Galaxis Science Fiction Bd. 04
zu dem Riesenschiff, das gleich hinter den Narrows vor Anker lag. Es stellte sich heraus, daß es gleichzeitig als eine Art Fort und als Verwaltungssitz der Bundespolizei diente. Die Fahrt nach dorthin war nicht aufregend. Das Wasser allerdings hatte eine schlammige Farbe und stank entsetzlich, wenn es ab und zu über das Dollbord spritzte. Aber da wir nicht schnell fuhren, kam nicht viel über, und das war gut so.
Dankbar wandte ich mich an den Polizeioffizier, der das Bootskommando befehligte. »Vielen Dank, daß Sie uns die beiden vom Hals geschafft haben. Die Kerle konnten einfach nicht begreifen, was ich ihnen sagen wollte. Wenn Sie mich mit einem Wissenschaftler zusammenbringen können, bin ich überzeugt, daß ich alles zufriedenstellend erklären kann. Sehen Sie, wir haben Untersuchungen über die Möglichkeiten eines Einbruchs in Nebenzeitlinien angestellt. Sehr wichtige Untersuchungen. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, daß jeder augenblicklich lebende Mensch sein Leben uns zu verdanken hat. Verstehen Sie? Es ist also …«
Er unterbrach mich: »Wieviel Benzin haben Sie?«
Er war eine offensichtliche Zeitverschwendung, sich mit diesem Burschen noch weiter abzugeben.
Also schwieg ich über den Rest der Fahrt.
Die Polizisten hatten nicht zugelassen, daß Marin oder Lee auf unserem Schiff zurückbleiben durften. Ich verspürte eine leichte Nervosität, als ich mir ausmalte, was das Prisenkommando alles mit unserem Reaktor anstellen könnte, aber als ich meine Befürchtungen Lee gegenüber äußerte, beruhigte er mich.
»Momentan ist nicht mal so viel Kraft drin, um einer Fliege etwas zu tun. Der Stromstoß hat alles aufgebraucht.«
»Aber angenommen, sie laden den Reaktor wieder auf?«
»Womit? Das Reservematerial lagert an einer ganz anderen Stelle. Sie werden gar nicht erkennen, daß das Zeug eine Art Treibstoff sein kann.
Nein, mache dir keine Sorgen, Jom! Vielleicht werden sie ein bißchen an den Instrumenten herumspielen, jedenfalls aber kommt es zu keiner Atomexplosion. Reg dich nicht unnütz auf. Schau dich um und freue dich. Das ist sie, Jom, das ist die Welt, von der wir geträumt haben. Sie ist nicht länger mehr eine Atomruine. Sie ist frei, unbefleckt und unverdorben.«
Ich warf ihm einen mißtrauischen Blick zu, aber er schien zu meinen, was er sagte. Weder in seinen Augen noch in seiner Stimme konnte ich eine Spur von Spott entdecken. Ich gab mir innerlich einen Ruck und sagte mir, daß er eigentlich recht hatte. Die Dinge entsprachen zwar nicht ganz meinen Erwartungen. Ich hatte nicht mit so viel Menschen gerechnet – viel mehr davon, als in den Geschichtsbüchern erwähnt waren – oder mit der offensichtlichen Rohstoffknappheit. Aber das New York dieser Welt zeigte wenigstens keine Strahlungswunden, und wenn Ziel Nummer Eins nicht bombardiert worden war, dann war sicher auch die restliche Welt verschont geblieben.
Ich befolgte also Lees Rat. Ich zerbrach mir nicht länger mehr den Kopf, sondern harrte heiteren Gemüts der Dinge, die da kommen sollten.
Bis sie endlich meinem Wunsch entsprachen und mich nach ärgerlichem Hin und Her mit einem Physiker zusammenbrachten, dessen Spezialfach Atomkernforschung war.
»SO!« zischte er, und seine Augen blitzten mich hinter seinen dicken Brillengläsern an. »Sie geben also zu, daß Sie Geheim-material an Bord Ihres Schiffes haben.« Die silbernen Rangabzeichen auf seinen Kragenspiegeln glitzerten und tanzten, während er ein paarmal aufgeregt schluckte.
Ich sagte müde: »Ich sagte Ihnen schon, es ist nichts Geheimes an der Sache.«
Er starrte mich einen Augenblick sprachlos an. »Nichts Geheimes an einem Atomreaktor?« begehrte er schließlich auf. Nur sprach er den Satz so aus, als ob er hinter jedes Wort einen Punkt setzen würde. »Nichts. Geheimes. an einem. Atomreaktor?«
»Natürlich nicht. Jedenfalls nicht, wo wir herkommen. Ich meine…«
»Genug!« schnitt er mir das Wort ab. »Ich sage nur zwei Namen. Der eine ist: V. S. Kretchwood. Und der andere…« – er schaute mich durch seine Brille lauernd an – »ist Brasilien. Habe ich recht?«
»Womit?« fragte ich verständnislos.
»Versuchen Sie nicht, mich zum Narren zu halten. Sie kommen aus Brasilien, und Ihr Reaktor beruht auf Kretchwoods Erstem Gesetz. Wollen Sie das etwa leugnen?«
Ich schluckte meinen aufsteigenden Ärger hinunter und versuchte, ihm gut zuzureden. »Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie in Brasilien gewesen. Ich weiß, wo es liegt, ja. Es
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