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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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außenbord hängende Zeug als großer Treibanker wirkte.
    Neale formte mit den Händen ein Sprachrohr, so daß sein Säbel am Handgelenk herunterbaumelte, und schrie: »Eine volle Breitseite, Mr. Pickthorn! Mit doppelter Kartätschenladung! Gebt’s ihm!«
    Hilflos hin- und herschwankend, während ihre Matrosen die übergegangenen Trümmer abzuschlagen versuchten, trieb die
Ajax –
Bug voran – direkt auf Neales Batterie zu. Jetzt gab es keine Bedenken mehr, daß eine doppelte Ladung die kalten Rohre sprengen könnte, dachte Bolitho. Die Kanonen waren inzwischen so heiß, daß sie die nächststehenden Leute wie offenes Herdfeuer wärmten.
    Er beobachtete, wie ein älterer Geschützführer eine Kugel liebevoll in den Armen wiegte, bevor er zuließ, daß sie in das Rohr gesteckt wurde. Das mußte ein Treffer werden.
    Neale kletterte in die Lee-Wanten, griff sich das Sprachrohr seines Ersten Offiziers und rief: »Streicht die Flagge! Ergebt euch!« Es klang fast flehentlich. Doch die einzige Antwort war eine Salve Musketenschüsse, von denen eine Kugel Neales Säbel traf und einen Ton wie Glockenschlag hervorrief.
    Neale kletterte zurück an Deck. Seine Augen blickten traurig, als er die erhobenen Fäuste seiner Geschützführer sah.
    »So sei es denn!« Er schaute seinen Ersten Offizier an und nickte ihm zu.
    Der Erfolg der Breitseite, die – Kanone für Kanone – vom Bug bis zum Heck hinausdonnerte, war schrecklich anzusehen. Drüben flogen Trümmer hoch in die Luft, und der Großmast stürzte mit gewaltigem Krach über die Bordwand, dorthin, wo schon die anderen Mastteile trieben. Bolitho schien es, als wolle das Vorschiff des Gegners unter der gewaltigen Last abbrechen. Er sah einen Midshipman, der sich vor Entsetzen in den Rockärmel biß, als er lange Rinnsale Blut aus den Speigatten der
Ajax
fließen sah, als stürbe sie und nicht ihre Besatzung.
    Ein Steuermannsmaat rief: »Die Handelsschiffe gehen Anker auf, Sir!« Es hörte sich ungläubig an.
    Bolitho nickte und beobachtete weiter die übel zugerichtete Fregatte. Sie war besiegt, aber ihr Flagge wehte immer noch, und er wußte aus bitterer Erfahrung, daß sie weiterkämpfen würde, so lange noch Leben in ihr war.
    Er nahm an, daß Neale und viele seiner Leute die
Ajax
gern geentert und als Prise nach Hause gebracht hätten. Aber es reichte, und sie hatten bereits mehr geleistet, als er zu hoffen gewagt hatte. Jetzt noch weiterzukämpfen, hieß, die Autorität des schwedischen Festungskommandanten wie auch die extravagante Neutralitätsauffassung des russischen Kriegsschiffes allzusehr auf die Probe zu stellen.
    Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit statt dessen auf die Frachter. Es waren sechs im ganzen, und ihre Matrosen waren eifrig dabei, mehr Segel zu setzen und Zusammenstöße untereinander zu vermeiden, als sie alle zur gleichen Zeit auf die
Styx
zuhielten, die – deutlich sichtbar – vier Flaggen führte.
    Neale wischte sich das rußverschmierte Gesicht und sagte: »Ihr Flaggleutnant wird nicht mehr derselbe sein wie bisher, schätze ich, Sir.« Er seufzte, als ein Verwundeter an ihm vorbeigetragen wurde.
    »Wir anderen auch nicht, was das anbelangt.«
    Er drehte sich um und beobachtete einen der Frachter, der nahe an ihnen vorbeisegelte. Auf seiner Backbord-Laufbrücke wimmelte es von Männern, die ihnen freudig zuwinkten.
    Trocken fügte er hinzu: »Wir haben erledigt, wofür wir gekommen sind. Ich hielt es für angemessen, wenn wir ein paar der besseren Se eleute bei ihnen ausliehen. Auf diese Weise könnten sie ihre Dankbarkeit beweisen.«
    Pascoe kam nach achtern und tippte an seinen Hut. Er wartete, bis Neale wegging, um sich der zahllosen Probleme anzunehmen, die nach dem Kampf seiner harrten. Dann sagte er: »Das war schnell geschafft, Sir!«
    Bolitho legte ihm die Hand auf die Schulter. »In knapp zwanzig Minuten. Ich kann es kaum glauben. Neale ist ein großartiger Seemann.«
    Pascoe sah ihn nicht an, aber um seinen Mund zuckte ein Lächeln.
    »Ich glaube, er hat eine Menge auf seinem früheren Schiff gelernt, Onkel.«
    Mr. Charles Inskip ging im Saal auf und ab, als wäre er nicht groß genug für ihn. Selbst die Perücke, die er aufgesetzt hatte, um sich mit Würde zu wappnen, war durch seine Erregung verrutscht.
    »Verdammt, Bolitho, was soll ich bloß mit Ihnen machen?« Er wartete die Antwort nicht ab. »Sie mißbrauchen die dänische Neutralität, indem Sie sich bei Nacht davonschleichen, und nun kommen Sie mit einer

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