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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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alles.
    »Feuern!«
    Mit wildem Kampfgeschrei warfen sich die Männer wieder an ihre Kanonen und schenkten sich vor dem Nachladen kaum einen Atemzug Zeit, um nachzuschauen, wo ihr Schuß eingeschlagen war.
    Bolitho ging nach achtern und schlidderte dabei über Schneematsch, als er das Teleskop hob, um nachzuschauen, was das andere fremde Kriegsschiff machte. Es lag noch vor Anker. Seine Decks waren gedrängt voller Matrosen, jedoch wurden keine Segel losgemacht oder Kanonen ausgerannt. Als er sein Glas weiter nach achtern schwenkte, sah er die weiß-blaue Flagge Rußlands. Mochte der Zar sich auch sehnlichst wünschen, ein anerkannter Freund und Verbündeter Napoleons zu werden, sein Kapitän dachte darüber offenbar anders. Vielleicht hatte auch die Verblüffung über den kühnen Angriff der
Styx
dazu beigetragen.
    Eine Kugel schlug durch die Finknetze hinter Bolitho. Er hörte einen vielstimmigen Aufschrei. Die Reihe der Marinesoldaten, die ihre geladenen Musketen auf dem Wall der Hängematten aufgelegt hatten und den Befehl zum Feuern erwartete, war in ein blutiges Durcheinander verwandelt. Männer taumelten und krochen durch den Qualm, zwei von ihnen lagen zu einer blutigen Masse zerschmettert auf der anderen Seite.
    Ihr Sergeant brüllte: »Auf eure Plätze, Soldaten! Ziel aufgefaßt!«
    Der Leutnant der Seesoldaten saß, sein Gesicht in den Händen, mit dem Rücken ans Schanzkleid gelehnt; seine Finger hatten die gleiche rote Farbe wi e sein Uniformrock.
    Neale rief: »Der Franzmann hat sich vom ersten Schrecken erholt, Sir. Er wird jetzt sicher mit Kettenkugeln schießen.«
    Bolitho warf einen schnellen Blick in die Runde. Es waren erst zehn Minuten vergangen, aber ihm schien es wie eine Ewigkeit. Die Gruppe der britischen Frachter lag wie zuvor, doch konnte man kleine Gestalten erkennen, die auf den Rahen oder dem Oberdeck ihrem Kampf zusahen, ihnen zujubelten oder um Hilfe riefen – es ließ sich nicht ausmachen.
    Neale folgte seinem Blick und schlug vor: »Ich werde ein Boot hinüberschicken, Sir. Die armen Teufel haben vielleicht keine Offiziere, die sie anleiten und ihnen beim Entkommen helfen.«
    Bolitho nickte, und als Matrosen nach achtern eilten, um das Boot auszusetzen, sagte er zu Browne: »Fahren Sie mit?« Er klopfte ihm auf die Schulter und rechnete damit, daß sie so entspannt wäre, wie der ganze Mann wirkte. Doch die Schulter war gespannt wie eine Wagenfeder, darum setzte er beruhigend hinzu: »Kapitän Neale hat zu viel anderes um die Ohren.«
    Browne biß sich auf die Unterlippe und zuckte zusammen, als we itere feindliche Geschosse in die Bordwand krachten, wobei sie schreckliche Splitter abschlugen. Einer drang einem Mann in den Arm und warf ihn zu Boden.
    Dann sagte er: »Jawohl, Sir.« Er zwang sich zu einem Lächeln. »Ich werde einen wunderbaren Ausblick haben.«
    Augenblicke später pullte das Boot mit kräftigen Schlägen den Handelsschiffen entgegen. Irgend jemand hatte sogar noch die Ge istesgegenwart gehabt, eine britische Flagge am Heck zu setzen.
    Die
Ajax
kam näher, und ihre Stückpforten spien in regelmäßigen Abständen Feuer. Aber da der Wind das Schiff auf die andere Seite drückte, zischten viele Kugeln über Deck und Laufbrücken der
Styx
hinweg, holten dabei jedoch allerlei Tauwerk herunter und schnitten Blöcke ab wie faule Früchte.
    Bolitho blickte das Batteriedeck entlang und entdeckte – wenn auch nur undeutlich im Gemisch von Pulverqualm und Schnee – die weißen Kniehosen von Pascoe, der die vorderen Geschütze kommandierte.
    Die Breitseiten fielen jetzt unregelmäßiger. Die Männer waren vom Getöse der Schlacht zu benommen, um noch das ursprüngliche Tempo einhalten zu können.
    Einige lagen tot oder schwer verwundet, andere versuchten, sie aus dem Bereich die zurückrollenden Kanonen wegzuziehen. In ihren Gesichtern mischten sich Entschlossenheit und Entsetzen.
    Vom Vorschiff hörte man einen wilden Jubelschrei. Bolitho sah den Fockmast des Franzosen wie eine abgeschlagene Kautabakrolle zusammenklappen, wobei die oberen Rahen und Stengen mit sämtlichem Tauwerk und der wild flatternden Leinwand, dazu auch mit einigen Leuten, aufs Vorschiff stürzten. Es klang selbst durch den Schlachtenlärm, als stürze ein abgelöster Felsbrocken ins Meer. Die Wirkung trat augenblicklich ein: Da der größte Teil des Mastes über die Bordwand fiel und dabei Wanten und sonstiges Tauwerk wie schwarzen Seetang hinter sich herzog, drehte die Fregatte in den Wind, wobei das

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