Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
Vom Netzwerk:
Hausaufgaben geholfen. Bei den Arbeiten haben wir immer so gesessen, dass ich bei ihm abschreiben konnte. So habe ich mich bis in die zehnte Klasse durchgemogelt. Nur leider hat es mit der Mittleren Reife nicht geklappt, weil wir Mathilde Graufuchs’ Zorn auf uns gezogen hatten. Die alte Hexe hatte gemerkt, dass es nicht mit richtigen Dingen zugegangen ist. Aber sie kam nicht dahinter, wie wir es angestellt haben. Da hat sie einfach bei Bertram Andernach beantragt, dass er uns trennt. Und der Deutschlehrer war von der Idee natürlich begeistert. Sofort kamen wir in verschiedene Klassen.«
    »Sind Ihnen durch die Trennung die beiden Lehrer Andernach und Graufuchs erspart geblieben?«
    Fred Recktenwald lachte freudlos und antwortete: »Nein. Daran änderte sich nichts. In der Prüfung bin ich total durchgerasselt. Die Mittlere Reife habe ich nicht geschafft. Und ohne Linus habe ich auch keinen weiteren Versuch unternommen, weil es sinnlos gewesen wäre. Dafür war Linus der Intelligente. Beim zweiten Anlauf hat er dem Abschluss geschafft.«
    »Wussten Sie voneinander, dass Sie Brüder sind?«
    »Ja. Linus hat es herausbekommen. Er ist eben ein schlauer Fuchs.«
    »Aber, wie kommt es, dass Sie eineiige Zwillinge sind, aber so unterschiedlich aussehen?«
    »Das hat mit meinem Unfall zu tun«, antwortete Fred. »In meinem Gesicht waren mehrere Knochen gebrochen. Nachdem die zusammengeflickt waren, sah ich verändert aus. Hinzu kommt auch, dass ich total dünn geblieben bin. Ich kann essen, so viel ich will, es ändert nichts. Auch treibe ich keinen Sport, weil ich keine Kondition habe. Linus hingegen hat immer Sport gemacht, weshalb er viel kräftiger ist als ich.«
    »Und Ihre Haare?« Diese Frage kam Schnur nur schwer über die Lippen. Aber jetzt wollte er es genau wissen.
    »Vor meinem Unfall war ich blond – genau wie mein Bruder. Aber schon in der Grundschule wurden meine Haare grau. Meine Adoptivmutter ist mit mir zu Ärzten gegangen, weil sie wissen wollte, was man dagegen tun kann. Aber da gab es nichts. Die Vermutung lautete, dass das Ergrauen meiner Haare eine Folge meines schweren Schocks nach dem Unfall sein könnte. Genaueres wusste niemand.«
    »Haben Sie nie darüber nachgedacht, Ihre Haare zu färben?« Schnur stutzte. »Ich frage das nur, weil Ihre Haare sehr auffällig sind und Sie auch verraten haben.«
    Fred lachte freudlos und meinte: »Alles habe ich versucht – glauben Sie mir! Aber nichts hat geholfen.«
    »Wir fahnden nach Linus Kalkbrenner, weil er Günter Laug ermordet hat und einen Mordversuch an meinem Mitarbeiter Erik Tenes unternommen hat. Können Sie mir sagen, wo er hingeht, wenn er sich verstecken muss?« Schnur musterte sein Gegenüber genau, während er das sagte.
    »Einen Mordversuch an Erik Tenes?« Fred riss die Augen weit auf.
    »Richtig. Um ein Haar wäre es ihm gelungen. Wir konnten den Kollegen in letzter Sekunde retten.«
    Die Auskunft schien Freds Widerstand in Nichts aufzulösen. Er schaute Schnur mit großem Entsetzen an und sagte nach einer Weile: »Wissen Sie, Mirna ist seine Tochter. Sie wird der Grund sein, warum er solche verrückten Dinge tut.«
    Jetzt war es an Schnur zu staunen. Mit allem hatte er gerechnet. Nur nicht damit.
    »Wie soll das gehen? Wieso ist Mirna seine Tochter?« Dass die Frage dämlich klang, erkannte Schnur erst, als sie raus war.
    »Als Linus damals erfahren hat, dass seine Freundin schwanger wurde, hat er sich aus dem Staub gemacht. Niemand erfuhr etwas davon, dass er der Vater war, womit er sich teure Alimente sparen konnte.«
    »Hat Mirnas Mutter da mitgespielt?«
    »Irina war so eine … Sie wissen schon«, stammelte Fred und errötete.
    »Nein. Ich weiß nicht.«
    »Sie nahm es mit den Männern nicht so genau. Vermutlich wusste sie selbst nicht, wer der Vater war.«
    »Und woher wusste Ihr Bruder, dass er der Vater war, wenn es selbst die Mutter nicht wusste?«
    »Es war sehr leicht, das festzustellen«, behauptete Fred. »Zunächst einmal die verblüffende Ähnlichkeit.«
    »Ähnlichkeit?« Schnur stutzte. In seinem Kopf schwirrte Eriks Beschreibung über den Mann, den sie für Friedolinus Kalkbrenner hielten und der war blond. »Mirna hat schwarze Haare.«
    »Die sind gefärbt. In Natura ist Mirna hellblond wie ein Engel.«
    »Und woran war es noch festzustellen?«
    »Mirna war ein Zwillingsbaby. Nur leider ist das zweite Kind bei der Geburt gestorben. Dieser Hinweis und Mirnas Ähnlichkeit zu Linus haben keinen Zweifel daran

Weitere Kostenlose Bücher