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Galgenberg: Thriller (German Edition)

Galgenberg: Thriller (German Edition)

Titel: Galgenberg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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dich aus.«
    »Bitte versuch, dich zu erinnern. Was hast du gemacht? Was hat sie gemacht?«
    »Können wir nicht aufhören?«
    »Bald, Lilith, bald.« Clares Stimme wurde weich. »Versuch’s noch einmal. Mit wem könnte sie weggegangen sein?«
    »Sie waren im Garten.«
    Ein Lichtstrahl schnitt durch das Chaos in der Erinnerung eines verängstigten Kindes. »Ich gehe nach unten. Wie mit einer dunklen Klinge stößt mich die Nacht in die helle Küche. Jetzt bin ich im Garten. Sie ist hinten am Tor. Das Schloss klickt, sie schleicht hinaus.«
    »Und du?«
    »Nichts.«
    »Dieser Stein.« Clare legte ihn auf den Tisch. »Wo hast du den her?«
    »Wir gingen früher oft dort spazieren.« Lilith nahm den Stein, hielt ihn in der Hand. »Wir hatten so ein Spiel. Wir nahmen Steine mit. Sie einen, ich einen. Wir wollten sehen, wie lange wir brauchen würden, um den ganzen Berg abzutragen, Stück um Stück. Wer weiß, vielleicht war das der letzte Stein, den ich damals mitgenommen habe.«
    »Bist du ihr gefolgt? Hast du sie eingeholt?«, wollte Clare wissen.
    »Ich war in der Küche, im Garten.« Lilith schlug die Beine unter.
    »Wo hast du dir die Füße aufgeschnitten, Lilith?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Denk nach«, sagte Clare. »Deine Füße. Der Schmerz in deinen Füßen …«
    »Rutschig«, flüsterte Lilith. »Die Steine waren ganz nass.«
    Clare wartete ab.
    Lilith schloss die Augen. »Sie war mit einem Mann unterwegs.«
    »Was für einem Mann?«
    »Ich weiß nicht, was für ein Mann, Clare. Das Gras war so hoch. Höher als ich. Bedräng mich nicht so. Wenn ich es wüsste, würde ich es dir sagen. Dann hätte ich es ihnen schon damals gesagt.«
    »Entschuldige, Lilith. Ich habe nur das Gefühl, dass wir ganz, ganz dicht davorstehen.«
    »Wie bei einer Fata Morgana. Erst ist sie da  – und dann verschwunden.«
    Lilith streckte die Finger aus. Unter den Nägeln lagen Halbmonde aus Farbe.
    »Du hast an etwas gearbeitet?«, fragte Clare.
    »Etwas für heute Abend«, bestätigte Lilith. »Einer Überraschung.«
    »Was ist es?«
    »Du wirst schon sehen.« Lilith lächelte schwach. »Später waren mehr Leute da. Polizisten. Sie hatten Waffen. Sie kamen ins Haus. Sie sagten, sie würden nach ihr suchen. Sie waren wütend auf mich, als hätte ich ihr etwas getan. Als hätte ich sie versteckt.«
    »Hattest du?«
    »Nein«, sagte Lilith. »Sie ging nach draußen, und dann war sie weg. Ich habe lange gewartet, aber sie kam nicht zurück.«
    »Wer hat dann die Tür abgeschlossen?«, fragte Clare. »Du warst zu klein, um an den Riegel zu kommen.«
    Lilith drehte die Kreide in ihren Händen.
    »Er muss noch mal zurückgekommen sein.«
    »Was wollte er von dir?«
    »Das weiß ich nicht«, gestand Lilith. »Ich konnte nicht mehr sprechen. Selbst später, als alles voller Menschen war  – Polizisten  –, wollten mich alle zum Sprechen bringen, aber für mich war es so, als säße ein Stein in meiner Kehle, der keine Worte durchließ.«
    Sie holte Luft.
    »Und keine Schmerzen.«
    »Und wenn er verrutscht?«, fragte Clare.
    Lilith drehte ihre vernarbten Handgelenke nach oben.
    »Versteh doch, Clare, wenn die Erinnerungen zurückkehren, verliere ich vielleicht noch einmal die Sprache. Und ich habe Angst, dass ich sterbe, wenn ich mich an alles erinnere.«
    »Das wirst du nicht«, versicherte ihr Clare. »Du wirst überleben. Du schaffst das.«
    »Glaubst du wirklich?«
    »Ja.« Clare lehnte sich zurück und fällte eine Entscheidung. »Los, zieh dir was Schickes an, leg Lippenstift auf, mach dir die Haare.«
    »Wahrscheinlich hast du recht.« Lilith lächelte matt. »Als würde man eine Rüstung anlegen.«
    »Irgendwie ist es wirklich so«, meinte Clare. »Es ist ein öffentliches Gesicht, das dir hilft, Dinge durchzustehen, die sich nicht umgehen lassen.«
    »Du hast mich überzeugt.« Lilith stand auf. »Aber wenn ich eine Überlebende bin, dann eine ziemlich schmutzige. Ich muss duschen.«
    »Tu das.« Clare stand auf und ging, um ihr Handy wieder abzuhängen. »Vergiss die High Heels nicht.«
    »Wirst du dich umziehen, bevor du zur Galerie kommst?«
    »Wenn ich noch Zeit habe«, sagte Clare. »Erst will ich runter zum Gallows Hill.«
    »Warum?«, fragte Lilith. »Glaubst du mir nicht?«
    »Doch«, versicherte ihr Clare. »Aber um herauszufinden, was damals passiert ist, muss ich mich an den Ort zurückversetzen, an dem alles angefangen hat.«
    »Oder endete«, sagte Lilith. »Wonach suchst du?«
    »Ganz ehrlich, das weiß

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