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Galaxis Science Fiction Bd. 15

Galaxis Science Fiction Bd. 15

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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armselige zerbrochene Gestalt ohne jedes Leben. Ein leeres Gehäuse, verlassen von seinem Bewohner.
    Er trat zu ihr. Eine Weile lang kauerte er neben ihr und schaute sie mit leeren Augen an. Dann beugte er sich vor, nahm sie in seine Arme und kam torkelnd auf die Füße.
    »Komm«, sagte er zu Tim. »Wir wollen gehen.«
    Sie gingen eine lange Zeit. Big Noodle hatte sie zwischen den Dörfern abgesetzt, in dem schwülen Chaos der Wälder von Proxima IV. Einmal machten sie in einer Lichtung Rast und ruhten sich aus. Hinter der Linie der Bäume, die in der Hitze ihr Blattwerk traurig hängen ließen, stieg tänzelnd eine Rauchsäule auf. Ein Meiler vielleicht. Oder jemand, der den Busch niederbrannte. Er nahm Pat auf und setzte seinen Weg fort.
    Als er zwischen brechenden Zweigen aus dem Unterholz hinaus auf die Straße trat, standen die Dörfler da wie von Furcht gelähmt. Einige schlugen sich in die Büsche, ein paar blieben stehen und starrten den Mann und den Jungen entgeistert an.
    »Wer sind Sie?« wollte einer wissen und griff nach einem Schlagmesser. »Wen tragen sie da?«
    Sie holten einen Wagen, gestatteten ihm, Pat hinten zwischen der Last grob zubehauener Baumstämme abzusetzen, und fuhren ihn und Tim zum nächsten Dorf. Es war nicht weit, vielleicht fünfzig Kilometer. Aus den Gemeinschaftsvorräten gaben sie ihm grobe Arbeitskleidung. Dann bekam er zu essen, und eine Dorfversammlung wurde einberufen.
    Sie saßen um einen riesigen rohgezimmerten Tisch, der noch die Überreste des Mittagsmahls trug. Er kannte ihren Entschluß; er konnte ihn mühelos voraussehen.
    »Sie kann keinem mehr helfen, der schon so lange tot ist«, versuchte ihm der Dorfälteste klar zumachen. »Und das Gehirn des Mädchens und der größte Teil des Rückenmarks sind nicht mehr da.«
    Er hörte zu, ohne etwas zu sagen. Danach überredete er sie, ihm ein altes Auto abzulassen, packte Pat und Tim hinein und fuhr los.
    IHR Dorf war durch Kurzwellenradio schon von seinem Kommen unterrichtet. Wilde Hände zogen ihn aus dem Auto; ein Pandämonium von lärmenden Gestalten kochte um ihn, aufgeregte Gesichter, die Trauer und Entsetzen zeigten. Schreie, Stöße, Fragen, ein Tumult von Frauen und Männern, die durcheinanderwimmelten und sich gegenseitig stießen, bis endlich ihre Brüder ihm einen Weg freimachten.
    Sie legten sie auf einen Tisch und befühlten sie mit zitternden Händen.
    »Es ist nutzlos«, sagte ihr Vater. »Und die alte Frau ist nicht mehr da. Glaube ich jedenfalls. Das war schon vor Jahren.«
    Der Mann deutete mit der Hand zu den fernen Bergen. »Sie lebte dort oben – kam manchmal hier herunter. Aber jetzt schon Jahre nicht mehr.« Er packte Curt am Arm. »Es ist zu spät. Sie ist tot. Sie können ihr nicht mehr helfen. Keiner kann es.«
    Er hörte die Worte, aber er erwiderte immer noch nichts. Er war an Prophezeiungen nicht mehr interessiert. Als die anderen endlich ebenfalls nichts mehr zu sagen fanden, nahm er Pats Körper, trug ihn zurück zum Wagen, rief seinen Sohn und setzte seine Fahrt fort.
    Allmählich wurde es kälter und sehr still, während der Lastwagen mühselig schnaufend die Bergstraße erklomm. Die Luft war feuchtkalt; dichte Nebelschwaden, die aus dem weißlichen Erdboden aufstiegen, hüllten immer häufiger die Straße ein und behinderten die Sicht. Einmal versperrte ihm ein großes trägblickendes Tier den Weg, und er mußte es mit Steinwürfen verjagen. Schließlich blieb der Wagen stehen und rührte sich nicht mehr; der Treibstofftank war leer. Er stieg aus, stand eine Weile unschlüssig herum, dann weckte er seinen Sohn, und sie setzten ihren Weg zu Fuß fort.
    Es war schon fast dunkel, als er endlich die Hütte fand. Ein übelkeitserregender Gestank von faulem Fleisch und trocknenden Häuten hing in der Luft, und er lief taumelnd an Haufen von Abfall vorbei, leeren Konservendosen und alten Pappschachteln, modernen Lumpen und ungezieferverseuchtem Holz.
    Die alte Frau war gerade damit beschäftigt, ein Beet mit kümmerlich aussehendem Gemüse zu gießen. Als er näher kam, stellte sie ihre Gießkanne ab und schaute ihm entgegen. Mißtrauen und Verwunderung über sein unerwartetes Auftauchen machten ihr zerknittertes Gesicht noch häßlicher.
    »Da kann ich nichts mehr machen«, sagte sie ausdruckslos, als sie über Pats regloser Gestalt kauerte. Sie fuhr mit ihren ausgetrockneten, ledrigen Händen über das stille Gesicht, öffnete dann Pats Bluse und knetete das kalte Fleisch am

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