GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
schlau und hat die Mistgabel dort hineingesteckt?" schimpfte ich. Mit einem festen Ruck zog ich an der Mistgabel und fiel rücklings auf den Boden.
An der Stalltür angelehnt, fing Aaron an, laut zu lachen.
„Sehr witzig, Aaron, anstatt so blöd zu schauen, hilf mir, aufzustehen!"
„Du bist so süß, wenn du dich aufregst", er unterdrückte ein weiteres Kichern, während er mir aufhalf.
„Hilf mir bitte, die Heuballen rüber zu den Boxen zu bringen", bat ich ihn.
„Wird sofort erledigt."
Gemeinsam machten wir uns an die Arbeit.
Ich schwieg die ganze Zeit und Aaron pfiff fröhlich vor sich hin. Nach getaner Arbeit ließen wir uns auf das Heu fallen. Es war schon fast Mittag. Mutter würde uns bald zu Tisch rufen. Während wir erschöpft dasaßen, fragte Aaron neugierig, was ich heute Nacht Schlimmes geträumt hätte. Aaron wusste über meine Träume Bescheid. Er war der Einzige, den ich eingeweiht hatte. Er war immer ein guter Zuhörer und er versuchte, mir zu helfen, die Träume zu verstehen. Ich informierte ihn über meinen gestrigen Traum, ließ aber die Sache in Jeremias Zimmer aus. Dies brauchte er nicht zu wissen.
„Was denkst du?", fragte ich stirnrunzelnd.
„Es ist wirklich seltsam. Ich verstehe, was du meinst mit den Parallelen. Gestern war ich auch sehr überrascht, als Brasne von den Weissagungen der Seherin erzählte. Ich musste sofort an deine Träume denken. Nun träumst du, dass Jeremia der Sohn von Jahred Nahal ist, der Herrscher aus dem Nachbarterritorium Cavalan. Jahred Nahal gibt es. Das wissen wir. Dass er einen Sohn mit dem Namen Jeremia hat, wusste ich nicht, aber wir erfahren ja auch nicht alles. Der Krieg ist vorhergesagt worden und in deinen Träumen sprachen sie auch darüber. Wie gesagt, es ist recht seltsam", schloss er.
„Was hat das alles zu bedeuten?" wollte ich wissen. „Ich bin doch keine Seherin."
„Vielleicht hast du eine andere Gabe.", antworte Aaron.
„Und welche sollte das sein?"
„Es gibt Geschichten über Seelenwanderer. Das habe ich in einem Buch gelesen, und Großvater hat mir Geschichten darüber erzählt."
„Von Seelenwanderern habe ich noch nie etwas gehört." Ich wurde hellhörig.
„Die gibt es auch nicht mehr, zumindest denken das die Leute. Vor langer Zeit gab es Seelenwanderer in allen Territorien. Sie zählten zu den Vertrauten der Herrscher und hatten sehr viel Macht, waren aber auch sehr gefürchtet."
„Warum waren sie gefürchtet?" Ich wollte mehr hören.
„Nun ja, man erzählte sich, dass, wenn ihre Körper ruhten, ihre Seele wanderte. So beobachteten und belauschten sie die Leute im Auftrag ihrer Herrscher. Mit ihren Informationen konnten die jeweiligen Herrscher Abtrünnige ausfindig machen und sie dann bestrafen oder sogar töten lassen. Die Angst der
Menschen wurde so groß, dass sie die Seelenwanderer jagten und ermordeten. Mit der Zeit gerieten Seelenwanderer in Vergessenheit."
„Das ist eine sehr traurige und grausame Geschichte, aber ich glaube nicht, dass ich eine Seelenwanderin bin."
„Warum glaubst du das?", wollte Aaron wissen.
„Weil ich in meinen Träumen nicht beeinflussen kann, wo ich hingehe. Ich habe noch nie zuvor von Jeremia gehört", erwiderte ich.
„Das mag sein, aber trotzdem wäre das eine Erklärung für das, was du erlebst."
Schweigend saßen wir da. So viele Gedanken schwirrten mir durch den Kopf. Konnte ich eine Seelenwanderin sein?
Und warum hatte ich noch nie zuvor davon gehört?
Mein Großvater hatte mir so viele alte Geschichten erzählt, warum nicht diese? So viele Fragen, die ich gerne beantwortet hätte. „Leihst du mir das Buch, in dem du über die Seelenwanderer gelesen hast", bat ich ihn.
„Natürlich, du kannst es haben, aber zerbrich dir bitte nicht zu sehr dein hübsches Köpfchen. Es wird einen Grund geben, warum das alles passiert und den wirst du früher oder später ergründen."
„Aaron, du brauchst dir keine Sorgen zu machen." Ich ergriff seine Hand, um ihn zu beruhigen. Aber meine innere Stimme sagte mir, dass ich insgeheim diese Sorgen teilte.
Wir hörten Mutter nach uns rufen. Langsam erhoben wir uns und kehrten zum Haus zurück.
Beim Mittagessen unterhielten sich alle angeregt. Nur ich schaffte es einfach nicht, den Gesprächen zu folgen. Meine Gedanken kreisten immer wieder um die Seelenwanderer.
Nach dem Essen überreichte Aaron mir auf seinem Zimmer das Buch. Jetzt brauchte ich ein stilles Plätzchen, und wie so oft, fand ich die Ruhe auf meiner kleinen Holzbank
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