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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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kostbare Gelegenheit, Margaret einen Grund zu geben, wahrhaft stolz auf ihn zu sein.
     
    Bis Rathbone Jericho Phillips im Newgate Prison aufsuchte, dauerte es noch mehrere Tage. Inzwischen hatte er sich in die Details des Verbrechens eingearbeitet, dessen Phillips beschuldigt wurde, aber auch – und das beunruhigte ihn nicht wenig – Einblicke in sein allgemeines Lebensmuster gewonnen.
    Trotz all seiner Recherchen war er nicht auf den heftigen Abscheu vorbereitet, der ihn bei ihrer Begegnung befiel. Sie fand in einem kleinen, unbeheizten Raum mit nackten Ziegelwänden statt, der außer einem Tisch und zwei Stühlen keine Möbel aufwies. Das Fenster hoch oben in der Wand ließ Tageslicht herein, zeigte aber nichts als den Himmel. Die Luft roch abgestanden, als enthielte sie den Angstschweiß eines ganzen Jahrhunderts, den alle Karbolseife der Welt nicht mehr wegwaschen konnte.
    Phillips selbst war von kaum mehr als durchschnittlicher Statur, aber sein hagerer Körper und die Art und Weise, wie er sich vor seinem Gegenüber aufbaute, ließen ihn größer erscheinen. Er war alles andere als eine würdevolle Erscheinung, doch die Art, wie er sich erhob, sobald er mit Rathbone allein im Raum war, strahlte sehr wohl eine gewisse Aura von Macht aus.
    »Morgen, Sir Oliver«, begrüßte er Rathbone. Seine Stimme klang rau, als hätte er eine Erkältung. Er machte keine Anstalten, Rathbone die Hand zu reichen, wofür dieser durchaus dankbar war.
    »Guten Morgen, Mr. Phillips«, erwiderte der Anwalt. »Bitte setzen Sie sich. Unsere Zeit ist begrenzt. Wir sollten sie nützen.« Er empfand bereits jetzt ein leichtes Unbehagen, das an Angst grenzte. Dabei stellte Phillips doch überhaupt keine Bedrohung für ihn dar. Soweit er wusste, hatte Phillips außer ihm niemanden, der auf seiner Seite stand.
    Phillips ließ sich auf dem Stuhl nieder. Eine gewisse Steifheit war dabei das Einzige, was seine Angst verriet. Seine Hände waren vollkommen ruhig. Auch stammelte oder zitterte er nicht. »Jawohl, Sir«, sagte er gehorsam.
    Rathbone musterte ihn. Er hatte scharfe Züge und die blasse Haut eines Mannes, der sein Leben weitgehend fern dem Sonnenlicht verbrachte. Vom stacheligen Haar und den blitzenden Augen bis zu den schmalen, knochigen Schultern war nichts Weiches an ihm. Seine Gestalt wirkte wie die Verkörperung der Armut – magere Brust, leicht verkrümmte Beine -, und dennoch hatte er, anders als so viele Missgestaltete, gelernt, nicht zu hinken.
    »Ihr Anwalt hat mir mitgeteilt, dass Sie sich nicht schuldig bekennen wollen«, begann Rathbone. »Die Indizien gegen Sie sind gut, aber nicht schlüssig. Unsere größte Schwierigkeit wird in Ihrem Ruf liegen. Geschworene wägen die Fakten ab, lassen sich aber auch von Emotionen leiten, ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht.« Er versuchte, in Phillips’ Gesicht zu erkennen, ob er verstanden hatte. In seiner Miene sah er Intelligenz aufblitzen und noch etwas anderes, das man fast für Humor hätte halten können, wäre die Lage dieses Mannes nicht so verzweifelt gewesen.
    »Klar tun sie das«, stimmte Phillips mit der Andeutung eines Lächelns zu. »Und bei ihrem Gefühl kriegen wir sie auch, weil Mr. Durban nämlich alles andere als der gute Mensch war, für den sie ihn alle gehalten haben. Der Kerl hat mich von Anfang an gehasst. Und er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, mich hängen zu sehen, egal, ob ich was verbrochen hab oder nich’. Und dieser Mr. Monk hat genauso weitergemacht, so wie er ja auch in die Schuhe, die Hose und den Frack von dem Toten geschlüpft is’. Schlampig waren sie, alle beide! Aber nach allem, was Mr. Ballinger gesagt hat, sind Sie ungemein schlau und auch so ehrlich, dass Sie immer zur Wahrheit stehen, egal, ob die zwei Ihre Freunde waren oder nich’.«
    Mit wachsendem Unbehagen registrierte Rathbone, dass Phillips seinerseits ihn aufmerksam und scharfsinnig auf seine Reaktion hin studierte. Er tat sein Möglichstes, um eine ausdruckslose Miene zu wahren.
    »Ich verstehe. Ich werde die Beweismittel in diesem Licht betrachten und nicht nur ihre Stichhaltigkeit überprüfen, sondern auch der Frage nachgehen, wie sie beschafft wurden. Wenn es hierbei Irrtümer gab, kann sich das vorteilhaft für uns auswirken.«
    Ein Schauer überlief Phillips. Er fröstelte. Zwar gab er sich Mühe, das zu verbergen, aber es gelang ihm nicht.
    Das Zimmer war klamm, weil, trotz der Augusthitze draußen, die Feuchtigkeit es nie ganz zu verlassen schien.
    »Ist

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