Gai-Jin
sagte, sie solle sich keine Sorgen machen, in der Niederlassung werde alles besser gehen, sie befinde sich dort in Sicherheit, und er werde glücklicher sein, und es gebe dort Dutzende von Dienern und mehr als genug Räume im Struan-Building. Wenn sie wünsche, könne sie eine Suite direkt neben der seinen haben und kommen und gehen, wie es ihr beliebe, mit ständigem Zutritt zu seinen Räumen, Tag und Nacht. »Bitte, mach dir keine Gedanken, ich möchte, daß du auch zufrieden bist«, versicherte er ihr. »Du wirst es komfortabler haben, das verspreche ich dir, und wenn es mir besser geht, werde ich…«
Ein Krampf überfiel und erschöpfte ihn.
Nachdem Babcott alles gesäubert hatte und Struan wieder in seinen Drogenschlaf gesunken war, sagte er ruhig: »Er würde es dort wirklich besser haben. Dort gibt es mehr Helfer, mehr Material, hier ist es nahezu unmöglich, alles sauberzuhalten. Er braucht… Verzeihung, aber er braucht stärkere Helfer. Sie tun mehr für ihn, als Sie sich vorstellen können, doch bei gewissen Punktionen können ihm seine chinesischen Diener besser helfen. Tut mir leid, daß ich so deutlich sein muß.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Doktor. Sie haben recht, und ich verstehe.« Ihre Gedanken wirbelten. Die Suite direkt neben Malcolms Räumen wäre ideal, ebenso die Diener und frische Kleidung. Ich werde mir eine Schneiderin suchen und mir herrliche Kleider machen lassen, korrekte Begleitung finden und das Kommando haben – über ihn und meine Zukunft. »Ich will nur das Beste für ihn«, erklärte sie und setzte, weil sie es wissen mußte, hastig hinzu: »Wie lange wird er noch so sein?«
»Ans Bett gefesselt und relativ hilflos?«
»Ja. Bitte, sagen Sie mir die Wahrheit. Bitte.«
»Ich weiß es nicht. Mindestens zwei bis drei Wochen, vielleicht mehr, und sehr beweglich wird er noch ein bis zwei Monate danach nicht sein.« Sein Blick ruhte einen Moment auf dem reglosen Mann. »Es wäre mir lieber, wenn Sie ihm nichts davon sagen würden. Es würde ihn nur unnötig beunruhigen.«
Sie nickte zufrieden und beruhigt, nun, da alles seine Ordnung hatte. »Keine Angst, ich sage kein Wort. Ich bete darum, daß er schnell wieder kräftig und stark sein wird, und ich verspreche, ihm zu helfen, soviel ich kann.«
Als Dr. Babcott sie verließ, dachte er immer wieder: Mein Gott, welch wundervolle Frau! Ob Struan lebt oder sterben muß, er kann sich glücklich schätzen, so sehr geliebt zu werden.
9
Die einundzwanzig Schuß Salut von jedem der sechs Kriegsschiffe, die das Flaggschiff begleiteten und nun vor Edo ankerten, echoten und hallten wider, und das gesamte Personal der Flotte war freudig erregt und stolz auf diese Demonstration der Macht.
»Bis hierher und nicht weiter, Sir William«, jubelte Phillip Tyrer, der neben ihm auf dem Schanzdeck stand, wo der Geruch von Kordit die Sinne benebelte. Die Stadt war riesig. Stumm. Die Burg alles beherrschend.
»Wir werden sehen.«
Auf der Brücke des Flaggschiffs sagte der Admiral leise zum General: »Das hier sollte Sie davon überzeugen, daß unser Wee Willie nichts als ein kleines, größenwahnsinniges Plappermaul ist. Königlicher Salut, zum Teufel! Wir sollten lieber unseren Rücken decken.«
»Donnerwetter, Sie haben recht! Jawohl. Ich werde es in meinem Monatsbericht ans Kriegsministerium erwähnen.«
Auf dem Deck des französischen Flaggschiffs paffte Henri Seratard seine Pfeife und lachte mit dem russischen Minister. »Mon Dieu, mein lieber Graf, heute ist ein glücklicher Tag! Die Ehre Frankreichs wird durch ganz normale englische Arroganz gerächt. Sir William wird eindeutig scheitern. Das perfide Albion ist perfider denn je.«
»Ja. Schade nur, daß es ihre Flotte ist, und nicht die unsere.«
»Aber bald wird sie durch unsere und Ihre Flotte abgelöst werden.«
»Ja. Dann gilt also unsere geheime Übereinkunft? Sobald die Engländer abziehen, nehmen wir Japans Nordinsel plus Sachalin, die Kurilen und jene Inseln, die es mit dem russischen Alaska verbinden – Frankreich erhält den Rest.«
»Einverstanden. Sobald Paris mein Memorandum erhält, wird es ganz zweifellos auf höchster Ebene ratifiziert – insgeheim.« Er lächelte. »Wenn ein Vakuum entsteht, ist es unsere diplomatische Pflicht, es auszufüllen…«
Bei dem Salutschießen verbreitete sich eine ungeheure Furcht in Edo. Alle, die noch skeptisch gewesen waren, schlossen sich den Volksmassen an, die auf der Flucht mit den wenigen Habseligkeiten, die sie
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