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Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Angst mehr vor ihm. Fast wäre er ins Taumeln geraten, doch die alten Reflexe funktionierten noch. Er sagte mit sicherer Stimme: »Weshalb bist du eigentlich gekommen? Brauchst du Geld?«
    »Dein Geld habe ich nie gebraucht. Nie. Und wenn du Geld gabst, so war es immer das Geld meiner Mutter. Deines hätte ich auch nie genommen. Alles was du hast, stammt von meiner Mutter. Du hast lange genug gut gelebt davon. Hättest zusammen mit Kandras fast alles ruiniert.«
    Er schluckte. Immer noch standen sie nahe der Ufermauer und nur das sanfte Rollen der Wellen milderte die Härte und Bösartigkeit, die in jeder Silbe, jedem Blick lag. Kahlenberg fühlte, wie ein Schweißtropfen den Nacken hinunterperlte. Was wollte sie hier und was um Himmels Willen trieb sie an?
    »Was habt ihr für Geschäfte gemacht, du und Kandras?«, lautete ihre Frage.
    Er zuckte mit den Schultern, war gleichzeitig froh, das Gespräch in eine sachlichere Richtung leiten zu können. Sachlich war er immer gewesen. »Wir haben seit geraumer Zeit keine Projekte mehr miteinander durchgeführt. Ich habe das nicht mehr nötig und er hatte ja seit einigen Jahren diese Faynbachtruppe, mit der er eng zusammenarbeitete.«
    Sie grinste ihn an.
    »Du … hast es nicht nötig? Er hat Dich schließlich eine ganze Menge Geld gekostet … seine tollen Projekte. Ich glaube mal, die großen Zeiten sind vorbei.«
    Kahlenbach schwieg. Woher wusste sie so gut Bescheid?
    Sie sah ihn kalt an, und ihr Blick war voller Angriffslust. Da stand er vor ihr, der große Kahlenberg. Wie hatte er sie als Kind genannt? Hühnchen? Damals fürchtete sie sich vor ihm. Ihr war bang gewesen seiner Arroganz und seinem Unverständnis zu begegnen, das er allem entgegenbrachte, was nichts mit Geld zu tun hatte. Die Wutausbrüche stellten seltene Ereignisse dar. Und das mit Mutter? Sie würde ihm nichts verzeihen. Es gab keine Vergangenheit.
    Er stand da und wirkte eingeschüchtert. Das war es also, was ihm imponierte. Und sie hatte gedacht, das könnten nur Geld und Nutten bewirken.
    Auch sie war wie gebannt – vom Wissen, dass er taumelte. Trotzdem beherrschte sie sich. Heute war der Tag an dem er taumeln sollte – nicht fallen. Es war nicht der Tag es ihm zu sagen. Die Wahrheit. Ihre Wahrheit. Sie gab dem Drängen, tief aus ihrem Inneren kommend, nicht nach.
    Ganz so einfach sollte er es aber auch nicht haben. Sie wandte sich ab und ging. Ließ ihn zunächst einfach stehen. Nach ein paar Metern stoppte sie und sagte laut in Richtung Villa: »Du hast nichts zu erwarten. Du warst nie mehr als ein Vermögensverwalter«. Sie deutete mit einer bestimmenden Kopfbewegung auf die Villa »Das alles hier steht dir nicht zu. Es gehört mir, weil es meiner Mutter war! Du hast hier nichts verloren. Ich will, dass du hier verschwindest, mitsamt deinen Schlampen. Tu es, solange du noch selbst darüber bestimmen kannst. Ich gebe dir einen Monat Zeit. Meine Anwälte werden sich bei dir melden.«
    Dann drehte sie sich ganz zu ihm um, hob stolz den Kopf und sagte: »Ich – bin eine Adlerin!«
    Mit jedem weiteren Schritt nahm sie Besitz – vom Park, den Bäumen, vom Haus, den Geräuschen. Jetzt war sie zuhause – und es sollte einmal Nora gehören. Das hatte sie gerade beschlossen.
    Schielin war mit der Auswertung des Notizbuchs zu Ende gekommen. Sonderlich viel hatte es nicht ergeben. Kehrenbroichs Telefonnummer tauchte sehr oft auf und eine weitere Nummer, die aus Lindau sein musste, denn eine Vorwahl war nicht vermerkt. Er würde da einmal anrufen. Ansonsten fanden sich die Namen von Baufirmen, Banken und Notaren. Die Eintragungen und Telefonnummern, die nicht schlüssig zuzuordnen waren, hatte Schielin notiert. Insgesamt aber war er enttäuscht von dem mageren Ergebnis. Im Zeitraum zwischen Mittwochabend und dem angenommenen Todeszeitpunkt am Wochenende herrschte völlige Leere in den Stundenregistern, was allerdings insoweit auffallend war, als dass bis zum Mittwoch und dann wieder am Montag eine Fülle von Terminen eingetragen war. Kandras hatte wohl vorgehabt ein paar Tage Urlaub zu nehmen. Einzig am Donnerstag fand sich ein Eintrag, der jedoch keinen Termin beschrieb. Vielmehr las Schielin den Namen einer Gemarkung im Norden der Stadt. Taubenberg stand da in großen roten Druckbuchstaben, die den ganzen Donnerstag Vormittag markierten. Schielin wusste damit nichts anzufangen und seine Gedanken wanderten zum Obduktionsbericht, den Lydia gerade durchging.
    »Und? Wird unsere bisherige Vermutung

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