Galeeren in der Ostsee
Eingang zur Ostsee, weder hinein noch heraus, und nur indem sie ihre Besatzungen ständig beschäftigten und mit Wettbewerben anspornten, konnten die Kommandanten die Disziplin an Bord aufrechterhalten.
Bolitho entließ jeweils ein Schiff zu einem kurzen Besuch im He imathafen. Wenn wieder eines das kleine Geschwader verließ, begannen die übrigen, die Tage bis zu seiner Rückkehr und ihrer eigenen Ablösung zu zählen.
Relentless
hatte als die größere der beiden Fregatten um Skagen herum und ins Kattegatt hinein aufzuklären. Sobald sie Kontakt mit dem Flaggschiff hatte, was selten genug und meist nur über die
Styx
oder die Korvette
Lookout
möglich war, fragte sich Bolitho, wie es wohl seinem Neffen ging, und ob er noch immer über das Duell und den Anlaß dazu nachgrübelte.
Das letzte Schiff, das von seiner kurzen Ruhepause in einem englischen Hafen zurückkehrte, war Kapitän Inchs Vierundsechziger
Odin.
Als Bolitho vom Achterdeck beobachtete, wie der Zweidecker sich dem Geschwader näherte, hatte er das unbestimmte Gefühl, daß dies einstweilen der letzte Urlauber gewesen war. Es überraschte ihn daher nicht, als er Oughton, den neu ernannten Leutnant, rufen hörte: »Signal von
Odin,
Sir. Kommandant bittet, zu Ihnen an Bord kommen zu dürfen.«
Herrick trat an Bolithos Seite. »Da bin ich aber neugierig, was er uns für Neuigkeiten bringt, Sir!«
Bolitho betrachtete einige wachfreie Matrosen auf der LuvLaufbrücke. Sie waren inzwischen so abgehärtet, daß die meisten mit nackten Armen und einige sogar barfuß dastanden. Auch sie waren begierig auf Neuigkeiten: ob die Blockade abgeblasen wurde, ob der Krieg zu Ende war, ob die Franzosen gelandet waren.
Bolitho sagte: »Was er uns auch bringt, Thomas, Inch kann offenbar kaum abwarten, es uns mitzuteilen. Wenn er noch mehr Tuch gesetzt hätte, würde er sich die Masten absegeln.«
Beide lächelten. Inch hatte noch nie einen besonderen Ruf als Se emann gehabt. Aber sein Mut und seine unbedingte Treue machten das – und vieles mehr – wieder weit.
Die
Odin
hatte inzwischen bereits in den Wind gedreht, und ihre Stagsegel schlugen wild, als Inch durch Backbrassen des Vortopps die Fahrt aus dem Schiff nahm.
Wolfe sagte: »Ein Boot ist zu Wasser, Sir.« Er warf dem nächststehenden Bootsmannsmaaten einen Blick zu. »Fallreepsgäste auf Station!«
Herrick murmelte: »Hoffentlich bringt er was Vernünftiges. Wir haben jetzt März und sind einer Lösung nicht näher als im letzten Se ptember, als wir Spithead verließen.« Er ließ den Blick über sein Schiff schweifen und setzte hinzu: »Aber wir haben uns immerhin einen Namen gemacht.«
Inch kletterte durch die Fallreepspforte. Sein Hut saß schief, und sein Pferdegesicht war zunächst den Fallreepsgästen und den salutierenden Seesoldaten zugewandt. Dann sah er Bolitho und Herrick und lief fast auf sie zu. Bolitho lächelte. »Sachte, die Leute denken sonst, wir müssen flüchten.«
Inch ließ es zu, daß er erst nach achtern in die Kajüte geführt wurde, bevor er berichten konnte. »Wir ziehen eine große Flotte zusammen, Sir. Den Oberbefehl hat Admiral Sir Hyde Parker. Er soll in den ÖreSund vorstoßen und Kopenhagen angreifen.«
Bolitho nickte. So etwas Ähnliches hatte Beauchamp angedeutet.
Nach der Atempause, die das Eis in der Ostsee den zerstreuten Kräften der Marine gewährt hatte, wurde es jetzt bald Zeit zum Handeln. Bevor Zar Paul die Streitkräfte der Schweden, Dänen und Preußen mit seinen eigene n zu einem Generalangriff gegen England vereinigen konnte, war es dringend erforderlich, die schwächste Macht, und das war zweifellos Dänemark, durch einen kräftigen Schlag zu beeindrucken.
Bolitho empfand deswegen keinerlei Genugtuung. Er erinnerte sich an die mit grüner Patina bedeckten Kirchtürme, die freundlichen Menschen und die eleganten Gebäude der Stadt.
Herrick fragte: »Wer ist Hyde Parkers Unterbefehlshaber?«
Inch schien verwirrt. »Das verstehe ich nicht: Vizeadmiral Nelson.«
Herrick schlug die Hände zusammen. »Typisch! Nelson, dem seine Leute bis in die Hölle folgen würden, wenn er es verlangte, muß unter Hyde Parker dienen.«
Bolitho sagte nichts dazu, wußte aber, was Herrick meinte. Man hatte also den Volkshelden Nelson nahezu dafür bestraft, daß er gesiegt hatte. Hyde Parker war zwanzig Jahre älter als Nelson und sehr reich.
Das war aber auch schon alles, was Bolitho über ihn wußte. Und daß er eine junge Frau hatte, die gut seine Tochter hätte
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