglich bewusst, dass ganz oben auf seiner Liste für diesen Abend die große Abbitte stand. Schon deshalb hasste Devlin diesen Ball.
Dabei sollte er ihn eigentlich genießen. Der Maiabend war warm und sommerlich, das Angebot üppig. Lord und Lady Madison hatten in ihr Sommerhaus an der Themse geladen – ein Bau im Stil eines griechischen Tempels, der inmitten ei- ner schönen Gartenanlage stand. Aber Devlin war traurig. Wieder und wieder sah er auf seine Taschenuhr und wünsch- te sich, er hätte einen Herrenfächer mitgebracht. Langsam sickerte der Schweiß aus seinen Haaren in die gestärkte Schleife. Himmel, so nervös war er das letzte Mal als Schul- junge vor einer Prüfung gewesen.
Verschwitzt, nervös und gelangweilt zog er sich schließlich auf ein Brokatsofa in einer der Fensternischen zurück und ließ den Eingang nicht aus den Augen. Hier wehte wenigs- tens ein mildes Lüftchen, und er konnte dem Gedränge der vielen Gäste entkommen.
Die Wände waren mit roter Seide behängt, zwischen denen weiße Säulen und vergoldete Friese glänzten. Auf dem
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