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Galaxis Science Fiction Bd. 13

Galaxis Science Fiction Bd. 13

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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Unglück schon geschehen. »Ich werde ein Glas mit Wasser füllen, und du kannst sie neben dein Bett stellen. Was meinst du?«
    »Oh, danke, Em, danke!« Sie sprang auf sie zu und umarmte sie. Em hob sie behutsam hoch, aber hielt sie mit ausgestreckten Armen von sich. Andernfalls, das wußte sie, hätte das Kind ihr einen Kuß zu geben versucht, denn sie war impulsiver, überschwenglicher veranlagt als der Junge. Und der Gedanke, daß sie das einzige war, was das Kind an Stelle einer Mutter küssen konnte – nur kaltes hartes Metall – führte ihr mehr denn je ihre Unzulänglichkeit vor Augen. Und ob nun von ihr ein solches Gefühl erwartet wurde oder nicht – sie hatte es jedenfalls, und viel zu oft.
    Als sie Helen wieder absetzte, bemerkte Em den enttäuschten Ausdruck, der immer in ihre Augen kam, wenn sie ihre kindliche Überschwenglichkeit dämpfen mußte. Doch der Blick, den sie Em zuwarf, bevor sie sich umwandte, um Jot in den Schlafraum zu folgen, war ein wenig anders als jeder andere, den Em früher an ihr beobachtet hatte.
    EM stand da und schaute ihr nach. Tatsächlich schaute sie ihr immer noch nach und stand immer noch so da in der gleichen schwerfälligen maschinenhaften Haltung, als Jot zurückkam. Als er sich hinsetzte, nahm auch sie in einem Stuhle ihm gegenüber Platz. Sitzen war eine Angewohnheit, die beide vor langer Zeit von den Menschen übernommen und auch beibehalten hatten, nachdem die Menschen gestorben waren.
    Jot bewegte sich. »Helen wollte heute keine Geschichte hören«, sagte er.
    »So«, sagte sie. Ein langes Schweigen trat ein.
    »Em«, sagte er schließlich. »Du bist mir doch nicht wirklich böse, oder? Wegen der Blumen, meine ich.«
    »Ich meine, du bist ein Dummkopf, das ist alles«, sagte sie. »Wir können es uns nicht leisten, ein solches Risiko einzugehen. Bazillen, Sporen – wir können einfach nicht wissen, was das für Folgen haben kann.«
    »Aber wir haben sie doch gegen alles geimpft. Hast du das vergessen, Em? Hab ich sie nicht gehalten, während du sie geimpft hast?«
    »Oh, hör auf damit«, sagte sie ärgerlich. Natürlich hatte sie das nicht vergessen. Wie konnte sie das? Wie konnte sie jene ersten Jahre vergessen, in denen es so viele Dinge gegeben hatte, die einige letzte eilig gegebene Instruktionen ihr aufgebürdet hatten und die sie nicht vergessen durfte. Wie man Babies zu wickeln und zu baden hat mit Händen, die niemals für eine solche Arbeit gedacht gewesen waren. Wie man sie durch alle Kinderkrankheiten bringt, die trotz aller Impfungen kamen. Wie man ihnen Dinge beibringt, die man selbst nie gelernt hat, weil sie entweder nicht notwendig oder eingebaut waren.
    Ein Nervenzusammenbruch ist für einen Roboter unmöglich, denn das Nervensystem eines Roboters ist nicht wie das eines Menschen. Aber ein menschliches Baby aufzuziehen, das war eine fast hoffnungslose Aufgabe für einen Roboter, dachte Em. Und wenn auch ein Nervenzusammenbruch ausgeschlossen war, so gab es doch andere Möglichkeiten. Eine Vorstellung besonders verfolgte sie und ängstigte sie – das phantastische Schreckensbild ihrer selbst, wie sie unter der Anspannung explodierte, wie Räder und Federn und synthetische Gehirnzellen in alle Richtungen auseinanderflogen.
    DAS war das Bild, das jetzt wieder vor ihren Augen stand und sie quälte und ängstigte.
    Mit Jot war es eine andere Sache. Sie betrachtete ihn, Wie er so dasaß – still und gedrückt nach ihrer scharfen Zurechtweisung. Ihre Gedanken wanderten zurück zu jenen ersten Tagen, den allerersten Tagen, bevor diese große Bürde der Verantwortung auf ihre Schultern gelegt worden war.
    Wie sorglos hatten sie damals alle gelebt! Die Art und Weise zum Beispiel, wie die Menschen sie und Jot wie Mann und Frau behandelten. Es war nur ein Zufall, daß die Vorsilbe von Jots Seriennummer ein Männername sein konnte und die ihre der einer Frau. Da er ein älteres Modell war – was die alphabetische Reihenfolge erklärte – war er ungelenker, massiver, untersetzter, während sie wohlgeformter, kleiner, beweglicher war. Auch mit einer zarteren Stimme ausgestattet. Aber daneben besaß sie auch einen schneller funktionierenden Verstand, ein sanfteres Wesen und ganz gewiß die größere Veranlagung, sich Sorgen zu machen. Es war er gewesen, der an den Spaßen der Männer teilgenommen und ungelenke Tänze aufgeführt hatte, um jedermann aufzumuntern, wenn sich die Stimmung einmal auf einem Tiefpunkt befand. Inzwischen hatte sie Kochen gelernt,

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