GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
nicht, warum es Jeremia war, den ich besuchte, da ich ihn nie zuvor gesehen hatte. Wie konnte ich herausfinden, ob ich wirklich eine Seelenwanderin bin? Ich schloss mein Tagebuch und schob es unter mein Kopfkissen. Dann löschte ich das Licht und legte mich in mein Bett. Ich lag auf dem Rücken und starrte in die Dunkelheit.
Es gab nur eine Möglichkeit herauszufinden, ob ich eine Seelenwanderin war oder nicht. Ich musste mir eine Person vorstellen, die ich sehen wollte. Wenn ich es schaffen konnte, zu ihr zu gelangen, würde ich diese Gabe besitzen. Aber an wen sollte ich bloß denken?
Lange überlegte ich, bis mir eine Person einfiel, die ich persönlich nicht kannte, die ich aber gerne sehen wollte.
Narissa.
Ich wollte sie sehen. Wie sah sie aus? Leider konnte ich nicht einschlafen, ich war zu aufgeregt. Meine Gedanken kehrten immer wieder zu Jeremia zurück. Ich stellte mir sein Gesicht vor. Wie sehr wünschte ich mir, dass seine Hände mich berührten und seine weichen Lippen mich küssten. Wie konnte das sein? Warum fühlte ich mich so von ihm angezogen? Mir war bewusst, dass er mich niemals würde haben wollen. Ich war nichts Besonderes, und ich fand mich auch nicht schön.
Langsam wurden meine Lider schwer. Ich musste aufhören, an Jeremia zu denken.
Narissa, Narissa, an nichts anderes durfte ich jetzt denken! Und dann schlief ich ein.
Überrascht fand ich mich in einem riesigen Ballsaal wieder. Damen mit den schönsten und raffiniertesten Abendkleidern und Herren in maßgeschneiderten Smokings tummelten sich um mich herum. Vor einer großen Fensterfront, durch die das Mondlicht fiel, spielte eine Gruppe von Musikern auf ihren Instrumenten. Musik, Gelächter und Wortfetzen drangen an meine Ohren. Einige Paare schwangen ihr Tanzbein auf dem Parkett und andere Leute standen in Gruppen beisammen und plauderten angeregt. Was für ein herrliches Fest.
Ich fragte mich, warum sie so ausgelassen feierten. Wussten sie denn nicht, dass es bald Krieg geben würde?
Vollkommen irritiert nahm ich zur Kenntnis, dass dieser Traum so gar nicht meinen üblichen Träumen ähnelte, welche ich in den vorangegangenen Nächten hatte.
Langsam schritt ich den Saal ab und beobachtete die feine Gesellschaft. Dann meinte ich den Herrscher dieses Territoriums ausgemacht zu haben, denn er saß erhobenen Hauptes auf einem Thron im Zentrum des Geschehens. Zu seiner Linken, wie auch zu seiner Rechten sah ich zwei Frauen sitzen. Die ältere Frau zur Rechten musste seine Gemahlin sein, die andere und jüngere war wahrscheinlich seine Tochter, denn beide Damen hoben sich mit ihren königlich anmutenden Festgewändern und den wertvollen Schmuckstücken, die sie trugen, von der Gesellschaft ab. Die Jüngere trug ein goldenes, mit un-zähligen echten Perlen besticktes Kleid, das ein Vermögen wert sein musste. Es war einzigartig, sogar prachtvoller und glänzender als das der Herrscherin.
Ich stellte mir mich in diesem Kleid vor, wie ich den Stall ausmistete und die Schweine fütterte. Wie absurd. Bei der Vorstellung musste ich grinsen. Um etwas von der Unterhaltung der edlen Damen mitzubekommen, näherte ich mich ihnen zaghaft.
„Du hast es mir versprochen", sagte die junge Frau in dem goldenen Kleid fordernd. Sie musste in meinem Alter sein. Vielleicht ein oder zwei Jahre jünger.
„Ja, ich hatte es dir versprochen. Ich kann ihn aber nicht zwingen, an dem Ball teilzunehmen", entgegnete der Herrscher.
Erst jetzt sah ich, wie gebrechlich und alt der Mann aussah. Er schien erschöpft und müde zu sein.
„Vater, ich glaube nicht, dass du dich wirklich bemüht hast. Er hätte jetzt hier sein müssen, aber er ist es nicht, und das ist deine Schuld!" Dabei hob sie trotzig den Kopf.
„Narissa, Liebling, ich bin bereit alles zu tun, damit diese Verlobung zustande kommt. Ich habe mehrere Gespräche mit Jeremia und seinem Vater geführt. Ich habe ihnen sogar gedroht, dass ich mich mit Netan verbünden würde, wenn er nicht um deine Hand anhält. All dies hat Jahred und Jeremia nicht interessiert. Jeremia denkt, ihr würdet euch noch nicht gut genug kennen und deswegen wäre es verfrüht für einen Heiratsantrag. Kind, versteh doch, ich brauche jemanden, der meinen Thron an deiner Seite besteigen wird, denn ich werde nicht mehr lange sein", hüstelte er mit gebrochener Stimme. „Aber wir können Jeremia nicht zwingen."
„Natürlich kannst du ihn zwingen, Vater!" Wütend verschränkte sie die Arme vor ihrer Brust.
Das war also
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