Gallagher-Chroniken 01 - Gallaghers Mission

Siedlungen zu gründen und Rohstoffe abzubauen.
    Ein solcher Planet war Torkor, und ein solcher Scout war Clou Gallagher. Und Sanderson hatte soeben seinen Bericht gelesen.
    »Flugsaurier!«, schnaubte Sanderson verächtlich.
    Als er Gallagher zum ersten Mal auf Kerian begegnet war, hatte er ihn für einen abgebrühten Söldner gehalten. Sanderson hatte damals undercover für den irdischen Geheimdienst auf Kerian gearbeitet und Gallagher in der sprichwörtlichen letzten Sekunde aus den Todeszellen von Kerian retten können. Der Skandal, der von Gallagher nach seiner Flucht aufgedeckt worden war, hatte dem Ansehen des kerianischen Königshauses in der Bevölkerung dauerhaft geschadet – eine Wirkung, die der damalige Geheimagent Sanderson durchaus so beabsichtigt hatte. Bei der Rettungsaktion war leider auch Sandersons perfekt aufgebaute Tarnexistenz als der Sekretär des Hohen Lordrichters von Kerian aufgeflogen. Er hatte Kerian unauffällig verlassen müssen und war zur Erde zurückgekehrt, wo man ihn gleich ins OEW-Büro versetzt hatte.
    Und nun hatte Gallagher nach seinem Engagement im Oea-Feldzug der Symirusen bei der Republik Terra als Scout angeheuert. Die Berichte, die Gallagher über die drei von ihm erkundeten Planeten erstellt hatte, waren eigentlich recht vernünftig gewesen. In den beiden Fällen, in denen er die untersuchten Objekte für wertlos gehalten hatte, hatte er eine Anzahl einleuchtender Erklärungen dafür finden können. Der dritte Planet, Jengyen, auf dem der Prospektor einen reichen Erdölvorrat entdeckt hatte, hatte inzwischen schon Besuch von einer Robot-Bohreinheit bekommen. Eine Raffinerie war bereits im Bau.
    Und nun dieser Bericht …
    Jahrhundertelang hatte man gedacht, die giftigen Wolkenschichten von Torkor wären undurchdringlich. Gallagher war der erste Mensch, der sie durchstoßen und darunter eine atembare Atmosphäre vorgefunden hatte. Und wegen eines wilden Tieres hatte er von einer weiteren Erkundung von Torkor abgeraten, den Planeten als ungeeignet eingestuft und die weitere Erkundung des Planeten abgebrochen.
    Sanderson schüttelte den Kopf. Verstand dieser Mensch eigentlich nicht, was es hieß, in dieser Situation einen Planeten mit einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre zu finden? War das nicht eine elementare Voraussetzung für eine erfolgreiche Kolonisierung? Mit den paar Flugsauriern und den giftigen Wolken in den oberen Atmosphäreschichten würden die Pioniertruppen der Explorationsflotte schon fertig werden. Und wenn die Kolonisten erst einmal auf Torkor landeten, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Saurier ausgerottet waren.
    Sanderson stand seufzend auf.
    Er öffnete die Tür seines kleinen Büros und sah seine Sekretärin fragend an.
    »Miss Voight, hat sich Gallagher inzwischen wieder zum Dienst gemeldet?«
    Die junge Frau strich sich nervös durch die gefärbten schwarzen Haare und griff hastig nach ihrem Notizbuch.
    »Das Letzte, was ich von ihm gehört habe, war, dass er noch zwei Tage im Lazarett bleiben muss«, sagte sie. »Das war gestern.«
    »Danke, Miss Voight.« Sanderson sah aus dem Fenster.
    Es war ein Sommertag auf Kademes Major, einem kleinen Zwillingsplaneten an der äußersten Grenze der Republik. Immerhin war die Temperatur seit den Morgenstunden auf zweihundert Grad Kelvin gestiegen. Das war hier selten genug. Der schneidende Wind der letzten Wochen war endlich abgeklungen. Kademes Minor, der kleinere der beiden Himmelskörper, stand wie ein riesiger Mond am pechschwarzen Firmament. Irgendwo dahinter leuchtete traurig Kademes Magna, die verlöschende Sonne des kleinen Systems.
    In fast allen Fenstern der klobigen Stahlbetonbungalows der Kolonie brannte Licht. Eins der wenigen zweigeschossigen Gebäude der Siedlung war das Krankenhaus. Es lag auf der anderen Seite des großen Marktplatzes, schräg gegenüber vom Verwaltungsgebäude, in dem OEW Sanderson sein Büro hatte.
    Marktplatz!
    Sanderson lächelte spöttisch, als er sich den Euphemismus auf der Zunge zergehen ließ. Die Architekten, die diese Stadt konzipiert hatten, waren nicht von der fixen Idee abzubringen gewesen, eine Stadt müsse unbedingt einen Marktplatz haben.
    Viel zu spät hatten die Planer eingesehen, dass auf einem Planeten, dessen Permafrostboden das ganze Jahr über bis in sechzehn Meter Tiefe gefroren war und über dessen Oberfläche pausenlos eisige Winde jagten, niemand davon zu begeistern war, sich mit einem Stand auf den Markt zu stellen. Zum einen war es viel