Galaxis Science Fiction Bd. 03
Essen?«
»Davon werden mich keine zehn Pferde abhalten können«, versicherte er ihr.
Sie war schon fast zur Tür hinaus, als sie noch einmal kehrt machte, zu Tonys Schreibtisch ging und eine seiner Essenmarken herausholte. »So, du zahlst schon im voraus, siehst du«, erklärte sie lächelnd.
»Nun, das wird es bestimmt wert sein.« Tony hielt ihr höflich die Tür auf, eine Gewohnheit, die er immer noch nicht verloren hatte, trotz der innerhalb der Kolonie propagierten Gleichheit der Geschlechter.
Dann suchte er sich etwas zu essen. Es waren noch ein paar Überbleibsel von gestern abend da – Gerstengrütze, die er aufwärmte und hastig hinunterlöffelte. Dann schaute er noch einmal zu Polly hinein und machte sich auf den Weg zu Porotzkys Haus, um Gladys zu holen.
MIT ihren vierzehn Jahren war Gladys das älteste Kind der Kolonie – keiner der Erwachsenen war über fünfunddreißig – und ihre Stellung war halbwegs die zwischen einer vollen Arbeitskraft und einem Mädchen für alles. Sie war alt genug, um überall mit zupacken zu können, aber doch wieder noch zu jung, um schon mit einer selbstverantwortlichen Aufgabe betraut zu werden. Im Augenblick war sie, wie Tony herausfand, drüben bei den Radcliffs und leistete Joan Gesellschaft. Dort wollte Tony sowieso seinen nächsten Besuch abstatten.
Wenn sie die Kolonie aufgeben und den Mars verlassen müßten, würde das zumindest ein Gutes haben, dachte er. Joan Radcliffs Leben würde damit gerettet werden. Aber vielleicht, so überlegte er weiter, würde sie dann auf der Erde an gebrochenem Herzen sterben, so sicher wie hier an – er wußte nicht, an was. Joan, seine tapferste Patientin, lebte nur noch für den Erfolg der Kolonie auf dem Mars, und konnte doch nichts zu diesem Erfolg beitragen. Denn das Leben auf dem Mars tötet sie allmählich.
Wenn er nur wüßte, an welcher Krankheit sie litt, dann würde er ihr vielleicht helfen können. Aber er hatte keine Ahnung, und vorläufig blieb ihm nichts anderes übrig, als die Symptome ihres rätselhaften Leidens getreulich zu notieren und verschiedene Heilungsmethoden auszuprobieren, bis er zufällig eine fand, die wirkte. Oder bis er hundertprozentig wußte, daß keine wirken würde.
Ihre Krankheit erinnerte an eine Allergie und an eine Herzkrankheit und eine Infektion, bei der der Parasit völlig unbekannt war, Tony hatte nicht einmal einen Namen, den er der Krankheit geben konnte.
Genau zwei Tage, nachdem sie und Hank, ihr Mann, mit der Zubringerrakete angekommen waren, hatte sich Joan niedergelegt. Und wenn Tony nicht bald eine, Besserung bewirken konnte, sah es aus, als ob sie mit der nächsten Rakete wieder nach Hause müßten.
Tony biß noch einmal niedergeschlagen auf das Mundstück seiner leeren Pfeife, dann steckte er sie weg und betrat das Schlafzimmer der Radcliffs.
»Nun, wie geht’s?« Er stellte seine Tasche auf dem Tisch ab und setzte sich zu Joan auf den Rand ihrer Koje.
»Nicht sehr glänzend.« Sie mußte sich um ein Lächeln quälen. »Ich scheine mich einfach nicht akklimatisieren zu können. Ich habe so ein Gefühl, als ob mein Bett voll trockener Kekskrümel und zerbrochener Seemuscheln wäre.«
Sie begann zu husten, kurze trockene Stöße, die ihren dünnen Körper hin und her warfen, der unter der geringen Schwerkraft des Mars bald so leicht wie eine Feder war.
Kekskrümel und Seemuscheln!
Manchmal hatte es den Anschein, als ob diese verdammte Krankheit auch das Gehirn in Mitleidenschaft ziehen würde. Es war schwer, zwischen bloßer Müdigkeit, Fieberdelirium und den Verzerrungen einer beginnenden Geisteskrankheit zu unterscheiden.
Der Anfall ging vorüber, und sie kämpfte einen erneuten Hustenreiz, nieder. Tony beobachtete sie aufmerksam. Er wußte, was für eine Willenskraft dazu gehörte, gegen die kurze trügerische Erleichterung eines Hustenanfalls anzukämpfen, nur um dadurch vielleicht ein ganz kleines bißchen früher gesund zu werden. Und ein guter Kolonist muß gesund wurden und bleiben, denn nur Gesunde konnten der gemeinsamen Idee nützen.
Alles für die Kolonie. Und für Hank, ihren Mann. Joan gehörte zu jenen mageren, aber entschlossenen jungen Leuten, die auf ein Mittagessen verzichten, um das erübrigte Geld einer guten Sache opfern zu können. Es hatte bestimmt den Verzicht auf viele Mahlzeiten gekostet, um sie und Hank als Genossenschafter auf den Mars zu bringen, machte sich Tony klar. Aber sie hätten sich bestimmt niemals mit weniger zufrieden
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