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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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zwölf Jahre und neun Monate alt, geschrieben hatte, der am Tag zuvor in verzweifeltem Heldentum sein Leben geopfert hatte. Woran mochte der Junge zuletzt gedacht haben? An Pascoe, den er in die Affäre Babbage hineingezogen hatte? Oder an seinen Admiral, der sich seiner angenommen und ihn Browne zugeteilt hatte, als alle anderen nichts mehr von ihm wissen wollten?
    Bolithos sorgfältig abgefaßter Bericht würde vielleicht der Mutter des Jungen helfen, wenn sie schließlich die Nachricht in Cornwall erhielt. Bolitho zweifelte nicht daran, daß auch Herrick es vermeiden würde, irgend etwas von Babbage zu erwähnen, um sie damit nicht zu belasten.
    Allday trat an eine der offenen Stückpforten und lehnte sich hinaus, um aufs Wasser zu schauen, das kalt und grau im Licht des frühen Morgens dalag. Die
Nicator
, der Inchs
Odin
dichtauf folgte, stand in zwei Kabellängen Entfernung querab und brachte etwas Leben in die trübe Szene.
    Er sagte: »Nicht mehr lange, Sir.«
    Bolitho wartete, daß Yovell den Umschlag versiegelte, und erwiderte: »Nelsons Angriff wird in zwei Stunden beginnen, wenn alles programmgemäß verläuft.« Er blickte das Deck entlang, und da es keinen Vorhang mehr gab, konnte er vom Dunkel unter der Hütte bis zum Achterdeck hindurchschauen, auf dem lebhafte Tätigkeit herrschte.
    »Unser Teil der Aufgabe kann jederzeit losgehen.« Er stand auf und belastete vorsichtig sein Bein. »Holen Sie meinen Säbel, bitte.«
    Wie still es im Schiff war, dachte er. Die Aufregung über die Eroberung der
Ajax
war durch den Verlust von Peels
Relentless
und ihr schreckliches Ende durch die Entzündung ihrer Pulverkammer gedämpft.
Lookout
hatte insgesamt zehn Überlebende aufgefischt. Hinzu kamen Pascoe und der Seemann mit dem verbrannten Arm, die sie selber gerettet hatten. Das hieß, daß über zweihundert Matrosen und Seesoldaten ihr Leben verloren hatten, ein viel zu hoher Preis für diesen Erfolg.
    Bolitho hatte seinen Neffen mehrmals während der Nacht besucht. Jedesmal war Pascoe hellwach, entgegen Loveys Vorhaltungen, daß er schlafen und seine Kräfte schonen solle. Vielleicht standen ihm die Augenblicke im Wasser noch zu lebhaft vor Augen, daß er fürchtete, nie wieder aufzuwachen, wenn er einschlief, und daß sein Überleben nur ein Teil eines Alptraumes wäre.
    Pascoes Bericht, so knapp er war, rundete das Bild vom Verlust der
Relentless
auf schreckliche Weise ab.
    Besonders tragisch daran war, daß Peel eigentlich schon gesiegt hatte. Aber in letzter Verzweiflung hatte die
Ajax
auf ihren Gegner zugedreht, und so waren die beiden Fregatten – Bugspriet gegen Bugspriet – zusammengestoßen. Durch die Gewalt des Aufpralls war der Kreuzmast des Franzosen von oben gekommen und hatte viele Männer von den Füßen gerissen.
    Pascoe erinnerte sich dunkel, daß Peel etwas von Rauch geschrien hatte, als die Männer der
Relentless
sich schon mit Hurrageschrei daranmachten, den Feind zu entern.
    Er selber war auf dem Achterdeck gewesen, weil der Zweite Offizier schon bei einer der ersten Breitseiten tödlich getroffen worden war. Im nächsten Augenblick fühlte er, wie er durch die Luft flog und dann ins Wasser geschleudert wurde, in das er zunächst tief eintauchte.
    Pascoe hatte sich nach oben gearbeitet und war auf eines der herumtreibenden Boote zugeschwommen, als im selben Augenblick eine der Maststengen der
Relentless
wie die Lanze eines Riesen vom Himmel fiel und das Boot und die darin Rettung Suchenden zerschlug.
    Was eigentlich explodiert war, hatte Pascoe nicht mitbekommen. Es hatte die Sechsunddreißig-Kanonen-Fregatte zwar in Stücke zerrissen, doch er hatte nichts gehört.
    Wahrscheinlich hatte der Zusammenstoß der beiden Schiffe einige Männer unter Deck von den Füßen gebracht. Eine Lampe war dabei umgefallen, Pulver, das von den Munitionsträgern unwissentlich verstreut worden war, hatte sich entzündet und die Pulverkammer selber in Brand gesetzt. Vielleicht war auch ein brennender Rohrpfropf des Feindes schuld gewesen – es gab viele Möglichkeiten, wie es zur Explosion der Pulverkammer gekommen sein konnte.
    Bolitho trat langsam unter der Hütte hervor und duckte sich automatisch, um nicht an die Decksbalken zu stoßen. Gesichter wandten sich ihm im Vorbeigehen zu, die ihm nach fast sieben Monaten gemeinsamen Lebens an Bord nicht mehr fremd waren.
    Die Gestalten auf dem Achterdeck gewannen Leben, als er in das Morgenlicht hinaustrat. Er sah Herrick, der sein Teleskop über die Netze auf

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