Galaxis Science Fiction Bd. 03
das nicht zu Fuß getan wie jeder andere gewöhnliche Sterbliche? Ist Ihr Gehirn so groß, daß Ihr Kopf zu schwer zum Tragen ist?«
»Unglücklicherweise«, sagte die Stimme bedauernd, »ist der Grund dafür nicht mein Kopf, sondern mein Fuß, Vor ungefähr einer Woche bin ich auf der Treppe zum Speisesaal gestolpert und hätte mir vielleicht dabei den Hals gebrochen, wenn ich nicht auf einem kräftig gebauten Steward gelandet wäre, der zufällig am Fuß der Treppe stand. Leider habe ich mir aber den Knöchel gebrochen, so daß ich meine Kabine nicht verlassen kann.
Ich habe niemand, mit dem ich reden, kann – außer dem Stewart, der mir meine Mahlzeiten bringt. Zufällig ist das der gleiche, mit dem ich auf der Treppe zusammengestoßen bin. So haben wir uns also nur wenig zu sagen. Morgens runzelt er die Stirn, mittags starrt er mich vorwurfsvoll an, und abends bemerkt er schadenfroh: ‹Na, ist der Fuß immer noch schlimm?‹ Deshalb hungere ich nach etwas Unterhaltung.«
Lenore lächelte leicht. »Ich könnte mich ja ein paar Minuten mit Ihnen unterhalten, aber Sie müssen zugeben, daß Sie mir gegenüber im Vorteil sind. Sie können mich sehen – jedenfalls sagten Sie so etwas –, ich aber habe nicht die leiseste Ahnung, wie Sie aussehen. Das ist nicht fair.«
»Ich kann mich Ihnen zeigen, wenn Sie wollen«, sagte er, »aber Sie müssen dabei helfen. Schließen Sie die Augen, und konzentrieren Sie sich!«
ERWARTUNGSVOLL schloß sie die Augen. Einen Augenblick lang starrte sie ins Dunkel, dann erschien in der Mitte dieser Dunkelheit ein kleiner glänzender Punkt, wurde zu einer Kugel, zu einem riesigen Ballon aus Licht und Farbe. Plötzlich blickte sie in eine Kabine, die mitten im Raum zu hängen schien. Und an einen Stuhl gestützt stand ein gutaussehender junger Mann in einem extravaganten orange und schwarz gemusterten Morgenmantel.
Sie öffnete die Augen. Ein paar wenige Sekunden lang hing das Nachbild des jungen Telepathen noch über Ihrer Couch, dann verblaßte es, und die Kabine war wieder leer.
»Ein Bild zu übertragen ist furchtbar anstrengend«, kam sein Gedanke, »besonders wenn ich außerdem noch auf einem Fuß balancieren muß. Nun, jetzt sind wir quitt, nicht wahr?«
Sie verließ ihren Platz an der Tür und setzte sich auf die Couch. »Eigentlich bin ich etwas enttäuscht«, sagte sie scherzend. »Ich war überzeugt, daß Sie mindestens zwei Köpfe hätten. Aber Sie haben nette Augen und einen schrecklichen Geschmack in Morgenmänteln.« Sie nahm eine Zigarette aus der Dose auf dem Tisch und zündete sie an. Dann entsann sie sich ihrer guten Manieren und streckte neckend die Dose in die leere Luft. »Darf ich Ihnen auch eine anbieten?«
»Ich würde schon eine nehmen. Zufälligerweise habe ich keine mehr. Aber ich fürchte, ich muß warten, bis mir der Steward mein Essen bringt, es sei denn, Sie können mir den Rauch durch die Ventilatoren zublasen oder – mir eine bringen.«
Lenore errötete und wechselte das Thema. »Erzählen Sie mir etwas von sich. Was tun Sie so den ganzen Tag in Ihrer Kabine? Lesen Sie? Oder spielen Sie vielleicht Flöte? Oder telepathieren Sie über die Lichtjahre hinweg einer Freundin auf Dekkers Stern süße Nichtigkeiten zu?«
»Ich fürchte, meine telepathischen Kräfte reichen nicht so weit«, sagte er. »Außerdem, welches junge Mädchen würde sich mit mir über die Tiefen des Raumes hinweg unterhalten, wenn ein anderer junger Mann sie zum Tanzen auffordert? Und meine musikalische Begabung ist begrenzt. Ich verbringe die meiste Zeit mit Lesen. Ich habe ein paar Bücher bei mir, die ich für die Forschungen brauche, die mir auf der Erde zu meinem Doktorgrad verhelfen sollen, und ich habe schon manche kurzweilige Stunde damit verbracht, mich mit Werken wie: Außerirdische Insekten oder Galaktische Spinnentiere auseinanderzusetzen.«
»Ich glaube, meine Bücherei ist reichhaltiger als die Ihre. Vielleicht könnte ich Ihnen das eine oder andere meiner Bücher leihen. Ich habe Romane, Dramen, Gedichtbände. Außerdem noch ein sehr interessantes Buch: Schulmethoden unter Randsternbedingungen.« Ihre Stimme senkte sich zu einem bloßen Flüstern: »Was dieses Buch betrifft, muß ich Ihnen allerdings ein Geheimnis verraten.«
»Und was wäre das?« »Ich habe es noch nicht einmal aufgeschnitten.«
SIE lachten beide wie Kinder – ihr Gelächter hallte innerhalb ihrer Kabine wider, das seine innerhalb ihres Kopfes.
»Nun, ich habe keine Zeit, einen Roman
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