Galaxis Science Fiction Bd. 04
Drittel Schwerkraft. Ich setzte Greenville in der Schleuse ab und öffnete das kleine Testventil in meinem Helm, um die Luft zu prüfen. Sie war kalt und roch etwas nach Methan. Irgendwo mußte also doch ein Leck sein, aber sicher nur ein kleines. Dann schloß ich die innere Schleusentür.
»Wir haben genügend Zeit, um uns Ihr Bein anzusehen, bevor die Luft ungenießbar wird«, sagte ich zu Greenville. »Ich helfe Ihnen beim Ausziehen.«
Er saß mit ausgestreckten Beinen auf dem Metallfußboden der Schleuse und rollte sich erst auf die eine, dann auf die andere Seite, so daß ich seinen Anzug herunterstreifen konnte. Dann riß ich seine Uniformhose herunter.
Ich bekam einen bösen Schreck, als ich den Bruch sah. Es war ein schlimmer komplizierter Doppelbruch. Er hatte schon eine Menge Blut verloren, und wir durften keine Zeit verlieren, das Glied abzubinden. Er mußte das selber tun, denn die Panzerhandschuhe meines Anzuges waren viel zu plump für diese Arbeit. Er drehte einen Streifen seiner Hose zusammen und band ihn oberhalb der Wunde um sein Bein. Der rhythmisch hervorquellende Blutstrom versiegte zu einem schwachen Sikkern.
Ein Hustenanfall erschütterte seinen Körper, und er fing an, sich die Augen zu reiben.
»Gerade noch rechtzeitig fertig geworden«, keuchte er und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Methan ist schon schlimm genug, aber jetzt habe ich ein paar Atemzüge voll Ammoniak abbekommen. Brennt auch in der Wunde wie verrückt. Helfen Sie mir beim Anziehen.«
EIN heftiges Hämmern gegen die geschlossene Innentür sagte uns, daß Dagmar inzwischen ihre Tränen getrocknet hatte und für eine neue Szene bereit war. Die Sprechanlage des Schiffes war kaputt, und ihr Helmradio hinter der Stahltür war nutzlos; aber als ich das Handrad aufgedreht hatte und die Tür aufdrückte, klang mir schon ihr ärgerliches Schimpfen in den Ohren.
»… allein hier draußen. Das schwöre ich dir, Wolseley. Eines Tages werde ich es dir heimzahlen, daß du mich auf diese idiotische Fahrt mitgeschleppt hast.«
»Ruhig, Kind!« sagte ich. »Wir befinden uns jetzt außer Gefahr, und ich mußte Greenville mit seinem Bein behilflich sein.« Ich versuchte, so sanft wie möglich zu sprechen. »Komm, wir gehen jetzt nach draußen und wollen einmal sehen, ob wir nicht vielleicht die Siedlung entdecken können.«
Ich hob Greenville wieder hoch, während er ärgerlich protestierte, daß in der geringen Schwerkraft des Titan ein Bein zum Gehen völlig genügte.
»Es hat wohl sowieso keinen Zweck, wenn wir nach draußen gehen«, fügte er hinzu. »Der Horizont ist so nahe, daß wir höchstens zwei Kilometer weit sehen können. Es bleibt uns nichts übrig, als zu warten, bis sie uns holen kommen. Wir haben nicht die leiseste Chance, die Siedlung allein zu finden.«
Inzwischen hatte Dagmar auch die äußere Schleusentür geöffnet. Alle Raumschiffschleusen öffnen sich nach innen. Das hat zwei Gründe. Erstens preßt der innere Luftdruck die Tür fest gegen die Außenwand und schließt sie so fest ab. Zweitens – und das hier war solch ein Fall – wird dadurch in Notlagen ein Entkommen erleichtert. Titans Oberfläche besteht hauptsächlich aus Eis mit freiem und gebundenem Ammoniak dazwischen.
Das Ammoniak ist natürlich auch gefroren. Unser rotglühendes Schiff hatte sich, wie zu erwarten war, in dieses Eis eingebohrt. Ich schätze, daß wir ungefähr drei Meter eingesunken waren, so daß ich mich, hätte ich die Schleuse nach außen geöffnet, unmöglich hätte nach draußen drängen können.
Ich schob Greenville zur Oberfläche empor, dann streckte ich Dagmar meine Hand entgegen. Sie nahm sie, rannte leichtfüßig an mir vorbei und lächelte mir zu. Wir schauten uns eifrig nach irgendeinem Zeichen von Leben um.
Ich zog mich auf den Rumpf des Schiffes hoch, aber ich konnte immer noch nichts sehen außer zerklüfteten Eisgebirgen, deren Kristalle im kalten Licht der fernen Sonne glitzerten. Ich rutschte wieder herunter zu den anderen.
Dagmar räusperte sich. Möglicherweise wollte sie gerade eine drastische Bemerkung über meine Wahl eines Landeplatzes oder Greenvilles Begabung als Pilot machen, als unsere Helmradios zum Leben erwachten.
»Hallo, Raumschiff! Hören Sie mich? Alles in Ordnung?«
Ich bedeutete den anderen, ruhig zu sein, und antwortete.
»Raumschiff Ether Master hier. Wir hören Sie. Wir sind unten im Eis. Das Schiff mußte notlanden, und der Pilot ist verletzt, aber wir sind alle am Leben.
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