Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
sie hatte ja noch Marys Pistole, um sich zu verteidigen. Die Waffe in der linken Hand, schob Lizzie sich langsam an der Wand entlang die Treppe hinauf.
Als sie weiter oben war, konnte sie die Männer im Flur se- hen. Quint tat ihr fast Leid. Der seltsame Baron war stark wie ein Ochse und auch fast so groß. Er war gut drei Zentimeter
größer und sicher zehn Kilo schwerer als Devlin, aber er hatte bestimmt noch nie einem Gegner wie Devlin Strathmore ge- genübergestanden.
Lizzie wusste selbst nicht, was sie von ihm halten sollte, aber sie konnte einfach den Blick nicht abwenden. Sein Ge- sicht war blutverschmiert wie bei einem Wilden, und seine Augen glühten wie flüssige Lava. Sein Körper war schweiß- überströmt, als er Quint jetzt durch die Wucht seines An- griffs zurücktrieb. Falls er die Wunde an seiner Seite spürte, ließ er es sich nicht anmerken, aber Lizzie starrte entsetzt auf die Stelle, wo sich sein weißes Leinenhemd rot färbte. Aber noch mehr als die Verletzung schmerzte sie seine in- nere Qual.
Sein konzentrierter Gesichtsausdruck stand in einem star- ken Gegensatz zu dem wütenden Schmerz in seinen Augen; da sah sie ein anderer an, der weit weg war und wie gehetzt durch die verbrannte Hölle seiner Seelenlandschaft irrte.
Lizzie wusste, dass er sie noch nie so sehr gebraucht hatte wie jetzt. Sie wusste nicht, wie viel Zeit ihr noch blieb, um ihn vor der Selbstzerstörung zu bewahren, aber ihr war auch bewusst, dass sie seine Konzentration störte, wenn sie jetzt etwas sagte, und ihn damit in Gefahr brachte. Das konnte die Katastrophe bedeuten. Sie konnte auch nicht auf Quint schie- ßen, wenn Devlin so nah bei ihm stand, dafür besaß sie zu we- nig Zielsicherheit, noch dazu mit der linken Hand. Ihr blieb nichts anderes übrig, als hilflos dazustehen, aber in dem Mo- ment stieß Devlin den Baron mit aller Kraft von sich, so dass er zu Boden fiel.
Devlin nutzte die kurze Pause, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen, aber plötzlich hatte er das Gefühl, dass ihn jemand beobachtete.
Er hob den Kopf – und erstarrte. Noch immer umhüllte ihn der rote Nebel seiner Wut, und eine Sekunde lang begriff er nicht, was seine Augen sahen. Er blinzelte und tat einen schweren Atemzug.
Lizzie ...
Devlin vergaß seinen Feind und sah die Erscheinung ver- wirrt an. War das möglich? Aber ...
Wie?
Eine Art Schluchzen entrang sich ihm. Entweder hatte
Torquil Staines ihn angelogen oder sich geirrt. Aber das
spielte jetzt keine Rolle.
Sie lebte.
Die Zeit blieb stehen.
Ihre Blicke trafen sich, und Lizzies schöne Augen vol- ler Wärme und Kraft brachten Licht ins Dunkel seiner Seele und bannten alle Dämonen. In einem Moment war er erlöst. Devlin stand einfach nur da und sah sie hingebungsvoll an.
Sie lebte.
Ja. Er hatte eine zweite Chance bekommen.
„Liebster“, flüsterte Lizzie, und Tränen stiegen ihr in die Augen.
Auch Devlins Augen wurden feucht. Er blickte sie einfach nur an und begann zu zittern wie ein Rennpferd, das zu weit und zu schnell gelaufen war. Nichts sonst zählte, außer dass sie am Leben war und in aller Schönheit vor ihm stand, und das Herz wurde ihm weit vor Glück. So sehr verlor er sich in ihren Anblick, dass er nicht merkte, dass Quint wieder auf die Beine kam.
„Pass auf, Devlin!“
Der Baron griff an.
Devlin ließ sich fallen, so dass Quints Messer ihn verfehlte, zielte mit tödlicher Genauigkeit auf seinen Gegner und stieß zu. Dann standen sie beide ganz still da, Devlins Klinge tief im Leib des Barons.
Quint gab ein heiseres Grunzen von sich, als er die tödliche Wunde erkannte.
Dev ergriff den Mann an der Schulter und zog die blutige Klinge heraus.
Quint taumelte zurück, sank gegen die Wand und sah Dev- lin staunend an.
„Ginny“, stieß er hervor und sackte langsam an der Wand entlang zu Boden. Dann sank er, die Augen starr auf den Kör- per der Frau gerichtet, zur Seite, während Devlin sich im Flur umsah. „Wo ist Carstairs?“
Kaum hatte er die Frage gestellt, als Lizzie aus den Augen- winkeln eine Bewegung in einem der Gästezimmer wahr- nahm.
Devlin schrie auf, als der Earl mit gezücktem Dolch auf Lizzie lossprang. Dann stieß er mit einem wütenden Knurren
zu, und Lizzie schaffte es gerade noch, sich rückwärts gegen eine Tür zu werfen, ehe er sie traf.
Rasch zog sie mit der linken Hand ihre Pistole, zielte auf Carstairs und hielt eine Sekunde lang inne, um in die kalten blauen Augen zu sehen.
Dann drückte sie ab, und die
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