Galileis Freundin (German Edition)
vergewaltigten Caterina das Bett zum Zwecke der Zeugung zu teilen. Von Anbeginn schlief Caterina in einem anderen Schlafgemach. Sie hatte stets betont, dass sie die bedauerliche Krankheit ihres siechen Gemahls berücksichtigen und seine schwächliche G e sundheit schützen müsse. Ein Vergnügen konnte sie in der zwangsvollstreckten Vertragseinha l tung mit dem schwindsüchtigen, nicht geliebten Manne, ohnehin nicht ausmachen. Sie verwe i gerte sich, solange es eben ging. Lorenzo verweigerte sich ebenso, solange es ging. Dafür en t deckte das geübte Auge mehr junge Pagen in dem Palazzo. Hübsche Kerle, wie Caterina z u stimmend anerkennen musste . Doch den Ehevertrag musste sie einhalten. Andernfalls hätte man sie aus dem Hause geworfen, zur Unehre ihres Vaters und der eigenen.
Wie der erste Geschlechtsvollzug, den Caterina unter Zwang erleben musste , so gedieh auch ihr zweiter, in ihrem Alter von sechzehn Jahren, zu einem herzlosen Akt mit Widerwillen und Ekel, mit Abscheu und Erbrechen. Neugierig hatten sich Laudomia und Ginevra in der Ka m mer des Markgrafen eingefunden, um die liebliche Stimmung mit Gewalt vorzubereiten. Der Tag, an dem der Ehevertrag mit gemeinsamem Beischlaf zu erfüllen war, wurde von ihnen fes t gelegt. Die Gräfin fügte sich in die Riten. Lächelnd verabschiedeten sich die Schwestern aus dem Schlafraum ihres Bruders mit guten Wünschen zum guten Gelingen.
Der Graf quälte sich. In wenigen Minuten war alles vorbei.
"Sollte ich euch nicht eher einen eurer sanften Knaben in euer Gemach bitten?" fragte Caterina den erschöpften Gemahl.
Buondelmonti lächelte nur ein wenig, nickte und bestätigte ganz offen seine erwünschte Zune i gung. Ihm war es schließlich ebenso gleichgültig, was seine Frau über ihn dachte, wie das, was er über sie dachte. Bedauerlich war es nur, dass sie ihre angedeuteten Versprechungen nicht wahr machen würde.
An dem Fenster ihres Schlafgemaches stehend, schaute Caterina mit traurigem Blick auf die dunklen Gassen und die Piazza Santa Trinita. Die Nacht hatte die Menschen in ihre Häuser getrieben. Die Straßen waren dunkel. Die Zeit für einen erholsamen Spaziergang zu gefährlich. Wie gespenstische Schatten bewegten sich undefinierbare Gestalten an der Kirche vorbei über die Piazza Santa Trinita. Es mag der eine oder andere Mensch dazwischen gewesen sein, der seinen Heimweg zu spät angetreten hatte und deswegen in die dunkle Nacht geraten war. Ein Edelmann, der gerade über den Platz vorbeizog, ließ sich in einer Sänfte tragen, beschützt von vier bewaffneten Söldnern. Noch ein paar Trunkenbolde zogen schwankend vorbei, die zu später Stunde aus einem Gasthaus kamen und weinselig die Gefahr, überfallen zu werden, nicht erkannten oder einfach ignorierten. Bunte Vögel, die in der Nacht durch die Straßen schwir r ten.
Dann legte sich wieder nächtliche Stille auf die Piazza. Caterinas Sehnsüchte wurden von ihren Sinnen hinausgetragen an einen Ort, den sie nicht kannte. Sie wusste nicht, wo der Mensch i h rer Träume schlief, wo ihn in diesem Augenblick, hoffentlich ebenso süße Erinnerungen quä l ten, wie sie. Noch nach vielen Monaten spürte sie die Berührungen seines Körpers auf ihrer Haut. Es war nicht die Hochzeitsfeier mit Lorenzo de’ Buondelmonti. Es waren ihre ganz sp e ziellen Tänze mit dem jungen Pagen des Großherzogs, die ihre Nächte erfüllten. Bisher hatte sie ihn nur wenige Mal berührt, hatte ihn mehr durch Zufall bei Festlichkeiten in dem Palazzo Granduca gesehen. Jedes Mal durchfuhr ein aufgeregter Blitz ihren Körper. Ihn liebte sie inzw i schen mehr als alles andere auf der Welt. Mit ihm wollte sie zusammen sein. Noch hatte sie aber außer ein paar Höflichkeitsfloskeln keine Worte mit ihm gewechselt. Sie wusste nicht, wie sie es anstellen sollte, den Pagen, für ihr Herz zu gewinnen, damit er den Mut aufbrächte, ihre Nähe zu suchen. Caterina bemerkte wohl, wie der Page sich ihr näherte, sobald sie die Säle der Medici betrat, wenn sie an der Hand ihres Vaters zu einem festlichen Banquett erschien. Er hatte sie oft wie unwillkürlich berührt. Alle diese Berührungen konnten nicht zufällig sein. Wenn es Absicht war, dann begehrte er sie auch. Sie war sich sicher, dass er sie liebte und dass er ihre Nähe suchte. Es gelang ihm aber nicht, wirklich heimlich in ihre Nähe zu kommen, so dass sie sich begegnen konnten. Warum erschien er nicht? Wie oft hatte sie schon an diesem Fenster gestanden und darauf gelauert, ob
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