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Gaisburger Schlachthof

Gaisburger Schlachthof

Titel: Gaisburger Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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nichts«, protzte der Ma cker in mir, um sogleich einen Vorstoß auf die verflixte Turnho sennaht zu wagen, die heiß zwischen festen Schenkeln verschwand. Für einen solchen Übergriff sah Gertruds soziales Repertoire nichts vor. Sie war keine Kämpferin, die sich für den Tag X im Park vorbereitete. Sie war starr wie ein Kaninchen in den Fängen des Wolfs. »Vertrauen Sie mir, Gertrud, nur dann kann ich Sie beschützen.«
    Da sprang hinter mir eine Tür auf. Vicky schoss hervor, sondierte die Lage, erkannte, was Sache war, griff in die Handtücher und schlug mir die Lappen um die Ohren.
    »Hör auf! Was soll das?«, schrie ich.
    »Du Sau! Seid ihr alle so? Einfach nur geile Fotzen?«, gellte Vicky, während Gertrud mir entwischte.
    »Es ist nicht so, wie du denkst!«, stotterte ich.
    »Ich dachte, wir seien Freundinnen!«
    Immerhin ging es ihr wieder besser. Der Zorn hatte sie aus dem Kreislauftief geschüttelt. Und jetzt wollte sie von mir erklärt haben, warum sie, wenn sie schon Lesben tolerierte, nicht auch das Schmachtziel einer zweideutigen Freundschaft sein durfte. Hässlich wie ich war, hätte ich mich glücklich schätzen können, wenn Vicky mich rangelassen hätte. Stattdessen ließ ich mich von Gertruds Spiegelfigürchen anmachen, gab mich der Lächerlichkeit preis und erhielt Prügel.
    »Das kann ich dir jetzt nicht erklären«, behauptete ich und floh. Im Eingang zur Maschinenhalle stolperte ich fast über den kleinen Martin, der artig an Webers Hand ging. Bellinda trug er auf dem Arm. Was auch immer er mir ansah, es spiegelte sich als rechtschaffene Verwunderung in seinem fantasielosen Gesicht. »Was ist passiert, Lisa?«
    Wieso nannte er mich auf einmal beim Vornamen?
    »Nichts!« Ich rannte weiter fort zur Treppe. Weber konnte nicht hinterher, denn er hatte zwei Kinder abzuliefern. Ich stürmte bis unters Dach. Erkaltende Schweißmoleküle strömten aus den leeren Dojos, die den zentralen Raum mit der kleinen Bar einschachtelten. Auf der Theke stand ein Schild: »Keine Selbstbedienung«.
    Ich ging trotzdem hinter die Theke und öffnete den Kühlschrank. In der Tür klapperten Flaschen mit Orangensaft, Ensinger Sport und Cola. Auf dem Zettel an der Wand standen Preise. Ich legte eine Mark fünfzig auf die Platte und genehmigte mir eine Cola. An der Wand zum Büro neben der Bar hing ein Plakat mit der Aufschrift: »Wer immer nur das tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.«
    Manchmal war es besser, etwas nicht zu können.
    Die Bürotür ging auf, und Katrin trat heraus. Das lange rotblonde Haar wallte offen über einem Kostüm aus herbstlaubfarbener Seide. Sie hängte sich silberne Ringe in die Ohrläppchen. Ihr Blick fiel auf meine Cola. »Ah, du weißt dir zu helfen.«
    Ich war nicht einmal geistesgegenwärtig genug, die Gala zu kommentieren, in der sie sich präsentierte, klein und schwindelerregend elegant, wie es nur mit einem Körper möglich war, der sich bis in den kleinen Zeh seiner austrainierten Lebendigkeit bewusst war.
    »Ist was?«, erkundigte sie sich.
    Ich schüttelte den Kopf. Wer so gestylt war, hatte keine Zeit für meine krausen Geschichten.
    »Ich habe mit Waldemar gewettet«, sagte sie, »dass du heute Abend hier aufkreuzt. Wenn du Horst zum Krüppel geschlagen hast, fress ich einen Besen. Dazu bist du nicht hart genug. Der Sieg ist eine Frage der Einstellung. Man muss ihn vorwegnehmen, mit allen Folgen. Wer gewinnt, hat Feinde. Aber du suchst Freunde. Dafür, dass man dich liebt, würdest du dich sogar totschlagen lassen.«
    Schade, dass Katrins Ehrenerklärung für mich zugleich ei ne Demontage meiner charakterlichen Reife war. »Aber«, gab ich zu bedenken, »ich habe Horst von hinten das Standbein weggefegt.«
    »Gratuliere. Damit musste Horst rechnen, wenn er schlecht trainiert den Kickboxer spielte. So ist das nun mal. Also hör auf, ein Gesicht zu machen wie Schuld und Sühne.«
    »Mach ich doch gar nicht. Er hat immerhin meiner Freundin das Kinn zerschmettert,«
    Katrin zeigte gelindes Erstaunen. »Ihr wart zu zweit? Aber dann kann Horst euch nicht ernsthaft ans Leder gewollt ha ben. Sonst hätte er ein Messer genommen. Er saß schon mal im Gefängnis, weil er jemanden abgestochen hat.«
    »Aber sie waren auch zu zweit.«
    »Es waren zwei?«
    »Aber ja! Und der andere war wirklich gut. Gegen den hat te ich überhaupt keine Chance. Wenn nicht der Hund gekommen wäre …«
    Der Hund interessierte Katrin nicht. Sie richtete die blauen Augen in gedankliche

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