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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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brachte Bolitho hervor: »Wo ist Kapitän Herrick?« Browne kniete neben ihm. »Er muß sich um das Geschwader kümmern, Sir. Er wird gleich wieder unten sein.«
    Wieder? Obwohl so viel an Deck zu tun war? Da waren die Toten beizusetzen, Reparaturen auszuführen, bevor ein Sturm sie überfiel, und doch war Herrick schon einmal hier gewesen, um nach ihm zu sehen!
    Loveys schaute auf ihn herab, sein strähniges Haar glänzte im Lampenschein. »Nun, Sir, lassen Sie mich mal sehen.« Er kniete nieder, sein Totenschädelgesicht zeigte kein Zeichen von Ermüdung oder Entsetzen. Eben hatte er den Arm eines Mannes amputiert, und Gott weiß wie viele davor. So schwach er aussah, schien er doch mehr Kraft zu besitzen als viele andere.
    Bolitho schloß die Augen. Der Schmerz war schon so stark, daß er weder die tastenden Finger spürte noch das Messer, das seine Hose aufschlitzte.
    Loveys sagte: »Eine Gewehrkugel, aber sie muß irgendwie abgelenkt worden sein.« Langsam stand er auf. »Ich werde tun, was ich kann, Sir.«
    Browne flüsterte: »Ihr Neffe kommt, Sir. Soll ich ihn wegschicken?«
    »Nein.«
    Selbst dieses Wort bereitete ihm Pein. Das war es also, was er immer befürchtet hatte. Diesmal war es keine Schramme, keine Kugel von weither, welche die Schulter nur angekratzt hatte. Dies hier saß tief im Schenkel. Sein Bein und sein Fuß brannten. Er versuchte, nicht an den Mann zu denken, den er gerade auf dem Tisch gesehen hatte.
    »Lassen Sie ihn zu mir.«
    Pascoe kniete neben ihm. Sein Gesicht wirkte sehr beherrscht, unbewegt wie eines der alten Porträts in Falmouth.
    »Ich bin hier, Onkel.« Er nahm Bolithos Hand. »Wie geht’s?« Bolitho schaute zu den Decksbalken hoch. Oben schwiegen die Kanonen. Er sprach mühsam: »Es ging mir schon besser, Adam.« Er fühlte, daß Pascoes Griff fester wurde. »Ist beim Geschwader alles in Ordnung?«
    Er sah, wie Pascoe sich bemü hte, einen Mann zu verdecken, der den Eimer mit amputierten Gliedmaßen hinaustrug.
    Pascoe nickte. »Du hast sie besiegt, Onkel. Hast es ihnen gezeigt!«
    Bolitho versuchte, die Schmerzen zu unterdrücken und abzuschätzen, welchen Schaden er seinem Körper zugefügt hatte.
    Loveys kam zurück. »Ich muß Sie ausziehen, Sir.«
    Allday sagte: »Das mache ich!« Er konnte Bolitho kaum anschauen, als er sich ungeschickt mit dem Hemd und der aufgeschlitzten Hose abmühte.
    Loveys sah geduldig zu. »Den Rest überlassen Sie besser meinen Sanitätsgasten.« Er winkte seinen Gehilfen. »Los, Leute!«
    Gerade jetzt hätte Bolitho seinem Neffen gern vieles gesagt. Über seinen Vater, und was wirklich mit ihm geschehen war. Aber schon hoben ihn fremde Hände über ein paar leblose Gestalten hinwe g. Sie hatten – vollgepumpt mit Rum und gegen Infektionen verbunden – immerhin eine Chance zu überleben. Plötzlich packten ihn Angst und Entsetzen.
    Er rief: »Du sollst das Haus in Falmouth haben, Adam. Alles. Da ist ein Brief…«
    Pascoe schaute verzweifelt Allday an. »O Gott, ich kann’s kaum noch ertragen.«
    Allday sagte gebrochen: »Er wird doch wieder gesund werden, oder?«
    Seine Worte machten Pascoe hellwach. Wie schon oft war es der kräftige Bootssteurer, bei dem Pascoe sich Zuversicht holte.
    Er packte Allday am Ärmel. »Ganz bestimmt!«
    Bolitho lag auf dem Tisch und blickte in den schwingenden Lichtkreis der Laternen. Er hatte immer vorausgesetzt, daß es schnell gehen würde, wenn es ihn einmal traf. Heute rot, morgen tot. Aber nicht so etwas: ein nutzloser Krüppel, bemitleidet oder verlacht.
    Loveys sagte ruhig: »Ich will Ihnen nichts vormachen, Sir. Sie sind in größter Gefahr, das Bein zu verlieren. Aber ich will mein Bestes tun.« Eine Hand steckte Bolitho einen Lederballen zwischen die Zähne. Er war mit Brandy getränkt.
    Loveys sagte: »Beißen Sie kräftig zu, Sir.«
    Bolitho fühlte Entsetzen in sich hochsteigen. Der Augenblick war da, an dem er vor all diesen unsichtbaren Zuschauern seine Angst zeigen würde.
    Hände packten seine Arme und Beine wie Schraubstöcke. Er sah Loveys rechte Schulter zurückweichen und sich dann plötzlich herabsenken, und in diesem Augenblick steigerte sich der Schmerz in seinem Schenkel, als wäre flüssiges Blei hineingegossen worden.
    Er versuchte, den Kopf seitwärts zu drehen, aber Lo veys Leute verstanden ihr Geschäft. Weiter und weiter ging es, sondierend und schneidend, mit kleinen Pausen, wenn das Schiff überholte, und der schreckliche Schmerz breitete sich immer weiter aus.
    Durch den

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