Galaxy Tunes®: Roman (German Edition)
stehen. »Es mag wahr sein, dass unsere Kanzlei das System … manipuliert . Gelegentlich. Natürlich ausschließlich im Inter esse unserer Klienten. Zyniker könnten uns sogar vor werfen, dass wir davon profitieren. Aber Sie schlagen vor, dass wir es vorsätzlich pervertieren . Auf zutiefst niederträchtige Weise.«
Inzwischen blickten die Leute angestrengt auf verschiedene Punkte zwischen ihren Nasen und dem Konferenztisch. Als die Spannung ihren Höhepunkt erreichte, verzog Judy das Gesicht zu einem ironischen Lächeln. »Aber das eigentliche Problem mit Ihrer Idee ist, dass sie so verdammt offensichtlich ist, dass wir bereits zwei Versuche in diese Richtung gestartet haben, ohne jeden Erfolg. Also müssen Sie sich schon etwas Originelleres einfallen lassen. Und etwas Raffinierteres.«
Alle entspannten sich, und ich aalte mich in einem warmen, betörenden Schwall der Erleichterung.
»Sie haben viele Jahre nach dem elften September hier angefangen, also kann ich Ihnen nicht vorwerfen, dass Sie nicht wissen, was wir damals probiert haben«, sagte Judy, die nun fast freundlich lächelte. »Wir waren sehr nahe dran. Wir hatten ein ganzes Maßnahmenpaket zusammengestellt, das Napster und Kazaa ganz schnell von der Bildfläche gefegt hätte. Und es stand tatsächlich im Arbeitsentwurf zum Patriot Act. Aber dann bekam die Presse Wind davon. Und danach konnte nicht einmal Fido es durchdrücken.« Die betretene Stille ging nahtlos in ein schweigendes Angedenken an diese großartige, aber verlorene Chance über.
Den Rest der Sitzung nahm ich nur noch verschwommen wahr. Ich war nur noch halb bei Bewusstsein. Mein Gehirn war benebelt vom Schlafmangel, von den erkältungslindernden Medikamenten, von der Niederlage, die Judy mir soeben zugefügt hatte, und (ach ja!) der Sorge um die Gefahr, die meinem Planeten durch Aliens drohte.
Judy brachte das Ganze gegen zehn Uhr zum Abschluss, als sie sagte: »Okay. Alle bis auf Nick machen sich vom Acker.« Die Aliens, meine monstermäßige Erkältung und die Schlaflosigkeit fielen wieder von mir ab, als sich der Raum leerte.
Sobald alle draußen waren, sagte Judy: »Das war brillant, Nick. Sehr kreativ, sehr zeitgemäß. Und Sie haben die Idee einfach so aus dem Ärmel geschüttelt. Aber genug davon – jetzt kommt etwas Interessantes über mich. Wenn ich erkenne, dass ich mich wegen irgendetwas geirrt habe, mache ich darum nicht viel Wirbel. Ich begrüße einfach die neue Realität mit offenen Armen. Und gut. Ich bin ständig dabei, mich neu zu orientieren und zu justieren. Und wie es aussieht, habe ich mich in Ihnen getäuscht.«
Ich stand einfach nur da – weniger schockiert als gestern, nachdem Carly mein iPhone atomisiert hatte, sicher, aber nicht viel.
»Und offen gesagt, damit ändert sich für Sie alles«, fuhr Judy fort. »Die anderen Partner mögen Sie. Ich allerdings nicht so sehr, und wir alle wissen, dass ich ein Vetorecht habe. Und jetzt haben Sie mich rumgekriegt. Also hipp hipp hurra!«
Ich nickte, obwohl Judy mich gar nicht ansah. (Sie sprach die bedeutsamsten Worte, die ein junger Anwalt in diesen Räumen hören konnte, und gleichzeitig checkte sie auf ihrem altmodischen BlackBerry ihre E-Mails.)
»Also ist Ihnen klar, wie es jetzt weitergeht«, sagte sie. »Fido kommt morgen nach New York, und ich bin um zehn Uhr mit ihm verabredet. Drecksack! «
Einen Moment lang dachte ich, sie würde unseren wichtigsten Gönner in Washington beschimpfen. Aber sie ärgerte sich nur über irgendeine E-Mail. Sie verstummte, und ihre Daumen hämmerten eine Erwiderung in die Tastatur.
»Wie auch immer«, fuhr sie fort und sah mich jetzt tatsächlich an. »Es ist mein monatliches Treffen unter vier Augen mit Fido, aber Sie kommen mit. Es wird Zeit, dass Sie die Leute kennenlernen, mit denen wir unseren Lebensunterhalt verdienen. Um persönliche Beziehungen zu ihnen aufzubauen, zum Nutzen für Sie und die Sozietät und so weiter, bla bla.«
Das war es also. Das Omen. Der Ruf war tatsächlich an mich ergangen.
»Aber das ist noch nicht alles«, fügte sie hinzu. »Auch Hörnchen kommt morgen aus L. A. zu Besuch. Wir werden uns gleich nach Fido mit ihm treffen.«
Wieder nickte ich. Sie spielte auf den CEO eines riesigen Musiklabels an – der dafür berühmt war, Äpfel und andere Lebensmittel mit beiden Händen zu halten, wenn er nach Art eines Backenhörnchens aß.
»Ihr Büro ist näher an den Fahrstühlen als meins, also werde ich morgen um neun Uhr dreißig zu Ihnen
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