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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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suchte und nicht auch seine Tochter mit einbezog.
    Als Ballinger fast unmittelbar nach dem Diener eintrat, erkannte Rathbone auf den ersten Blick, dass ihn eine berufliche Angelegenheit und nichts Persönliches zu ihm geführt hatte. Ballinger war ein äußerst erfolgreicher Kronanwalt von hohem Ansehen. Gelegentlich hatten sie beruflich miteinander zu tun, aber bisher hatten sie nie gemeinsame Mandanten gehabt, denn Rathbones Kanzlei befasste sich fast ausschließlich mit großen Prozessen gegen Kriminelle.
    Um die Vertraulichkeit zu wahren, schloss Ballinger die Tür hinter sich, ehe er auf dem Stuhl Rathbone gegenüber Platz nahm. Rathbones Gruß erwiderte er äußerst knapp. Er war ein großer, ziemlich schwerer Mann mit dichtem braunem Haar, das nur wenige graue Fäden zeigte. Sein Gesicht wirkte massiv. Ihre feinen Züge und ihre Anmut verdankte Margaret ausschließlich ihrer Mutter.
    Ballinger begann ohne Umschweife. »Ich befinde mich in einer schwierigen Lage, Oliver. Ein langjähriger Mandant hat mich um einen Gefallen gebeten, den ihm zu erweisen mir eigentlich widerstrebt. Andererseits habe ich das Gefühl, dass ich nicht ablehnen kann. Es handelt sich um eine Angelegenheit, mit der ich offen gesagt lieber nichts zu tun hätte, aber ich sehe einfach keinen ehrenhaften Weg, mich ihr zu entziehen.« Er deutete mit nur einer Schulter ein Achselzucken an. »Und wohl auch keinen legalen. Man kann sich eben nicht aussuchen, in welchen Fällen man für Menschen eintritt und in welchen nicht. Damit würde das ganze Konzept unserer Justiz zur Farce geraten, doch sie muss für alle gelten, sonst gilt sie für niemanden.«
    DieseVorrede verblüffte Rathbone, legte sie doch einen Mangel an Selbstvertrauen nahe, der für Ballinger völlig untypisch war. Eindeutig hatte ihn etwas durcheinandergebracht. »Kann ich von Hilfe sein, ohne das Recht deines Mandanten auf Diskretion zu verletzen?«, fragte er voller Hoffnung. Es würde ihn freuen, Margarets Vater in einer für ihn wichtigen Sache beistehen zu können. Damit würde er nicht nur Margaret glücklich machen, sondern auch die Bande zu ihrer Familie vertiefen, etwas, das von sich aus zu tun nicht in seiner Natur lag, denn er hatte einen ausgeprägten Hang zur Zurückgezogenheit. Außer einer intensiven Beziehung zu seinem Vater hatte er in seinen Jahren als Erwachsener nur wenige Freundschaften aufgebaut. In mancher Hinsicht warWilliam Monk sein bester Freund. Davon war natürlich Hester ausgenommen, für die er stärkere, intimere und bisweilen auch schmerzlichere Gefühle hegte. Aber dazu, sich Letzterem zu stellen und es zu analysieren, war er noch nicht wirklich bereit.
    Ballingers Anspannung ließ ein wenig nach, zumindest äußerlich. Allerdings verbarg er immer noch die Hände im Schoß, als befürchtete er, sie könnten etwas preisgeben.
    »Es würde überhaupt keinen Vertrauensbruch bedeuten«, versicherte er Rathbone hastig. »Ich benötige dich nur mit deinen besonderen Fähigkeiten als rechtlichen Beistand in einem Fall, bei dem ich befürchte, dass du ihn als abstoßend empfinden und von vornherein nur wenig Erfolgsaussichten erkennen wirst. Doch selbstverständlich wirst du angemessen für deinen Zeitaufwand und deine meiner Meinung nach einzigartige Qualifikation entlohnt.« Er war klug genug, ihn nicht über Gebühr zu loben.
    Rathbone war verwirrt. Es war sein Beruf, Mandanten vor Gericht zu vertreten. In seltenen Fällen fungierte er auch als Ankläger auf Seiten der Krone, aber das waren Ausnahmen. Warum war Ballinger bei dieser Sache derart nervös? Warum suchte er Rathbone bei ihm zu Hause auf und nicht in seiner Kanzlei, wie es üblich wäre? Was war an diesem Fall so besonders? Er hatte Menschen verteidigt, die wegen Mordes, Brandstiftung, Erpressung oder Diebstahls angeklagt waren, eigentlich wegen jedes nur denkbaren Verbrechens, einschließlich Vergewaltigung.
    »Was wird deinem Mandanten vorgeworfen?«, erkundigte er sich. Konnte es etwas so Schwerwiegendes wie Verrat sein? An wem? An der Königin etwa?
    Ballinger deutete ein Schulterzucken an. »Mord. Aber er ist kein beliebter Mann. Kein Geschworener wird ihn mögen. Er wird einfach keinen guten Eindruck machen«, fügte er eilig hinzu, denn er musste Rathbone den Zweifel angesehen haben. Er beugte sich etwas vor. »Aber das ist nicht das Problem, Oliver. Ich weiß, dass du alle Arten von Leuten vertreten hast, selbst bei Anklagen, bei denen der Täter keinerlei öffentliche Anteilnahme

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