Gaelen Foley - Knight 07
Wind trug die Schreie der Seemöwen zu ihr, aber sie achtete nicht auf die kleine grüne Eidechse, die über die Mauer huschte. Oberhalb der Terrasse wiegten sich Palmen vor dem azurblauen Himmel, während um sie herum anmutige rote Bougainvillen und zarte Frangipani im Wind raschelten.
Großpapa – womit ich natürlich meinen Papa meine – hat kürzlich eine überaus interessante Bekanntschaft geschlos- sen. Meine liebe Cousine, ich glaube, da liegt eine Romanze in der Luft. Miss Jane Rossiter ist hier eine unverheiratete Dame, ein typischer Blaustrumpf, die großes Interesse an Papas Arbeit zeigt. Gerade letzte Woche konnte er uns nicht besuchen, weil er sie ins Theater begleiten musste. Ist das nicht sehr höflich von ihm? Es geschehen noch Zeichen und Wunder.
Nun, da Du von mir den neuesten Klatsch zu hören be- kommen hast, gönne mir auch Deinen. Was höre ich da über die Knights aus Indien, die kürzlich in der Stadt gesehen wurden, und Miss Georgie Knight, die den großartigen Lord Griffith mitgebracht hat? Schreib mir alles, was Du in Er- fahrung bringen kannst, liebe Cousine.
Aber ich habe nicht nur Klatsch zu berichten. Es gibt auch sehr ernsthafte Dinge zu erzählen, von denen eines der inte- ressantesten jenes ist, dass der Freiheitskämpfer durch den Kongress von Angostura erst vor zwei Monaten in sein Amt eingesetzt wurde.
Der Krieg scheint eine Wendung zu nehmen. In den letz- ten Monaten hatte es einige Siege gegeben, und wie es scheint, haben wir allen Grund, auf unsere Männer stolz zu sein. Die Engländer, die zum Kämpfen gekommen waren, helfen jetzt Bolivar gegen die spanische Krone. Jack meint, dass Venezuela in ein oder zwei Jahren tatsächlich frei sein könnte.
Nachdenklich hielt sie inne und betrachtete einen Moment lang die weißen Segel am Horizont. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Dann tauchte sie ihre Feder ein letztes Mal in das Tin- tenfass.
So, meine liebste Cousine, das sind alle Neuigkeiten, die mir im Augenblick einfallen. Uns allen hier geht es gut, nein, ich sollte sogar sagen, wir sind geradezu lächerlich glücklich und können es nicht erwarten, Euch nächstes Frühjahr in London wiederzusehen. Wenn der kleine Johnny etwas älter ist, wollen wir ein halbes Jahr hier in den Tropen leben und ein halbes Jahr in London, damit wir bei Euch und unseren Familien sein können (Sag Jack nichts davon, aber ich wer-
de ganz schön verwöhnt). Wie immer vielen Dank für die Zeitschriften. Liebe Grüße, Eden.
Als sie unterschrieb und ihre Schreibutensilien in das trag- bare Schreibpult zurückräumte, fing sich das Sonnenlicht in dem großen Diamanten an ihrem Finger und funkelte wie ein Regenbogen. Nachdenklich erhob sie sich und ging zurück ins Haus.
Langsam durchquerte sie die Innenräume und freute sich an dem exotischen Luxus, bis sie ins Frühstückszimmer kam und ihren schönen Ehemann auf der Couch liegen sah, den Arm schützend um ihren fünf Monate alten Sohn gelegt.
Ihr Löwe und sein Junges. Der kleine Johnny schlief fest auf der Brust seines liebenden Vaters.
Edens Herz drohte vor Liebe überzufließen. Sie lehnte sich an den breiten Türbogen, verschränkte die Arme vor der Taille und betrachtete die beiden. Unter dem Sofa hatte sich Rudy zusam- mengerollt und klopfte jetzt mit dem Schwanz zur Begrüßung auf den Boden, doch Eden legte einen Finger an die Lippen, um den Hund zu ermahnen, leise zu sein, damit er das Baby nicht weckte.
Jack aber schien ihre Anwesenheit gespürt zu haben. Er be- wegte sich, allerdings nicht so sehr, dass er den Schlaf seines Sohnes gestört hätte. Dann drehte er den Kopf und öffnete die Augen.
Müde und zufrieden lächelte er sie an, und in seinem ernsten Blick lag unendlich viel Liebe.
Liebe und Dankbarkeit – und das Versprechen auf ein wenig mehr, später, in der Nacht.
Eden warf ihm eine Kusshand zu und lächelte zurück.
Sie konnte es kaum erwarten.
-ENDE –
Weitere Kostenlose Bücher