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Galaxis Science Fiction Bd. 13

Galaxis Science Fiction Bd. 13

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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nicht erwartet habt. Ihr wurdet beide von einer Mutter und einem Vater gemacht. Jot und ich sind nur hier, um dafür zu sorgen, daß ihr beide groß werdet und gesund bleibt und stark und klug werdet. Dein Vater und deine Mutter, Paul, und auch deine, Helen, sind tot. Einmal lebten hier zwanzig Leute, doch sie sind jetzt alle tot.«
    »Wir wissen, was das heißt, Em«, sagte Helen. »Nicht lebendig – wie die Matte und der Stuhl. Aber wo sind sie! Warum sind sie nicht hier, auch wenn sie tot sind?«
    Em sah mit einem Gefühl von Erleichterung, daß sie noch keine wirkliche Vorstellung vom Tode hatten. Vielleicht würde es doch nicht so schwierig sein. Das konnte ihnen alles später erklärt werden, wenn ihnen gesagt worden war, warum es so wichtig war, am Leben zu sein. Oder würden sie das noch für wichtig halten, nachdem sie berichtet hatte, was sie ihnen berichten mußte?
    »Weil die Toten nichts bei den Lebendigen zu suchen haben. Das heißt, außer in ihren Gedanken. Jot und ich denken oft an eure Eltern und an die anderen, die mit ihnen waren. Nicht wahr, Jot?«
    »Wie? Oh ja, ja.«
    »Weil sie auch uns gemacht haben«, fuhr Em fort. »Nun ja, nicht eure richtigen Vater und Mütter, aber andere kluge Leute genauso wie sie. Wir sind dankbar und glücklich, daß sie uns gemacht haben. Deshalb sind wir auch glücklich, daß wir für euch sorgen können. Und deshalb müßt ihr versuchen, genauso klug zu werden wie sie.«
    Die Kinder blickten erstaunt und verwirrt.
    »Du meinst«, piepste Paul, »damit wir dann auch Leute wie dich machen können?«
    »Nein, das meinte ich nicht«, sagte Em. »Ihr werdet andere machen müssen, Leute wie euch selbst.«
    ,,Aber das können wir doch nicht«, sagte Helen bestürzt. »Wir sind nicht klug genug.«
    »Ich glaube nicht«, sagte Em, »daß ihr dazu klug sein müßt, wenn die Zeit kommt. Doch es gibt noch andere Gründe, warum ihr klug sein müßt.« Sie stand auf und ging durch das Zimmer zu der großen Tür. »Kommt mit«, sagte sie.
    SIE standen einen Augenblick regungslos da und schauten ihr nach und glaubten ihren Augen nicht zu trauen. Dann rannten sie hinter ihr her, wobei sie aufgeregt durcheinanderriefen.
    »Em, nimm uns mit nach draußen!«
    »Dürfen wir auf die Bäume klettern, Em?«
    »Gibt es dort Läden, wo man kaufen kann?«
    Sie wandte sich um, eine Metallhand ruhte noch auf dem Riegel, und schaute zu ihnen herunter, wie sie aufgeregt um ihre Beine zappelten.
    »Dort draußen gibt es keine Bäume – und auch keine Läden.«
    Sie starrten empor zu ihr in plötzlicher Enttäuschung. Sie standen da wie gelähmt.
    »Dann – dann sind es alles Lügen in den Büchern?« sagte Paul langsam.
    »Nein, es sind keine Lügen. Es ist nur, daß wir sie jetzt nicht haben können. Sie liegen in der Vergangenheit.«
    »Du meinst, wie die Märchen. Es war einmal. Alles: es war einmal?«
    Und Helen sagte: »Es ist gar nichts da?«
    Em blickte Jot an, während sie langsam sagte: »Ich sagte euch ja, ihr würdet Dinge hören, die ihr nicht erwartet habt. Wollen wir lieber umkehren?«
    Sie schaute von einem zum andern. Sie hatte erwartet, daß sie Angst haben würden. Aber sie hatte den Einfluß unterschätzt, den das Leben in einem engen, begrenzten Raum auf sie ausgeübt hatte. Ihre Begierde, ihn nun am Ende doch verlassen zu können, war größer als alle Furcht.
    »Nein, Em, bitte nicht«, sagte Paul.
    »Nein, bitte nicht, Em«, sagte Helen. Während sie den Riegel zurückschob, hatte sie das gleiche Gefühl wie damals, als die letzten Menschen gestorben waren. Das Gefühl der Unzulänglichkeit. Das beunruhigende Wissen, daß, wenn man mit toten Gegenständen operierte, zwei und zwei vier macht und nichts anderes, aber daß bei Menschen, selbst bei kleinen Menschen – ganz besonders bei kleinen Menschen – die Antwort grundlegend verschieden ausfallen könnte.
    Sie drückte die Tür auf. Schwach beleuchtete Korridore lagen vor ihnen.
    »Oh!« riefen sie, und es klang enttäuscht.
    »Kommt«, sagte sie schnell. Sie nahm ihre Hände. Dann bemerkte sie, daß Jot nicht mit ihnen zur Tür gekommen war. Er war verlegen zurückgeblieben. »Kommst du nicht mit, Jot?«
    »Oh, doch, doch«, sagte er und stampfte hinter ihnen her.
    »Keine Dummheiten jetzt«, sagte sie zu den Kindern. »Laßt meine Hände nicht los.«
    Während sie den Korridor hinunterschritten, sagte Helen: »Ich fühl' es.«
    »Jetzt fühl' ich es auch«, sagte Paul.
    Das feine Vibrieren der Maschinen wurde

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