Galgenberg: Thriller (German Edition)
Knie schlugen gegen die Werkzeugkiste, und der Inhalt rollte über seine Beine. Die Schulter knallte gegen das Reifenkreuz, und Schmerz jagte durch seinen Körper. Wieder drohte er in die Bewusstlosigkeit abzudriften, drohte ihn das verlockende Vergessen zu verschlingen.
»Du übernimmst ihn«, sagte Basson. »Und ich übernehme die Frau.«
Der Gedanke an Clare holte Riedwaan aus der Dunkelheit. Im selben Moment kehrten die Schmerzen zurück.
Das Geräusch von Schlüsseln, die geworfen wurden. Türenschlagen, ein startender Motor.
Er hatte wenig Hoffnung und noch weniger Zeit. Riedwaan begann, an dem Seil um seine Handgelenke zu zerren. Der durch seine Schulter schießende Schmerz lenkte ihn von den Gedanken daran ab, was Clare passieren würde, wenn er sich nicht befreien konnte.
Das elektrische Tor glitt auf. Dlamini blinkte und bog nach rechts, weg vom Meer, auf das Gestrüpp zu, das sich hinter den vereinzelten Hütten über die Dünen erstreckte. Riedwaan rollte sich im Kofferraum auf die Seite und hoffte auf ein paar Minuten zusätzlich, in denen er sich befreien konnte. Der Busch war das perfekte Gelände für eine Leiche – schließlich hatte sich auch Clares Entführer dorthin geflüchtet. Adrenalin schoss durch Riedwaans Körper und linderte die Schmerzen in seiner Schulter. Und es half ihm, sich zu konzentrieren.
Er verlagerte sein Gewicht und stemmte die Arme gegen das Reifenkreuz. Er merkte, wie der Wagen anhielt. Mit angehaltenem Atem betete er, dass er wieder anfahren möge. Er brauchte mehr Zeit. Nach etwa einer Minute, vermutlich einer Ampelschaltung, fuhr das Auto weiter. Natürlich, Dlamini hielt sich an jede Geschwindigkeitsbegrenzung, hielt an jeder Ampel und blinkte bei jedem Abbiegen. So oder so würde kein Verkehrspolizist einem weißen Toyota besondere Aufmerksamkeit schenken. Sie würden unbehelligt an allen Kameras vorbeifahren. Er würde spurlos verschwinden.
Riedwaan bewegte die Füße. Seine Hose hatte sich in den Fesseln verfangen, was ihm kostbaren Freiraum verschaffte. Er bewegte seine Beine, bis er einen Anker gefunden hatte – ein Metallstück. Vielleicht ein Wagenheber, der sich verklemmt hatte. Er hakte die Beine ein und zog an. Nichts. Er versuchte es noch einmal, diesmal mit kurzen, scharfen Ruckbewegungen. Die Schmerzen raubten ihm den Verstand.
Der Wagen fuhr um eine Kurve und beschleunigte. Eine offene Straße mit wenig Verkehr – vermutlich fuhren sie jetzt knapp unter der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Riedwaan konzentrierte seine ganze Kraft auf seine Beine und zog abrupt an. Seine Knie schlugen gegen den Kofferraumdeckel. Er erstarrte und wartete mit angehaltenem Atem ab, ob der Fahrer das Geräusch gehört hatte. Das Auto fuhr weiter, ohne langsamer zu werden.
Riedwaan rollte sich von seiner verletzten Schulter. Das war nicht weniger schmerzhaft, aber immerhin waren seine Beine jetzt frei. Er verlagerte seine Position – bis das Seil um seine Handgelenke gegen das Werkzeug drückte, mit dem er seine Beine befreit hatte. Er biss die Zähne zusammen und rieb mit den Handgelenken über die scharfe Kante. Bei jeder Bewegung sickerte Blut aus der Schusswunde. Es durchtränkte den Verband, und der Geruch erfüllte den engen Kofferraum wie ein düsterer Vorbote seines eigenen Schicksals.
Der Toyota bremste ab, der Blinker sprang an, der Fahrer bog rechts ab. Der Wagen holperte über Bodenwellen – eine ungeteerte Straße. Dann hielt er an, bei laufendem Motor. Dlamini stieg aus. Das Quietschen eines Gatters. Stille. Riedwaan zerrte noch entschlossener an dem Seil und nestelte mit einer Geduld, die er ganz und gar nicht empfand, an den Knoten. Die Fahrertür wurde zugeschlagen, dann durchquerten sie das Tor.
Ein Knoten war offen.
Dlamini hielt nicht an, um das Tor zu schließen. Offenbar wollte er kurzen Prozess machen. Ein schwacher Trost, aber Riedwaans einziger. Die Bodenwellen wurden heftiger, inzwischen drang auch Staub in den Kofferraum. Eine Minute noch, vielleicht zwei. Mehr Zeit blieb ihm nicht. Er blockierte den Gedanken und konzentrierte sich allein auf das Seil. Der nächste Knoten öffnete sich. Das Blut floss wieder in seine Hände. Es tat weh, aber er freute sich über den Schmerz.
Noch zwei Knoten.
Riedwaan probierte es wieder. Inzwischen hatte er genug Platz, um seine Hände zu bewegen. Er tastete herum. Kaltes Metall – ein Schraubenzieher, schmal genug, um ihn in den Ärmel zu schieben.
Der Wagen fuhr noch einmal
Weitere Kostenlose Bücher