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Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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hatte sie in den Büchern und Schriften der Bibliothek in Picchena studiert. Die schrecklichen Schilderungen über das Atte n tat am 26. April 1478 als Lorenzo und sein Bruder Giuliano in dem Gotteshaus ermordet we r den sollten. Unter der Führung von Erzbischof Francesco Salviati war der geplante Meuche l mord vorbereitet worden. Während des Gottesdienstes in der Kathedrale stürzten sich die g e dungenen Täter auf die jungen Medici.
    Getroffen von dem Mörder Bandini stürzte Giuliano tot zu Boden. Lorenzo entkam. Der U m sturz war gescheitert. Caterina sah das überraschte und schmerzverzerrte Gesicht des jungen Mannes, die panische Flucht des Lorenzo, der sich den tödlichen Angriffen entziehen konnte. Waren es die gleichen wankelmütigen Menschen, die sich hier bei dem großen Festmahl ve r gnügten, die ihr zujubelten, alberne Trinksprüche auf sie hielten, die aber morgen und übe r morgen über sie herfallen würden, wie die Aasgeier über den geschwächten Wanderer. Zuviel hatte sie erfahren müssen über den plötzlichen unmotivierten Umschwung von Meinungen und Menschen, heute ein Freund, morgen ein Feind.
    Mutter Elsa, die Schwestern Laudomia und Ginevra und Bruder Alessandro, die diesen Au s tausch ihres letzten Sprosses mit der Ware Caterina Picchena zugestimmt hatten, überwachten eifersüchtig die Ausstrahlung und außerordentliche Wirkung dieser hübschen und selbstbewu s sten Frau. Noch hatte sie nicht einen Atemzug gegen die ängstlich behütete Sippenherrschaft der Buondelmonti unternommen, noch war sie nur die zweckgerichtete Auserkorene der re i chen, dünnhäutigen Familie. Schon erzeugte sie geifernde Eifersucht in diesem toten Hause. Aufgrund des Ehevertrages war sie nur verpflichtet, ihrem Gatten viermal im Jahr beizuschl a fen, sein krankes Sperma zu empfangen und ihm möglichst jeweils einen Sohn zu schenken. Sie war in der gegenwärtigen Geschichte der sterbenden Sippe die gedungene Wasserträgerin für den letzten Überlebensversuch. Es lag nicht im Sinn der stolzen Braut, außer dieser Pflich t übung, ihr weiteres Vergnügen im Bette des Buondelmonti zu suchen.
     
    Zur Unterhaltung der Gäste trug während des Hochzeitsmahles ein Knabenchor, begleitet von einem Cembalo, mehrstimmige Madrigalen von Monteverdi vor.
     
    Süße Nachtigall,
    Du rufst deine
    Liebe Gefährtin
    Mit Deinem Gesang: Komm
    Mein Herz.
     
    Mir nützt der Gesang nicht,
    Ich habe keine Flügel wie du.
    Dich glückliches Vögelein,
    Belohnt die holde Natur mit deiner Freude:
    Gab sie dir auch das Wissen nicht,
    So gab sie dir doch das Glück.
     
    Das traurige Lied mit einem Text von Giovanni Battista Guarini legte sich schwermütig auf die empfindsame Seele der Caterina. Warum sangen die Knaben nur solche traurige Weisen? Sie sollten der fröhlichen Unterhaltung dienen, der Freude und der lieblichen Einstimmung auf eine schöne Zeit. Doch wie das gefühlvolle Liebeslied den Verliebten erbaut, so trifft es den trostl o sen Einsamen mit spitzem Speer in seine ungeschützte Brust. Die einsame Braut vernahm den lieblichen Gesang der Nachtigall in ihrer geliebten Burg Picchena.
    Was hinderte sie, dem lockenden Vogel zu folgen? Gab die Natur auch der Nachtigall das Wi s sen nicht, so gab sie ihr doch das Glück. Ja, genauso war es. Sie hatte das Wissen. Aber, was nützte ihr das Wissen, wenn sie niemals das Glück genießen konnte?
    Unter den Klängen des Cembalos und mit dem Gesang des Chores forderte der Zeremonie n meister zum Tanze auf. Caterina schwebte, argwöhnisch beobachtet von den jüngferlichen Schwestern ihres im Bette leidenden Gatten, an der Hand eines Pagen aus dem großherzogl i chen Hause. Die augenblickliche Verbindung zu einem Zuträger des kommenden Herrschers war den Schwestern Ehre genug um es ihrer Schwägerin erlauben zu dürfen, diesen Freuden ausnahmsweise nachzugehen.
    ‘Giorgio Salvori, war er nicht der junge, tapfere Page, der sie in der Nähe des Ponte Ve c chio vor den dummdreisten Angriffen einer schwatzenden Gesellschaft mannhaft beschützt hatte, der sie offen verteidigt und ihr den weichen Seidenschal des freundlichen Händlers um ihren Hals gelegt hatte?’
    In den Tanzschritten bewegte sie sich von ihm fort in die Arme eines Edlen, dann wieder z u rück zu ihm. Der kurze Augenblick an seiner Seite entsprach am Tage ihrer Vermählung viel eher ihren sehnsüchtigen Gefühlen als der Gedanke an ihren kranken Vermählten.
    Wie das wiegende Rauschen der Baumkronen im Wind, drehte sich

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