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Galaxis Science Fiction Bd. 03

Galaxis Science Fiction Bd. 03

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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zu lesen, und Dramen langweilen mich. Aber ich muß bekennen, daß ich eine Schwäche für Verse habe. Ich liebe es, sie mir selbst laut vorzulesen und mich in den dahinrauschenden Rhythmus einer heldischen Ballade zu stürzen. Sobald allerdings ein Gedicht sanft und zart wird und seinen Sinn hinter einem Blätterwerk kleiner lyrischer Worte verbirgt, weiß ich nicht mehr weiter.«
    Sie sagte leise »Vielleicht kann ich Ihnen behilflich sein, ein paar dieser Gedichte besser zu verstehen?«
    Dann wartete sie. Sie hatte die Hände fest verschlungen, um zu verhindern, daß sie zitterten.
    »Das wäre sehr freundlich von Ihnen«, sagte er nach einer kleinen Pause. »Sie könnten mir in Ihrer Kabine vorlesen, und ich könnte in meiner Kabine zuhören und dabei fühlen, was Sie fühlen, wenn Sie sie lesen… oder falls Sie möchten…« – wieder ein Zögern – »… möchten Sie mich vielleicht besuchen?«
    Sie lächelte verstohlen. »Sie sind ein guter Gedankenleser. Es ist schwierig für ein Mädchen, vor Ihnen ein Geheimnis zu bewahren.«
    »Oh, bitte, verstehen Sie mich nicht falsch«, brachen seine Gedanken über sie herein, »aber ich bin so allein, und Sie sind der einzige Mensch, mit dem ich zusammengekommen bin und…«
    »Seien Sie nicht töricht«, lachte sie. »Natürlich komme ich zu Ihnen und lese Ihnen vor. Ich tue es gern. Welche Nummer hat Ihre Kabine?«
     



 
    »Sie hat keine Nummer. Ich muß Ihnen gestehen, daß ich hier auf dem Schiff arbeite. Ich wohne also nicht auf einem der Passagierdecks. Aber ich kann Sie leicht hinführen. Gehen Sie den Gang links hinunter.«
    »Mein lieber Herr«, rief sie. »Warten Sie doch eine Minute. Ich kann Sie ja schließlich nicht im Morgenmantel besuchen kommen. Ich muß mich erst umziehen. Aber während ich das tue, müssen Sie Ihre neugierigen Gedanken woanders hin spazierenführen. Wenn ich Sie dabei ertappe, daß Sie im unrechten Moment gucken, laufe ich schnurstracks zu Kapitän Blake und bitte ihn, eine mit Blei ausgeschlagene Spezialzelle für einen unglücklichen Telepathen einzurichten. Also jetzt fort mit Ihnen! Wenn ich fertig bin, werde ich Sie rufen, und dann können Sie mich zu Ihrer Kabine führen.«
    Er dachte nur das eine Wort: Schnell, aber in dem folgenden Schweigen glaubte sie ihr Herz zu hören, wie es bei jedem Schlag dieses Wort wiederholte.
    SIE lachte sich selbst aus. Jetzt höre auf, dich wie ein Schulmädchen zu benehmen, das sich auf seinen ersten Ball vorbereitet. Du mußt dich beeilen und dich waschen und umziehen, kämmen und bürsten. Und zu ihrem Spiegelbild sagte sie: »Bist du nicht ein Glückspilz? Du bist noch immer ein paar Lichtjahre von zu Hause weg, und schon lernst du einen Mann kennen, einen jungen, gut aussehenden Mann. Und er bleibt einige Zeit auf der Erde, und vielleicht arbeitet er an der Universität deiner Heimatstadt, wenn du ihm sagst, wie nett es dort ist. Und er kennt noch keine anderes Mädchen. Aber jetzt mußt du schnell machen, sonst wirst du nie fertig.
    Was meinst du, ist dieses Kleid nicht genau das Richtige zum Vorlesen von Gedichten, dieses sanfte blaue, das dir so gut zu deiner braunen Haut steht und auch etwas von deinen Beinen sehen läßt, die wirklich ganz hübsch sind? Und dazu die Silbersandalen und die kleine Silberspange. So, noch einen Tropfen Parfüm – das genügt – und ein bißchen Lippenrot. Du hast ein nettes Lächeln. So, das wäre alles. Jetzt hör’ auf, dich zu bewundern, und geh los!«
    Sie ging hinüber zu ihrem Bücherbrett, runzelte nachdenklich die Stirn, wählte da, verwarf dort, und hatte schließlich drei schmale Bändchen in der Hand. Sie holte ihre Handtasche und steckte die Zigarettendose hinein. Dann, mit einem kleinen Lachen, nahm sie eine der Zigaretten heraus und steckte sie in eine kleine Tasche ihres Kleides.
    Ich habe ihm eine versprochen, und die soll er auch haben.
    SIE öffnete die Tür ihrer Kabine und trat auf den Gang. Mit erwartungsfrohen Schritten lief sie an den immer noch geschlossenen Türen der anderen Kabinen vorbei zu dem kleinen Erfrischungsstand am Fuß der Speisesaaltreppe. Als der Mixer sie bemerkte, erhob er sich und kam zur Theke.
    »Ich möchte zwei eisgekühlte Sternenlicht, bitte«, sagte sie. »Auf einem Tablett.«
    »Zwei«, wiederholte der Mixer. Seine Augenbrauen hoben sich, blieben so für eine Sekunde und fielen dann wieder herunter, als wolle er damit sagen, daß er sich nach all den Jahren nicht mehr den Kopf über ein so junges

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