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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Plastwerkstoffen hatte unter ihrem Fuß knisternd Tausende von feinen Rissen bekommen, und die hauchdünne Persenning eines Kabrios hatte nachgegeben wie eine Gummihaut, dass Ja‘ana beinahe den Sprung zum nächsten Wagen nicht geschafft hätte.
    Sie war dennoch heil auf der anderen Seite des Platzes angekommen. Sie schlüpfte durch den Zaun, der hier vorn lediglich aus einer Hecke bestand, und befand sich endlich außerhalb des Institutsgeländes. Endlich. Seit Monaten hatte sie sich gewünscht, verschwinden zu können. Ja‘ana holte den Gürtel ihres Bademantels aus der Tasche und legte ihn sich um die Stirn wie ein Schweißband. Sollte man sie doch für eine Joggerin halten, von denen gab es überall genug. Sie setzte sich in einen verhaltenen Trab und ließ die Lichter des Instituts hinter sich. Es waren immer noch keine Alarmsignale zu hören. Sie bog ab und befand sich auf der Straße zur Stadt. Ja‘ana ließ all die angesammelte Kraft in ihrem Körper von der Kette. Wen sollte es wundern, wenn er nachts eine Frau sah, die sich mittels eines Wahnsinnstempos beim Laufen umzubringen versuchte. Ja‘ana fegte wie ein Irrwisch durch die schlafenden Straßen. Längst hatte sie ihre Wahrnehmung auf die wirklich wichtigen Dinge beschränkt: Navigation, um die Linie zu halten, genug Atmung, um ausreichend Sauerstoff in die Lungen zu bekommen, und die Kontrolle über den Energiehaushalt ihrer Muskeln. Es würde nicht lange dauern, und sie würde sich eine Pause gönnen müssen.
    Als es dann soweit war, reagierte sie mit Überraschung. So schnell? Diese verflixten Typen im Institut mussten sie länger von ihrem Training abgehalten haben, als sie gedacht hatte; der Anfang ihrer Zeit an diesem Ort war in einem Nebel aus Schmerzen und Drogen verborgen. Ja‘ana reduzierte das Tempo und fiel in einen gemütlichen Schlenderschritt. Innerhalb der nächsten sechs Stunden würde sie einen gewaltigen Hunger stillen müssen. Ihre Flucht hatte eine Menge Kalorien verbraucht. Zwar konnte Ja‘ana einige Reserven mobilisieren, Fett umwandeln in Brennstoff für Muskeln und Kreislauf. Den Verlust an Wasser und Mineralien musste sie jedoch ausgleichen, mal abgesehen davon, dass sie das Knurren ihres Magens nicht ewig unterdrücken konnte.
    Sie näherte sich dem Stadtzentrum und bog gemächlichen Schrittes in eine Parklandschaft ab, die voller bunter Lichter und leiser Musik war. Hinter ihr, in der Richtung des Instituts, erhob sich der Alarmruf einer Sirene. Komisch, dachte Ja‘ana, das klingt, als wäre ihnen etwas furchtbar Wichtiges abhanden gekommen. Etwas Bedeutendes. Sie lächelte, und während sie weiterschlenderte, vertiefte sich ihr Lächeln. Die Sirene nämlich war verstummt. Das jaulende Geräusch hörte plötzlich auf wie abgeschnitten. Ganz so, als habe sich jemand überlegt, wie dumm es aussähe, lautes Geschrei um den Verlust eines Gegenstandes zu machen, den es offiziell nie gegeben hatte. Der Gegenstand wischte sich das Grinsen aus dem Gesicht und beschloss, sich zusammenzureißen. Nicht auffallen war die Devise.
    Niemand konnte es der jungen Frau ansehen, die zwischen den Tischen der feiernden Leute hindurchging – im Verlauf von einem Dutzend Schritten verwandelte sie sich zurück, aus Ja‘ana K‘jonasoidt Hakon T‘Arastoydt wurde wieder Jana Hakon.
    Minuten später saß sie an einem Tisch, ein perlendes Getränk vor sich, und sie beobachtete die Straße am anderen Ende des Parks. Zwar redete, lachte und scherzte sie mit den beiden jungen Männern am Tisch; die bemerkten aber dabei gar nicht, dass die Frau sich auf etwas ganz anderes konzentrierte.
    Der Größere der beiden hatte eine dunkle, fast blaue Haut, und seine Augen stachen grün und unangenehm aus seinem schmalen Gesicht. Der Kleinere war kompakt gebaut, rothaarig und sommersprossig, seine Augen waren von einem strahlenden Blau, wie es Jana nie zuvor gesehen hatte. Beide trugen kurze Hosen aus einem seidenähnlichen Material und weite bunte Hemden. Ihre Haare waren kurz geschnitten; Jana hatte sich die typischen Studenten der Universitätswelt völlig anders vorgestellt. Diese Jungs hier waren der aktuellen Mode hoffnungslos hinterher. Und sie machten sich kaum Probleme damit, ihre wirklichen Gedanken hinter all dem Geschwätz zu verstecken. Die vier männlichen Augen strichen an der Figur der Frau hinauf und hinab. Sie registrierte zwar die Erregung der beiden Herren, aber sie verschwendete keinen Gedanken daran, was in diesen Köpfen unter den

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