Galileis Freundin (German Edition)
worden. Die geschäftstüchtige Oberschicht in den toskanischen Städten hatte sich gleichermaßen strotzende Burgen, überd i mensionierte Lager, sichere Verwaltungshäuser und bequemen Wohnraum geschaffen. Der Glanz der Paläste zeugte vom überschäumenden Reichtum und süchtigem Selbstbewusstsein seiner Bewohner, wie von Überheblichkeit und Herrschsucht. Die reichen Handelsfamilien ve r knüpften in den Palazzi die Notwendigkeiten der Geschäfte mit den privaten Bedürfnissen. Produktion, Lagerhaltung, Verkaufsgeschäfte und Wohnräume, waren in dem gleichen Gebä u de untergebracht. Eher als nüchterne Festung, als ein schmuckes Bauwerk, war das massive Erdgeschoß anzusehen. Hinter mächtigen Bruchsteinmauern fanden kühle Lagerräume, ang e füllt mit Olivenöl, Wein, Leinen und Seidenstoffen, und die Geschäftsräume ihren Platz.
Durch große Torbögen fuhren die Ochsenkarren mit den Waren direkt in den Palazzo. Hinter verschlossenen Toren und den hoch liegenden, kleinen und stets vergitterten Fenstern wurden die Güter in Sicherheit abgeladen. Die hohen, gewölbeartigen Hallen im Erdgescho ss bargen neben den Lagerhallen auf die Straße ragende mit Holzdächern geschützte Ladenlokale und Verkaufsräume, Kontore, Werkstätten und Produktionsräume.
Das erste Stockwerk wies den protzigen Schmuck an Fassaden und Innenräumen auf, die den Reichtum der Familie signalisierte. Dieses "piano nobile", das edle Stockwerk, beherbergte die Wohn-und Lebensräume der Familie. Gemälde der bedeutendsten Künstler, Fresken, wertvolle Bilderteppiche aus der Manufaktur der Gobelins, fein verarbeitete Schränke, schwere Truhen, Marmortische, goldgerahmte Spiegel, reichverzierte Kamine und Kronleuchter stellten die notwendige Staffage eines übersättigten Patriziertums dar. Kinder der hochherrschaftlichen Familien und die Bediensteten bewohnten das oberste Stockwerk. Um einen mächtigen, mit Bäumen bepflanzten Innenhof, zog sich das Treppenhaus mit breiten Steinstufen vom Erdg e schoß in die oberen Stockwerke. Die linke Hälfte im primo piano wurde nahezu komplett von dem prachtvollen Salon eingenommen. Sieben hohe Rundbogenfenster auf der Frontseite e r laubten einen Blick auf die Piazza Santa Trinita mit der gegenüberliegenden Kirche und der nur wenige Meter von dem Palazzo entfernt aufragenden und von Cosimo I. errichteten Säule della Giustizia.
Aus den beiden rechten Fenstern überblickte die jungvermählte Markgräfin den Platz vor dem Palast. Hinter diesen Fenstern lagen ihre Räume nebst Kemenate.
Die Allegorie der Gerechtigkeit thronte auf einer Plattform an der Spitze der Säule hoch über der Piazza. Leicht hätte die Göttin des Rechts dem fahlen Leben in den Räumen der beiden Stockwerke und selbst in die Loggia auf der dritten Etage der Buondelmonti schauen können. Verschämt hatte sie sich jedoch abgewandt und schaute mit Gerichtsstab und Waagschalen auf die Mutter aller Kirchen in Florenz.
Lorenzo nächtigte meist alleine im Trakt gegenüber dem Salon . Lange Flure verbanden die Kammern. Am Ende des rückwärtigen Ganges führte in den Palazzo Buondelmonti ein klein e res Treppenhaus in den parkähnlichen Garten. Von wuchtigen Mauern umzäunt, bot der Park unter einer mächtigen Pinie einen Zugang über die Seitengasse. Der Zahn der Zeit hatte an der Mauer genagt. Der hässliche Durchbruch störte die ästhetische Architektur des Palastes.
Zur Feierlichkeit war im Salon des "piano nobile" geladen. Die Ehrenwerten und die Reichen aus Florenz, sie gaben dem Paar die Ehre. Die lange Tafel war belegt mit den edelsten Porze l lanen und Silberbestecken, die mit Elfenbeingriffen verziert waren. Markgräfin Picchena, ve r heiratete Buondelmonti, begab sich in Begleitung ihrer Damigelle, ihrer Hofdamen zu Tisch, und das feierliche Mahl begann. Es wurden Reden gehalten und gut gemeinte Sprüche vorg e tragen. Die Silberbecher klangen, schmatzende Münder stopften sich mit Kapaun und Ente, mit Hirsch und Rehbraten voll. Die geistige Abwesenheit der jungen Braut wurde mit Schüchter n heit und Keuschheit und mit der Sorge um ihren Gatten interpretiert. So ließ man die Neuve r mählte in Ruhe, nachdem man genug der überschwänglichen Wünsche und Glück bringenden Reime, wie Theaterstücke vorgetragen hatte. Wie durch einen Silberschleier nahm die Braut die vielen Menschen um sich herum wahr. Ihr wacher Verstand befand sich unvermittelt in der Kathedrale Santa Maria del Fiore. Die unglaublichen Berichte
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