Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
strikte Sparmaßnahmen in der Öffentlichkeit auf Verständnis stoßen würden, solange der Lebensstandard nicht auf allen Welten mindestens wieder Vorkriegsniveau erreicht hat.«
»Ich glaube, ich sprach im Konjunktiv«, sagte Rajennko schnell, »ich habe nicht gesagt, wir müssen unbedingt sparen.«
»Wenn wir Ihrer Ansicht nach nicht sparen müssen und gemäß unserer Premierministerin nicht sparen können, wie wollen wir dann das Haushaltsloch eingrenzen?«, meldete sich Lisa Goldman zu Wort, die sich in den vergangenen Wochen von der Geschäftsführerin des Biromat-Konzerns zu einer kompetenten Wirtschaftsministerin gemausert hatte. Die knorrige kleine Frau verzog spöttisch das Gesicht. »Mister Rajennko wird vermutlich gleich einen Hut herumgehen lassen.«
Rajennko ignorierte das unterdrückte Schmunzeln, mit welchem die Minister Goldmans Bemerkung quittierten. »Ich dachte eher an eine Teilprivatisierung von staatlichem Besitz, Madame Goldman. Das dürfte mehr Aussicht auf Erfolg haben als Ihr Vorschlag, auf den ich allerdings zu gegebener Zeit zurückkommen werde.«
Goldman lächelte süßlich. »Touché!«
»Können Sie Ihr Konzept näher erläutern?«, hakte Tonya nach, um beim Thema zu bleiben.
»Gerne.« Rajennko betätigte einen Schalter an seinem Clipboard und die darauf aufgeführten Daten wurden für alle sichtbar in die Luft über dem Konferenztisch projiziert. »Wie Sie sehen können, haben wir die meisten Probleme in den Sekundär-Ressorts. Diese machen über ein Drittel unseres Defizits aus.«
»Sechsunddreißig Komma acht Prozent«, sagte Mors tonlos, »also dreiundsiebzig Milliarden, sechshundert Millionen Astras.«
Tonya kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. Die Sekundär-Ressorts waren immer schon ihre Sorgenkinder gewesen; da sie ihre Interimsregierung nur eine begrenzte Zeit führen wollte, um so bald wie möglich Platz für eine ordnungsgemäß gewählte Regierung zu machen, hatte sie nur die überlebenswichtigen Ministerien besetzt. Einige Sektoren, denen in einem normalen Kabinett ein Minister vorgestanden hätte, waren in ihrer Regierung außen vor geblieben, um die Entscheidungsfindung zu verkürzen. Die Leitung von Ressorts wie Umwelt, Wissenschaft, Verkehr oder Bildung war für den Übergang untergeordneten Ebenen der kerianischen Bürokratie übertragen worden. Ohne die strenge Aufsicht eines Ministeriums jedoch hatten jedoch Misswirtschaft und Inkompetenz tiefe Löcher in den Staatshaushalt gerissen – Löcher, die Rajennko nun zu stopfen versuchte. Sie beneidete ihn nicht um seinen Posten.
»Die Sekundär-Ressorts mit den meisten Schulden sind interessanterweise auch diejenigen mit dem meisten gebunden Kapital. Immobilien, Grundstücke, Fahrzeuge, Beteiligungen an Unternehmen, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser … Wenn es uns gelingt, diese verkrusteten Strukturen aufzubrechen, könnten wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen«, fuhr Rajennko fort.
Goldman kniff die Augen zusammen. »Mit attraktiven Angeboten locken wir Investoren an, die damit die Wirtschaft ankurbeln; die Gehälter der Arbeitnehmer in den betroffenen Betrieben werden nicht mehr vom Staat bezahlt; der Verkauf von Hardware bringt zusätzliche Einnahmen; die Selektion der zu verkaufenden Hardware hätte Signalwirkung für alle Ressorts, sorgfältiger zu wirtschaften … So könnte es funktionieren, Rajennko. Haben Sie das mal durchgerechnet?«
Rajennko breitete die Arme aus. »Ich bin noch nicht so weit, dass ich für jeden Punkt auf der Liste ein Mindestgebot errechnet hätte, aber eine Überschlagsrechnung zeigt an, dass wir auf dem richtigen Wege sind.«
Rath Mors sah von Goldman zu Rajennko und zurück. Goldman nickte unmerklich; zum ersten Mal deutete die zähe alte Dame heute Respekt für eine von Rajennkos Entscheidungen an. »Madam Goldman, Mister Rajennko – ich denke, Sie beide sollten den Gedanken mal gemeinsam zu Ende denken. Je schneller, desto besser.«
*
Tonya tippte mit der Zehenspitze gegen das Sensorfeld, das den Zufluss von heißem Wasser regulierte, und lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzen in dem entspannenden Schaumbad zurück. Der heiße Wasserdampf, der aus ihrer Badewanne aufstieg, hüllte das Badezimmer ihrer Suite in einen dichten Nebel und das würzige Aroma von teuren Soras-Rosenblättern lag in der Luft.
Es hat auch seine guten Seiten, im ehemaligen Königspalast zu wohnen,
dachte Tonya und räkelte sich in dem heißen Wasser, das sie umspülte. Mit
Weitere Kostenlose Bücher