GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
mir. Er lauschte.
Nahm er mich gerade wahr? Ich war wie gebannt und wartete ab, was er jetzt machen würde. Dann schüttelte er den Kopf und stand auf. Er ging einmal um das Bett herum und ließ das Handtuch fallen. Jetzt war er nackt. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss. Im gleichen Moment drehte er sich um und ich sah sein Hinterteil. Vor Scham wandte ich mich ab, hörte Schritte und sah, wie Jeremia die Bettdecke zur Seite zog und sich nackt unters Laken legte. Nur sein Oberkörper und sein Gesicht ragten heraus. Die Arme verschränkte er hinter seinem Kopf und so starrte er zur Decke. Der Ausdruck in seinem Gesicht war fahl und bekümmert. Was ging jetzt in ihm vor? Wie gerne würde ich seine Gedanken mit ihm teilen. Auch ich machte mir Sorgen. Was sollte ich jetzt tun?
Ich wechselte zur anderen Seite des Bettes und legte mich einfach neben ihn. Die ganze Nacht würde ich ihn anschauen und über ihn wachen, dachte ich mir.
Irgendwann schlief er ein und ich wachte auf.
Der Hahn krähte draußen. Schnell stieg ich aus dem Bett, denn es war schon spät für mich. Auch wenn die Sonne nur leicht sichtbar am Horizont stand, hätte ich längst meiner Mutter in der Küche helfen müssen. Das Leben auf einem Bauernhof begann sehr früh.
Ich war in meiner gestrigen Kleidung eingeschlafen. Schnell streifte ich mir den langen Rock und die Bluse ab, hüpfte rüber ins Bad und wusch mir die Augen und das Gesicht, während ich sehr intensiv an Jeremia dachte und an seinen vollkommenen, makellosen Körper.
Zurück in meinem Zimmer nahm ich Unterwäsche aus der Kommode, einen langen braunen Rock und eine weiße Bluse aus dem Kleiderschrank. Die getragene Wäsche legte ich in meinen Wäschekorb neben der Tür, zog mich an, bürstete mein Haar und band es zu einem Zopf zusammen. Ich setzte mich auf das Bett und streifte mir noch schnell meine braune Strumpfhose und meine Arbeitsstiefel über. Schon rannte ich hinunter in die Küche.
Meine ganze Familie saß schon am Frühstückstisch. Der Geruch von Kaffee und der Duft von frischem Brot drangen mir in die Nase.
„Guten Morgen, Liebes", wünschte mir meine Mutter.
„Guten Morgen, alle zusammen. Entschuldigt, dass ich verschlafen habe", nuschelte ich, da ich schon ein Stück Brötchen zwischen meinen Zähnen kaute. Ich war so hungrig.
„Hast du gut geschlafen?", wollte mein Bruder Brasne mit einem bissigen Unterton wissen.
„Ja, warum grinst du so hämisch?"
„Nur so!" Seine wilden Haarlocken standen ihm noch zu Berge. Er musste auch gerade erst aufgestanden sein. „Ich bin gestern Abend an deinem Zimmer vorbeigegangen, und dabei habe ich dich stöhnen gehört. Hattest du schon wieder einen Traum?"
Auch meine anderen Brüder fingen an zu grinsen, außer Aaron. „Lasst sie in Frieden", verteidigte er mich. „Ihr wisst ganz genau, dass sie seit Wochen unter ihren Träumen leidet."
„Woher sollten wir das wissen?", fragte Talon schelmisch und schob sich ein ganzes Spiegelei in den Mund. Fünf Eier zum Frühstück waren für meine Brüder nichts Ungewöhnliches. „Sie spricht toch mirtt diiich mur ... aaahhh heisssss..."
„Was??" Aaron lachte. „Du bist zu gierig, Talon!"
„Es reicht jetzt", herrschte mein Vater. „Wir sind schon spät dran. Talon und Theran, kümmert euch um die Saat, die wir eingekauft haben! Sie muss heute noch gesät werden. Ihr werdet heute den ganzen Tag damit zu tun haben. Jazem, hast du schon deine Sachen gepackt und die Unterlagen bereit gelegt?"
„Ja, Vater, ich habe auch das Pferd schon gesattelt und aus dem Stall geholt. Ich suche nur noch die Verträge raus, und bin in einer Stunde abreisefertig."
Mein Bruder Jazem musste für zwei Tage verreisen. In einer Nachbarstadt, einen Tagesritt von hier entfernt, wollte er sich mit einem Kaufmann treffen, um mit ihm Verträge auszuhandeln. Da die Strecke dorthin sehr weit war, würde er in einer Herberge übernachten.
„Casper, du hilfst heute deiner Mutter in der Küche und dann im Garten, und Aaron, du und Isma, ihr kümmert euch um die Tiere und den Stall!", ordne Vater an.
Alle standen auf und machten sich ans Werk.
Aaron und ich gingen hinüber in den Stall. Die Kühe mussten zuerst gemolken werden, danach brachte Aaron die vollen Milcheimer zu unserer Mutter in die Küche. Die Hühner wurden gefüttert und ebenso die Schweine.
Als Aaron zurückkam, kämpfte ich mit einer Mistgabel, die zwischen zwei Holzbalken steckte. „Mist, du blödes Ding, wer war so
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